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AFRIKA/866: Steuern für die Staatskassen - Privilegien für Multinationale schaden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. September 2010

AFRIKA:
Steuern für die Staatskassen - Privilegien für Multinationale schaden

Von Stanley Kwenda


Johannesburg, 28. September (IPS) - Zahlreiche afrikanische Staaten kämpfen mit Schuldenproblemen und haben Mühe, ihre Haushalte zu finanzieren. Dem liegt die Vernachlässigung einer konsequenten Steuerpolitik zugrunde. Hinzu kommt, dass multinationale Konzerne häufig steuerlich begünstigt werden, während sie gleichzeitig Steuern hinterziehen. Experten appellieren an die Regierungen, dringend notwendige Kurskorrekturen vorzunehmen.

Die Besteuerung sei von entscheidender Bedeutung für die Verteilung staatlicher Leistungen an die Bürger und bilde ein Bindeglied zwischen dem Staat und der Bürgerschaft, betont Percy Makombe vom Netzwerk für wirtschaftliche Gerechtigkeit (EJN) mit Sitz in Kapstadt. EJN ist ein Projekt der Gemeinschaft christlicher Räte des südlichen Afrikas (FOCCISA).

"In den afrikanischen Ländern findet keine Mobilisierung nationaler Ressourcen für die Entwicklung des jeweiligen Landes statt. Dies führt in der breiten Bevölkerung zu großem Unmut", warnt Makombe.


Steuern für Entwicklung

Die Steuerfrage steht in Afrika generell nicht weit oben auf der politischen Agenda. Alvin Mosioma, Koordinator des Netzwerks für Steuergerechtigkeit für Afrika in Kenias Hauptstadt Nairobi, stellt das Problem in einen größeren Zusammenhang: "Aus der Geschichte wissen wir, dass kein Land der Armut durch Hilfsleistungen entkommt. Dagegen kann eine effektive Mobilisierung lokaler Ressourcen die Entwicklung afrikanischer Staaten vorantreiben."

Das politisch unabhängige Netzwerk für Steuergerechtigkeit wurde in Großbritannien ins Leben gerufen und forscht über Steuerfragen. Die Bedeutung von Steuereinnahmen wird hierbei immer wieder in die öffentliche Debatte eingebracht. Am 14. und 15. September trat das Netzwerk als Mitveranstalter einer Tagung in Johannesburg auf, auf der Möglichkeiten diskutiert wurden, wie sich Steuereinnahmen entwicklungsfördernd einsetzen lassen, um gleichzeitig Afrikas Abhängigkeit von Hilfsleistungen zu verringern.

Die afrikanischen Regierungen müssen in ihrer Mehrheit einen großen Anteil ihrer Haushalte für den Schuldenabbau aufwenden. Zugleich ziehen große ausländische Unternehmen Geld aus den Ländern ab - entweder illegal durch Steuerhinterziehung oder auf legalem Weg, indem sie Steuervergünstigungen nutzen.

Multinationale Konzerne profitieren zusätzlich vom Mangel an funktionierenden Systemen der Steuereintreibung in Afrika. Laut 'Christian Aid' nahm die Demokratische Republik Kongo 2006 ganze 86.000 US-Dollar aus der Vergabe von Bergbaurechten ein. Ein Bericht der Hilfsorganisation mit dem Titel 'Tod und Steuern: Die wahren Verluste aus Steuerhinterziehung' aus dem Jahre 2008 beziffert die entgangenen Einnahmen für die am wenigsten entwickelten Länder mit jährlich 160 Milliarden Dollar.


Entgegenkommen lohnt sich nicht

Der malawische Parlamentsabgeordnete Benjamin Chikusa kritisiert: "Die multinationalen Konzerne investieren in Afrika auf der Grundlage zahlloser Anreize, die in unsere Steuersysteme eingebaut sind." Malawi gewährt Unternehmen großzügige Investitionszulagen, die im Einzelfall 100 Prozent betragen. Viele afrikanische Länder setzen ebenfalls auf Anreize, in der Annahme, unter dem Strich Einnahmen zu kreieren und Arbeitsplätze zu schaffen.

Doch die Großzügigkeit zahlt sich offenbar nicht aus. Chikusa weist darauf hin, dass viele der neuen Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich angesiedelt sind. Daher fielen keine nennenswerten Einkommenssteuereinnahmen an. Die Steuervergünstigungen kämen somit im Endeffekt nur den Unternehmen zugute.

Experten empfehlen den afrikanischen Staaten, wirksame Steuersysteme zu etablieren, um Steuerhinterzieher auch jenseits der Landesgrenzen stellen zu können. Außerdem müssten die Parlamente in Steuerfragen eine stärkere Kontrollfunktion erhalten. (Ende/IPS/bs/2010)


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. September 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. September 2010