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AFRIKA/939: Südafrika - Aus BRIC mach BRICS, Dissens um Erweiterung des Vierländerclubs (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Januar 2011

Südafrika: Aus BRIC mach BRICS - Dissens um Erweiterung des Vierländerclubs

Von Kim Cloete


Kapstadt, 7. Januar (IPS) - Die Ende 2010 beschlossene Aufnahme Südafrikas in die Gruppe der BRIC-Staaten - Brasilien, Russland, Indien und China - hat dem Club der schnell wachsenden Länder den neuen Namen BRICS beschert. Unter Südafrika-Experten löste die Erweiterung eine heftige Diskussion aus: Befürworter sehen in der neuen Mitgliedschaft große Chancen für den Kapstaat und ganz Afrika, Gegner warnen Pretoria vor der Rolle des ewigen Juniorpartners.

Zu den Kritikern gehört Jim O'Neill, der Chefvolkswirt der US-Großbank 'Goldman Sachs', dem die Welt die Abkürzung BRIC zu verdanken hat. Nach seiner Definition ist eine Mitgliedschaft in der BRIC-Gruppe gebunden an ein rasantes Wirtschaftswachstum, eine schnell wachsende Mittelschicht und an ein großes Marktpotenzial. O'Neill hält Staaten wie Mexiko, Nigeria, Südkorea oder auch die Türkei für wesentlich geeignetere BRIC-Kanditaten als Südafrika.

In der Tat kann der Kapstaat mit seinem Bruttoinlandsprodukt von 285 Milliarden US-Dollar in der Gruppe nicht mithalten, ebenso wenig in Sachen Einwohnerzahl oder gar Wirtschaftswachstum. Die südafrikanische Wirtschaft wächst mit etwa drei Prozent, die chinesische aber mit zehn, die indische mit acht, die brasilianische mit sieben und die russische immerhin mit guten vier Prozent.


Lobbyarbeit zahlt sich aus

Für Südafrikas Staatspräsidenten Jacob Zuma aber ist die offiziell von China - dem größten südafrikanischen Handelspartner - ausgesprochene BRIC-Einladung ein großer Sieg. Intensive Lobbyarbeit hat sich mit der Aufnahme bezahlt gemacht.

Positiv bewertet auch Martyn Davies, der Chef des südafrikanischen Beraterunternehmens 'Frontier Advisory Services', die südafrikanische BRIC-Zugehörigkeit. "Genau das brauchen wir, um in vorderster Reihe unter den Schwellenländern mitzuspielen", sagt er. Außerdem rechnet er mit wünschenswerten Folgen für die Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC).

Darüber hinaus sei das afrikanische Hinterland mit 250 Millionen Menschen das Pfund, mit dem Südafrika wuchern könne. "Länder wie Indonesien, Mexiko, Südkorea oder Vietnam mögen auf der Liste weiter oben stehen, das aber haben sie nicht zu bieten." Nach Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat die Wirtschaft im Afrika südlich der Sahara in den letzten Jahren enorm zugelegt. Ihr Wert wuchs zwischen 2000 und 2009 von 322 Milliarden auf 931 Milliarden Dollar.


IBSA statt BRICS

Andere südafrikanische Beobachter aber sind und bleiben skeptisch, so etwa Mzubisi Qobo vom Südafrikanischen Institut für Internationale Angelegenheiten. "Um Aufnahme betteln zu müssen, ist demütigend", meint er. Südafrika werde sich jetzt damit abfinden müssen, die zweite Geige zu spielen.

Nach seiner Auffassung hätte sich Südafrika in der letzten Zeit besser um eine Aufwertung seiner Position in der IBSA-Gruppe - bestehend aus Indien, Brasilien und Südafrika - bemüht. Anders als die BRIC/BRICS-Staaten teilten die IBSA-Länder bestimmte Werte, hätten eine klare Agenda und arbeiteten in multilateralen Handelsgesprächen sehr gut zusammen. Das BRICS-Setup aber sei von Spannungen zwischen den Mitgliedern geprägt.

Der südafrikanische Beitritt könne sich sehr gut als Schuss in den Ofen entpuppen. "Südafrika strebt nach Bedeutung und wünscht sich Bestätigung, aber es geht den falschen Weg", lautet das Fazit des Experten. (Ende/IPS/hn/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2011