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AFRIKA/968: Côte d'Ivoire - Politische Lage in Abidjan eskaliert, 60 Familien in Kirche eingeschlossen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. März 2011

Côte d'Ivoire: Politische Lage in Abidjan eskaliert - 60 Familien in Kirche eingeschlossen


Abidjan, 3. März (IPS) - Der Ausbruch neuer Kämpfe in der Wirtschaftsmetropole Abidjan und in anderen Teilen Côte d'Ivoires hat nach Angaben der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen (UNCHR) einen Exodus von 30.000 Menschen ausgelöst. Sie zieht es nach Liberia, wo bereits 40.000 Ivoirer eine Zuflucht fanden.

Nach UNDP-Angaben wurden in Abobo im Norden Abidjans 60 Familien von Bewaffneten daran gehindert, eine Kirche zu verlassen. Zuvor waren junge Anhänger von Staatspräsident Laurent Gbagbo in Horden durch die Stadt gezogen und hatten die Läden ausländischer Besitzer geplündert. Einem Augezeugen zufolge, dem die Flucht aus Abobo gelang, soll der Stadtteil aufgrund der zunehmenden Gewalt bald nicht mehr bewohnbar sein. "Auf meiner Flucht sah sich mindestens sieben Leichen", berichtete Jean Bleou. "Wir flohen vor dem Geruch des Todes."

Drei Monate sind vergangen, seitdem die Vereinten Nationen Gbagbos politischen Gegner Alassane Ouattara zum Sieger der Novemberwahlen erklärten. Doch Gbagbo ist nicht bereit, die Macht abzugeben. Das politische Patt hat bereits hunderten Ouattara-Anhängern das Leben gekostet. Sie wurden von Sicherheitskräften erschossen oder verschleppt. Ouattara-nahe Milizen wiederum sollen gezielt Polizisten erschießen.


Staatsbedienstete fürchten um ihre Gehälter

Am 1. März fanden sich hunderte Regierungsbedienstete vor den Banken Abidjans ein, um sich ihre Gehälter auszahlen zu lassen. Marcelin Gnahe gehörte zu den Glücklichen, der mit dem gesamten Verdienst in Höhe von etwa 500 US-Dollar nach Hause gehen konnte. Doch hat auch er Angst vor der Zukunft. "Ich fühle mich so, als habe mir jemand einen Sack über Kopf gestülpt und zugezogen", meinte er.

Tatsächlich weiß derzeit niemand, wie es weitergehen wird. Weil die regionale Zentralbank mit Sitz in Senegal mehrere ivorische Staatskonten gesperrt hat, wird es für Gbagbo immer schwerer, die Staatsbediensteten zu bezahlen. Dass etliche internationale Banken aufgrund der Unruhen ihre Aktivitäten in Côte d'Ivoires eingestellt haben, sorgt bei den Kunden ebenfalls für Panik.

Mehrere Delegationen afrikanischer Führer sind bereits nach Abidjan gereist, um Gbagbo zum Aufgeben zu bewegen. Doch bisher hat der Staatschef alle Angebote wie etwa eine Amnestie und ein komfortables Leben im Exil ausgeschlagen. Seine Widersacher versuchen nun, ihn finanziell zur Strecke zu bringen. Die EU hat europäischen Schiffen untersagt, in ivorischen Häfen anzulegen.

Um Engpässe bei der Benzinversorgung herauszuzögern, hat die Regierung das Einfüllen von Benzin in Kanister verboten. Seither machen Autofahrer ihre Tanks voll, um die Ladung dann später zu Hause in Kanister umzufüllen, und dann zu den Tankstellen zurückzukehren. Einige Tankstellen mussten aufgrund von Benzinmangel bereits dichtmachen. (Ende/IPS/kb/2011)


* Dieser Beitrag stammt von dem arabischen Nachrichtennetzwerk Al Jazeera, einem Kooperationspartner von IPS International.

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. März 2011