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ASIEN/703: Burma - Mafiosi als Abgeordnete, Drogenexporte gefährden Wirtschaftsbeziehungen zu China (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. Januar 2011

Burma: Mafiosi als Abgeordnete - Drogenexporte gefährden Wirtschaftsbeziehungen zu China

Von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 3. Januar (IPS) - Einen Monat, bevor Burmas neue Abgeordneten ihre Arbeit aufnehmen, könnten sechs Mitglieder des Nationalparlaments und der Regionalparlamente die zunehmenden wirtschaftlichen Beziehungen zu China trüben. Vor ihrer politischen Laufbahn hatten sich die Politiker als Drogenbarone einen Namen gemacht. Opium und Amphetamine aus Burma bereiten der Regierung in Peking jedoch zunehmend Kopfzerbrechen.

Die neuen Abgeordneten werden in der ersten Februarwoche ihre Arbeit aufnehmen, 90 Tage nach den National- und Regional-Parlamentswahlen vom 7. November. Die sechs Mafiosi waren für die Regierungspartei 'Union Solidarity and Development Party' ins Rennen gegangen. Das Flaggschiff der Militärregierung erlangte bei dem ersten, wenngleich umstrittenen Urnengang in 20 Jahren eine bequeme Mehrheit. Die Eröffnung der neuen Parlamentsperiode im kommenden Monat ist der sechste von insgesamt sieben Schritten, die dem südostasiatischen Land eine 'disziplinierte' Demokratie bringen sollen.

Vor seiner Laufbahn als Abgeordneter habe sich der 51-jährige Kyaw Myint im Namkham-Township im Norden des Shan-Staates einen Namen als Drogenbaron gemacht, berichtete der Nachrichtendienst Shan Herald Agency for News' (SHAN), der von Journalisten der Shan-Ethnie betrieben wird. "Viele Fährübergänge am Mao-Ruli-Fluss, der als Grenze zwischen China und Burma dient, werden von Kyaw Htwe aka alias Li Yonping kontrolliert, einem jüngeren Bruder von Kyaw Myint", so die SHAN.


Chinesische Investitionen in Milliardenhöhe

Doch die neue politische Identität von Kyaw Myint könnte die enger werdenden Wirtschaftsbeziehungen zu China auf eine empfindliche Probe stellen. Nach Angaben der burmesischen Generäle hat die Volksrepublik im letzten Jahr mehr als acht Milliarden US-Dollar an ausländischen Direktinvestitionen in das ressourcenreiche Nachbarland gepumpt. Vor fünf Jahren beliefen sich die Investitionen der chinesischen Staatsbetriebe in den Öl-, Gas-, Wasserkraft- und Bergbausektor auf lediglich 194 Millionen Dollar.

"Myanmar und China haben sich in den vergangenen vier Jahren angenähert, und Peking steht kurz davor, Thailand als Myanmars Hauptinvestor zu ersetzen", meinte ein südostasiatischer Diplomat, der sich Anonymität ausbat. "Allerdings ist Peking beunruhigt über die Zunahme der Drogenexporte aus Burma in seiner südwestlichen Yunnan-Provinz."

Die Vereinten Nationen bestätigten die Sorge der chinesischen Regierung über die Schwemme von Amphetaminen und die Einfuhr von Heroin. Die Zahl der im letzten Jahr beschlagnahmten Drogen unterfüttert die Sorge. Nach Angaben Chinas wurden im letzten Jahr mehr als 40 Millionen Amphetaminpillen konfisziert.

Im Vergleich zu 2008, als den Fahndern 6,25 Millionen Tabletten ins Netz gingen, sei dies ein Anstieg um 600 Prozent, heißt es in einem UNODC-Bericht aus dem letzten Monat über den Amphetaminhandel in Burma. Der Nordosten Burmas ist Teil des Goldenen Dreiecks, einem weltweit berüchtigten Drogenproduktionszentrum.

Wie aus dem 45-seitigen UNODC-Bericht 'Myanmar - Situation Assessment on Amphetamine-Type Stimulants' hervorgeht, beklagt China einen rasanten Anstieg des Handels mit Drogen aus dem Goldenen Dreieck. "Berichte verweisen auf transnationale Drogenkartelle, die versuchten, ihre Suchtmittellagerbestände loszuwerden, indem sie die Ware nach China schmuggelten, meint die Studie.


Drogenschwemme in Chinas Yunnan-Provinz

2009 wurden 3,2 Tonnen Heroin und eine etwa gleich große Menge Amphetamine in der Yunnan-Provinz beschlagnahmt. Das entsprach in etwa der Hälfte der Rauschmittel, die im vergangenen Jahr in ganz China beschlagnahmt wurden, unterstreicht der Bericht. Drei von Myanmars selbst verwalteten Gebieten liegen an der Grenze zur Yunann-Provinz.

Burma entwickelt sich mit Fabriken im nordöstlichen Shan-Staat derzeit zu einem Produktionszentrum für Amphetamine. Schon jetzt ist das Land bekannt, für den Nachschub an Opium und Heroin zu sorgen.

Beobachtern zufolge ist der neue Trend das Ergebnis eines 1999 gestarteten 15-jährigen Drogenvernichtungsprogramms (The Drug Elemination Plan - DEP). Das Vorhaben zielt auf die Zerstörung der Schlafmohnfelder in den nördlichen und östlichen Gebieten ab, wo Mitte der 1990er Jahre 163.000 Hektar Opium angebaut wurden. Vor dem DEP-Start war Burma mit einer jährlichen Produktionsmenge von 700 Tonnen im Zeitraum 1981 bis 1987 der größte Hersteller von Opium. Die Anbaufläche ging 2006 auf einen Tiefstpunkt von 21.600 Hektar zurück.

Immun gegen DEP ist offenbar der Handel mit Amphetaminen, die über die Routen der einstigen Heroinkarawanen von Burma nach China gelangen. "Die Grenze ist undicht und es gibt keine Grenzsteine, die Aufschluss darüber geben, wo burmesisches Territorium endet und chinesisches anfängt", erklärte ein Beamter von Thailands Zentralbehörde für Drogenkontrolle.

"Es ist einfach, Drogen von Burmas Shan-Staat in entfernte Gebiete der chinesischen Yunnan-Provinz zu schleusen. Dort fehlen Kontrollposten", meinte die Quelle. "Die Karawanen bewegen sich nachts, und die Drogenhändler nehmen ihre Ware Huckepack. China mit seinem Riesenmarkt an potenziellen Drogenkonsumenten sieht sich mit einem ernsthaften Problem konfrontiert." (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.unodc.org/documents/eastasiaandpacific//2010/12/ops-myanmar-ats/MYAN_ATS_Report_10_12_December_2010_FOR_PRINT.pdf
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=54007

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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Januar 2011