Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

ASIEN/710: Japan - Ruf nach atomwaffenfreier Zone, Gespräche mit Nordkorea gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. Januar 2011

Japan: Ruf nach atomwaffenfreier Zone - Gespräche mit Nordkorea gefordert

Von Suvendrini Kakuchi


Tokio, 18. Januar (IPS) - Die Nordkorea-Krise lässt sich nach Ansicht Japans, Südkoreas und der USA durch eine gemeinsame Militärallianz lösen. Doch Friedenaktivisten winken ab. Sie empfehlen Gespräche und die Inklusion des stalinistischen Regimes und der Volksrepublik China als die einzig richtigen vertrauensbildenden Maßnahmen, die Ostasien Stabilität und Frieden bringen.

Die gemeinsamen Militärmanöver letzten Monat im Gelben Meer, die USA und Südkorea in Reaktion auf den nordkoreanischen Angriff auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong durchführten, ließen bei vielen Beobachtern die Alarmglocken schrillen. Auch Japans Wunsch, sich mit Südkorea auf ein bilaterales Sicherheitsarrangement einzulassen, das die Zusammenarbeit beider Streitkräfte beinhaltet, stößt auf Widerstand.

Japans neue Militärstrategie werde die Spannungen in der Region weiter verschärfen, warnen kritische Stimmen. Historische Wunden würden sich auch weiterhin als Hindernisse für eine ostasiatische Stabilität erweisen, geben sie zu bedenken. 1950 war die koreanische Halbinsel Schauplatz eines erbitterten Krieges zwischen Südkorea und den USA gegen das von China unterstützte Nordkorea.


Alternde Gesellschaft als soziale Herausforderung

Hiromichi Umebayashi, Leiter des Friedensforschungsinstituts 'Peace Depot', ist allein schon aus finanziellen Gründen gegen jedes japanische Säbelrasseln. "Die Aussicht auf einen höheren Verteidigungsetat würde mit Einschnitten im sozialen Etat einhergehen, warnte er. In diesem Zusammenhang erinnerte er an die Staatsverschuldung und die horrenden Kosten, die Nippon angesichts seiner alternden Gesellschaft zu tragen hat. Das Altern der japanischen Gesellschaft hat Japan bereits gezwungen, seine Sozialausgaben um zwölf Milliarden US-Dollar aufzustocken.

Analysten erinnern Tokio in diesem Zusammenhang an die schlechten Beziehungen zu Okinawa, Japans südlichster Insel, auf der sich zwei Drittel aller US-Militärbasen im Lande befinden und das als Eckpfeiler der Sicherheit in Ostasiens betrachtet wird. Die Menschen in Okinawa selbst sind gegen die Basen. Ihre heftigen Proteste lösten zwischen Japan und den USA bereits eine diplomatische Krise aus.

Peace Depot und andere Friedensgruppe appellieren an Tokio, China stärker zu beachten, dem ein großer Einfluss auf Nordkorea nachgesagt wird. Die Regierung in Peking plädiert für den Dialog mit Nordkorea. Sie hatte die westlichen Alliierten im letzten Monat mit ihrer Weigerung irritiert, die Angriffe auf die südkoreanische Insel Yeonpyeong vom 23. November zu verurteilen.

Masao Okonogi, ein nordkoreanischer Experte an der japanischen Keio-Universität, hat dem Westen wiederholt nahegelegt, eine nachhaltige Vision zu entwickeln, die etwa die Energiekrise berücksichtigt, mit der sich die Nordkoreas politische Führer in dem verarmten und isolierten Land konfrontiert sehen. Auch aus den verzweifelten Bemühungen des totalitären Regimes, sich an der Macht zu halten, ließe sich eine Art Friedensprofit ziehen.


Kluge Diplomatie gefordert

"Kluge Diplomatie meint die Fähigkeit, die Schwierigkeiten mit Pyöngyang zu umschiffen und vertrauensbildende Maßnahmen zu ergreifen", sagte Okonogi. "Leider beobachten wir gerade das Gegenteil. Sich auf die militärische Lösung zu versteifen, um den Norden (Nordkorea) zu verändern, habe diejenigen eingeschüchtert, die alternative und weniger martialistische Lösungen anstreben."

Er erinnert an die Entscheidung Nordkoreas Ende Dezember, den Kontrolleuren der Atomenergiebehörde den Zugang zu den Nukleareinrichtungen zu erlauben, die Südkorea nun für sich in Anspruch nimmt. Umebayashi zufolge gewinnt die Idee einer japanisch-koreanischen atomwaffenfreien Zone bei Parlamentariern beider Länder immer mehr Zustimmung. Das Abkommen, das zudem die Länder im Nordosten Asiens abdeckt, sieht zudem die atomare Weiterverarbeitung und Urananreicherung vor.

Das Dokument unterstreicht die Schwierigkeit, die eine solche Zone in einer Region darstellt, in der China im Besitz von Atomwaffen ist, während Südkorea und Japan Kapazitäten besitzen, was Technologie und spaltbare Material wie waffenfähiges Plutonium angeht.

Nach Ansicht von Masaki Kabe, Rechtswissenschaftler an der Ryukoku-Universität in Okinawa, versprechen Japans Pläne, seine militärischen Aktivitäten in Ostasien auszubauen, nichts Gutes. "Okinawa wird mit der Hauptinsel nur dann zusammenarbeiten, wenn Tokio zu Schritten bereit ist, die die US-amerikanischen Militäraktivitäten auf der Insel einschränken. Doch das ist nicht die Botschaft, die sie erhält!"

Selbst auf die Gefahr hin, dass sie die wirtschaftliche Unterstützung Tokios verlieren, haben die Menschen von Okinawa ihre ablehnende Haltung gegenüber den US-Stützpunkten verstärkt. Japan gibt fast die Hälfte seiner jährlichen Verteidigungskosten in Höhe von 50 Milliarden Dollar zur Förderung der US-Marineaktivitäten und der wirtschaftlichen Entwicklungen in den Landstrichen aus, in denen die Militär- und Marinestützpunkte liegen. Der neue Gouverneur von Okinawa, Hirokazu Nakaima, macht sich gegen den Willen Tokios für eine Verlegung einer wichtigen Basis, den Luftstützpunkt Futenma, stark. (Ende/IPS/kb/2011)


Link:
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=54156

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 18. Januar 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2011