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ASIEN/943: Schwerer Rückschlag für Friedensprozess in Sri Lanka (ECCHR)


European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
Pressemitteilung vom 20. Mai 2015

Schwerer Rückschlag für Friedensprozess in Sri Lanka:

Mutmaßlicher Kriegsverbrecher wird Generalstabschef


Berlin, 20. Mai 2015 - Die neue sri-lankische Regierung hat Generalmajor Jagath Dias zum Generalstabschef (Army Chief of Staff) berufen. Jagath Dias war von Ende 2009 bis 2011 stellvertretender Botschafter Sri Lankas in Deutschland, der Schweiz und dem Vatikan. Er wurde aufgrund von dem Vorwurf, er sei für Kriegsverbrechen in der Endphase des Bürgerkriegs in Sri Lanka verantwortlich, abberufen. "Die Beförderung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers zum Generalstabschef ist ein schwerer Rückschlag für den Aufarbeitungs- und Versöhnungsprozess in Sri Lanka, den Präsident Maithripala Sirisena nach seiner Amtsübernahme im Januar angekündigt hat", sagte Andreas Schüller, Leiter des Bereichs Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung beim European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). "Sri Lanka sollte die Ernennung von Dias nicht nur zurücknehmen, sondern endlich Ermittlungen zu den Verbrechen aufnehmen, die ihm vorgeworfen werden."

Das ECCHR hat die Anschuldigungen gegen Dias 2011 in einem umfangreichen Dossier dokumentiert. Konkret wird dem General vorgeworfen, als Kommandeur der 57. Division unter anderem für Angriffe auf Zivilisten in Schutzzonen sowie den Beschuss von Krankenhäusern, religiösen Stätten und humanitären Einrichtungen verantwortlich zu sein. Schätzungen der UN zufolge wurden allein in den letzten Monaten des im Mai 2009 zu Ende gegangenen Bürgerkriegs 40.000 Zivilistinnen und Zivilisten getötet, die meisten von ihnen waren Angehörige der tamilischen Minderheit.

Für die zivilen Todesopfer und mutmaßlichen Völkerstraftaten wurde bislang niemand zur Rechenschaft gezogen. Präsident Sirisena hatte nach seiner Amtsübernahme zu Jahresbeginn angekündigt, sich für die Aufklärung der schweren Kriegsverbrechen einzusetzen: Mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft wolle er dafür ein unabhängiges außergerichtliches nationales Gremium schaffen. Im April dieses Jahres wich er von dieser Ankündigung jedoch bereits zurück. Er stellte klar, dass das Gremium nicht der Strafverfolgung, sondern allein der Wahrheitsfindung dienen werde und für diese keine internationale Hilfe nötig sei.

Weitere Informationen
http://www.ecchr.de/sri-lanka.html

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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. Mai 2015
European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR)
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Internet: www.ecchr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2015

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