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ASIEN/971: USA verschärfen Konflikt mit China (Gerhard Feldbauer)


USA verschärfen Konflikt mit China

Auch EU will mit Kriegsschiffen eingreifen

Von Gerhard Feldbauer, 10. Juni 2016


Die USA verschärfen den Konflikt mit der Volksrepublik China. Nachdem der G7-Gipfel in Japan unverhohlene Drohungen gegen Peking gerichtet hatte, verschärfte der sogenannte "Shangri-La Dialogue", die am vergangenen Wochenende in Singapur durchgeführte Konferenz zur Außen- und Militärpolitik in Asien, mit Forderungen an die Volksrepublik, die darauf hinauslaufen, sich dem Vorherrschaftsstreben der USA unterzuordnen, den Ton weiter. Das online-Portal German Foreign Policy berichtete am 8. Juni. Die EU werde Kriegsschiffe zu gemeinsamen Patrouillen zur vorgeblichen Sicherung der "Navigationsfreiheit" ins Südchinesische Meer entsenden. Ihre deutsche Führungsmacht hat bisher bereits die Anrainer kräftig aufgerüstet: Nach Indonesien gingen 2013 Waffenlieferungen im Wert von 300 Millionen Euro. Singapur lag 2014 noch darüber. Das Sultanat Brunei, ebenfalls am Konflikt im Südchinesischen Meer beteiligt, erhielt Kriegsgerät für mehr als 100 Millionen Euro. Außerdem leisten Militärberater der Bundeswehr den Streitkräften Singapurs Ausbildungshilfe. Um die "Navigationsfreiheit" durchzusetzen, wird auch Frankreich seine Marinepräsenz im Südchinesischen Meer ausbauen, kündigte der französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian auf der "Shangri-La Dialogue"-Konferenz an.

In der auf die Erringung der Vorherrschaft in allen Teilen der Welt ausgerichteten USA-Politik bildet die asiatisch-pazifische Region mit ihren immensen Vorkommen an Gas und Öl, reichen Fischfanggründen und ihrer großen geostrategischen Bedeutung einen strategischen Schwerpunkt. Nach der Niederlage des Sozialismus in Osteuropa kommt der Volksrepublik China an Stelle der einstigen UdSSR objektiv die führende Rolle im Kampf gegen den Imperialismus zu. Deshalb ist sie der erklärte Hauptfeind der USA, die ihr gegenüber eine Politik der Einkreisung mit dem Ziel betreiben, ihr sozialistisches Modell zu liquidieren.

Vordergründig geht es um die Paracel- und Spratly-Inselgruppe im südchinesischen Meer, auf die außer Singapur und Indonesien sämtliche Anrainer Anspruch erheben: Malaysia, Brunei, Vietnam, die Philippinen, China, Taiwan und Japan. Zum Vorwand ihrer verschärften Angriffe gegen die Volksrepublik nehmen ihre Gegner, dass China in jüngster Zeit dort Militärstützpunkte mit Flugplätzen errichtet. Da werden wieder einmal die Tatsachen plump verdreht. "Außer Brunei haben alle Staaten, die Gebietsansprüche erheben, auf Inseln und Korallenriffen diverse Gebäude errichtet und zum Teil militärisch gesichert", stellte eine Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) am 9. Mai 2016 fest. Von einem chinesischen Alleingang bei der militärischen Befestigung einiger Inseln könne also keine Rede sein. Unbestritten ist, dass damit potenziellen US-Aggressionen ein Riegel vorgeschoben wird und, wie SWP am 2. September 2015 festhielt, das aus Sicht der Volksrepublik "eine sinnvolle Maßnahme zum Schutz des Status quo durch Abschreckung" ist.

Die globale Dimension des Konflikts verdeutlichte das gemeinsame Flottenmanöver Russlands und Chinas 2014 im Ostchinesischen Meer, das Stimme Russlands (heute Sputnik) "als eine Antwort auf das Vorgehen der USA gegen Russland in der Ukraine" wertete. Es gehe darum, "das Potenzial der NATO auszugleichen und eine ausbilanzierte Gruppierung der Marinekräfte zu schaffen, die imstande ist, sich gegen die NATO zu behaupten". Anders gesagt, ob - wie der SWP-Asienexperte Felix Heiduk, es formulierte - die "Pax Americana" in Ostasien fortbesteht oder ob sie in nächster Zeit durch eine von China geprägte regionale Ordnung abgelöst wird.

Auf Sand gebaut dürfte auch die Erwartung Washingtons sein, mit dem Obama-Besuch Vietnam im Konflikt mit China auf seine Seite gezogen zu haben. Einen Tag nach dem Besuch begann in Nanning (VR China) das 9. Forum der wirtschaftlichen Kooperation im Bac Bo (Golf von Tonking) mit etwa 400 Vertretern Vietnams, Chinas und der ASEAN. Wie der Courier du Vietnam am 6. Juni berichtete, hob der Vize-Minister für Transport und Verkehr Nguyên Hông Truong die Bedeutung der erweiterten Zusammenarbeit seines Landes mit China und den ASEAN-Staaten in zahlreichen Bereichen hervor.

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Quelle:
© 2016 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2016

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