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LATEINAMERIKA/1378: Honduras - Ärger mit der Polizei, Beamte wehren sich gegen Reform (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. November 2012

Honduras: Ärger mit der Polizei - Beamte wehren sich gegen Reform

von Thelma Mejía



Tegucigalpa, 13. November (IPS) - Polizisten stellen sich gegen die bereits laufende Reform des honduranischen Sicherheitsapparates quer. Insbesondere wehren sie sich gegen sogenannte Eignungsprüfungen. Die Regierung will die Polizei des Staates damit von Korruption befreien und die bestehenden Verbindungen zur organisierten Kriminalität kappen.

Die Beamten sind nicht gegen eine Verbesserung des polizeilichen Images. Doch die sogenannten 'Vertrauenstests' gingen entschieden zu weit. Diese bestehen aus vier Teilen: Die Polizisten werden auf Drogenkonsum untersucht, an einen Lügendetektor angeschlossen, ihr familiäres Umfeld wird überprüft und schließlich ein psychometrisches Bild von ihnen erstellt, um herauszufinden, ob die Sicherheitskräfte ihre Emotionen unter Kontrolle haben.

Die ersten Prüfungen wurden bereits vor sieben Monaten durchgeführt. Die Proteste brachen allerdings erst jetzt aus, nachdem mehrere Teilnehmer durchgefallen waren. Diese sollen nun vom Dienst suspendiert werden. Auch ältere Polizeibeamte wurden frühzeitig aus dem Dienst entlassen.

Die Reformbemühungen haben eine heftige Debatte innerhalb des Polizeiapparates ausgelöst. Der Ärger richtet sich vor allem gegen den neuen Polizeichef Juan Carlos 'El Tigre' Bonilla. Einige seiner Mitarbeiter erkennen ihn nicht als ihren Vorgesetzten an, da er wesentlich jünger ist als sie. Andere werfen ihm vor, in seiner Vergangenheit an Menschenrechtsverletzungen beteiligt gewesen zu sein.

Eine Gruppe um zwei im Jahr 2011 vom Amt suspendierte hohe Beamte, José Luís Munoz Licona und José Ramírez del Cid, wollen Bonilla schwächen, um ihn dazu zu bringen, den Hut zu nehmen. Bonilla genießt allerdings den vollen Rückhalt der Regierung.


Auch Vermögenswerte werden überprüft

Die Eignungstests sind nur ein Teil der Reform. "Zurzeit überprüfen wir die Vermögenswerte von 150 Sicherheitskräften", sagt Eduardo Villanueva, Leiter der zuständigen Behörde für die Erforschung und Untersuchung des Polizeiapparates (DIECP). "Da ist es kein Wunder, dass gejammert wird."

Die Behörde ist unabhängig vom Ministerium für Staatssicherheit unter Pompeyo Bonilla Reyes. Um die Säuberung der Polizei effektiv voranzutreiben, hat die Behörde Experten aus Mexiko, Kolumbien, Chile und den USA herangezogen. "Dass man gegen unsere Maßnahmen opponiert, zeigt, dass wir in die richtige Richtung gehen", sagt Villanueva.

Einer der Anführer der Reformgegner ist Aldo Oliva, ehemaliger Direktor des Nationalgefängnisses. In aller Öffentlichkeit forderte er von Präsident Porfirio Lobo den Säuberungsprozess "mit großer Umsicht" zu überdenken. Gemeinsam mit 150 Offizieren reichte er vor Gericht Klage gegen die Vertrauenstests ein. Diese seien nicht mit den Menschenrechten vereinbar.

Nachdem Lobo die Einwände ignorierte, ließ Oliva durchblicken, dass in den kommenden Monaten "Unregelmäßigkeiten von solcher Tragweite" aufgedeckt würden, dass Lobo dieses Mal zuhören müsse. Genauere Angaben machte er zu seiner Drohung allerdings nicht.

Lobo will aber auch weiterhin an den Eignungsprüfungen festhalten. "Wenn sich die Polizisten geschädigt fühlen, dann sollen sie vor Gericht gehen. Aber der Säuberungsprozess ist unumkehrbar."


Präsident legt sich mit organisierten Verbrecherkartellen an

Die honduranische Polizei befindet sich seit rund einem Jahr in einer tiefen Krise, nachdem weitreichende Verbindungen zu Verbrecherbanden bekannt geworden waren. Demnach steckt die Polizei mit der organisierten Kriminalität unter einer Decke und ist mitverantwortlich für Erpressungen, Entführungen und Überfälle. In nur einem Jahr ließ Präsident Lobo daher dreimal die Führungsspitze der Polizei auswechseln.

Einfacher wird es in Zukunft aber nicht, an den Reformen festzuhalten. Nicht nur die Polizisten wehren sich gegen den Prozess. "Es wird unweigerlich auch der organisierten Kriminalität an den Kragen gehen - und das werden die sich nicht so einfach gefallen lassen", sagte Victor Meza, Koordinator der Reformkommission für die Sicherheit der Polizei (CRSP). Ende Oktober stellte Meza ein Paket mit sechs Gesetzesinitiativen vor. Darunter ist auch ein neues Polizeigesetz. Das mache korrupte Polizeibeamte nervös, meinen Beobachter. (Ende/IPS/jt/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2012