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NAHOST/870: Ägypten - "Findet sie!", Enttarnungskampagne gegen Mubarak-Anhänger vor den Wahlen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. Oktober 2011

Ägypten: "Findet sie!" - Enttarnungskampagne gegen Mubarak-Anhänger vor den Wahlen

von Cam McGrath


Kairo, 27. Oktober (IPS) - 'Emsek Feloul!' ('Findet sie!') - unter diesem Motto steht eine Initiative der ägyptischen Demokratiebewegung, die eine Rückkehr der Gefolgsleute des gestürzten Ex-Diktators Hosni Mubarak in die politische Arena verhindern soll. Mit Hilfe sozialer Netzwerke wie Facebook sollen die Angehörigen der alten Garde rechtzeitig vor den Parlamentswahlen am 28. November enttarnt werden.

Mubaraks Spezis hatten in den vergangenen 20 Jahren in sämtlichen parlamentarischen Gremien Ägyptens bis hin zu den Kommunalräten das Sagen und kontrollierten zudem das wirtschaftliche und öffentliche Leben des nordafrikanischen Landes.

"Bislang haben wir 10.000 Anhänger der (aufgelösten) Neuen Demokratischen Partei (NDP) mit Namen und Funktion identifiziert", berichtete Sherif Diab, der Sprecher der Initiative. "Wir wollen versuchen, alle der auf 60.000 geschätzten ehemaligen NDP-Führungspersönlichkeiten, Parlamentsabgeordneten und Mitglieder kommunaler Räte aufzuspüren." Nachzulesen sind ihre Namen auf einem besonderen Internetportal, auf Facebook und auf vervielfältigten Schwarzen Listen, die landesweit verteilt werden.

Der politische Beobachter Amr Hashem Rabie unterstützt die Kampagne. "NDP-Führer, die sich an Wahlfälschungen beteiligten und ihre Stellung missbrauchten, um Mubaraks despotisches Regime an der Macht zu halten, sollen in der Politik nichts mehr zu suchen haben", meinte er.

Seit dem Sturz Mubaraks haben sich seine Gefolgsleute zu neuen Parteien und politischen Gruppen zusammengeschlossen und bestehen auf einem angemessenen Platz auf Ägyptens politischer Landkarte. Um dies zu verhindern forderten politische Gruppen und Aktivisten den derzeit regierenden Militärrat auf, mit einem neuen Gesetz dafür zu sorgen, dass ehemalige NDP-Kader mindestens zehn Jahre lang bei lokalen oder nationalen Wahlen nicht kandidieren dürfen.

Der durchaus umstrittene Entwurf des so genannten Verrats-Gesetzes soll Politiker für fünf Jahre von Wahlen ausschließen, die als Parlamentarier und Räte das politische Leben korrumpiert haben.


Warnungen vor gewaltsamen Störungen der Wahl

Die unabhängige Tageszeitung 'Al-Masry Al-Youm' zitierte in ihrer Online-Ausgabe Mahmoud Nafady, den Generalsekretär der Freiheitspartei, ein Sammelbecken für NDP-Mitglieder. Er drohte, besonders im ländlichen Süden Ägyptens könne ein solches Gesetz schwere Unruhen auslösen. "Oberägyptens mächtige Familien könnten Wahllokale mit Waffengewalt schließen und Familienmitglieder hindern, ihre Stimme abzugeben", warnte er.

Inzwischen wurde der Entwurf auf Einspruch des Obersten Militärrates dem Parlament noch einmal vorgelegt. "Wir haben seinen Namen geändert. Jetzt heißt es Gesetz gegen die Korrumpierung des politischen Lebens", erläuterte Mohamed Atteya, Minister für lokale Entwicklung. "Jetzt erwarten wir die Zustimmung des Rates."

Ehemalige NDP-Mitglieder sprechen von einer Verleumdungskampagne, die dem Ansehen vieler tausend erfahrener und respektabler Politiker und Geschäftsleute schade. Lediglich eine Handvoll der drei Millionen NDP-Mitglieder habe ihre Position missbraucht. Es habe unter ihnen auch Reformer gegeben, wenden ihre Sprecher ein. "Man kann nicht über den Aufbau der Demokratie sprechen und gleichzeitig bestimmte gesellschaftliche Gruppen aus dem Prozess ausschließen", kritisierte ein Unternehmer, der anonym bleiben wollte.

"Mag sein, dass es auch gute NDP-Mitglieder gegeben hat", räumte Ahmed Fadel, einer der Organisatoren der 'Emsek Feloul'-Kampagne ein. "Es ist nicht unsere Aufgabe, darüber zu entscheiden. Wir identifizieren sie nur und informieren die Wähler, die dann an der Wahlurne ihre eigene Entscheidung treffen werden." (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2011