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OZEANIEN/029: Papua-Neuguinea - Land Grabs auf einem Drittel des Territoriums (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. November 2013

Papua-Neuguinea: Land Grabs auf einem Drittel des Territoriums

von J. C. Suresh



Toronto, 27. November (IPS/IDN*) - "Oh, steht auf, Ihr Söhne dieses Landes / Lasst uns über unsere Freude singen, frei zu sein / Lasst uns Gott lobpreisen und jubilieren, Papua-Neuguinea zu sein." So lautet die erste Strophe eines Liedes, das nach der Unabhängigkeit des ozeanischen Inselstaates von Australien im September 1975 in die Nationalhymne eingeflossen ist. Doch ist viel von dem Geist, der diesen Versen innewohnt, nach und nach verloren gegangen.

Papua-Neuguina (PNG) ist derzeit Schauplatz von rasant um sich greifenden Land Grabs. Die Konzerne, die sich bereits ein Drittel des Landes einverleibt haben, stammen aus Malaysia, China, Australien und den USA, um nur einige Herkunftsländer zu nennen. Sie vernichten den drittgrößten Regenwald der Welt und bringen dessen Bewohner um ihr Land und ihr kulturelles Erbe, wie aus einem investigativen Bericht und den ihn begleitenden Film 'On our Land' hervorgeht, die das 'Oakland Institute' und das 'Pacific Network on Globalisation' (PANG) gemeinsam veröffentlicht haben.

Dem Report zufolge wurde der Landklau indirekt durch die PNG-Regierung abgesegnet. Zudem hat es der Ministerpräsident Peter O'Neill versäumt, auf eine vom Staat in Auftrag gegebene Untersuchung zu reagieren, die ein schockierendes Ausmaß von Korruption und Missmanagement im Zusammenhang mit den letzten Landdeals ans Licht gebracht hatte.


Regierung lässt Firmen gewähren

Frederic Mousseau vom Oakland Institute hat an dem Bericht mitgeschrieben. "Nachdem wir jahrelang den ungeheuerlichen Ausverkauf Afrikas mit ansehen mussten, dachten wir, über die Tragweite der Täuschung und Verdunkelung im Bilde zu sein. Doch Papua-Neuguinea hat uns die Augen geöffnet", sagte er.

Mousseau wirft der papuanischen Regierung vor, trotz vorliegender Untersuchungsergebnisse nichts unternommen zu haben, um auch nur einen der 70 Landdeals rückgängig zu machen und die Bevölkerung mit Landtiteln zu versehen. Unterschriften seien gefälscht, Gemeinschaften eingeschüchtert und auf diese Weise illegale Abkommen geschlossen und vorangebracht worden, die noch nicht einmal Minimalstandards entsprächen.

Die Untersuchungsergebnisse schockieren umso mehr, als dass die Verfassung, die nach der Unabhängigkeit verabschiedet wurde, starke Vorkehrungen zum Schutz der Gewohnheitslandrechte vorsieht und weite Teile des nationalen Territoriums zu Volkseigentum erklärt hatte. Bis vor kurzem kontrollierten lokale Klans und indigene Gemeinschaften 97 Prozent des Landes. PNG gehörte somit zu den Staaten der Welt mit der gerechtesten Landverteilung.

Die papuanischen Wälder mit ihren vielfältigen und artenreichen Ökosystemen sind die drittgrößten der Erde. Doch inzwischen, so das Oakland Institute, ist der Inselstaat zum Ziel von Land Grabs geworden, die, was Umfang und Schnelligkeit betrifft, weltweit ihresgleichen suchen.

Der Bericht weist darauf hin, dass in den vergangenen Jahren 5,5 Millionen Hektar Land beziehungsweise zwölf Prozent des insgesamt 46 Millionen Hektar großen papuanischen Territoriums an ausländische Unternehmen verpachtet wurden. Dutzende ausländische Firmen haben im Rahmen des Sonderpachtprogramms 'Special Agriculture and Business Leases' (SABLs) Verträge unterschrieben.

Die SABLs sollten Landeigentümer befähigen, sich durch eine Verpachtung ihrer Besitztümer wirtschaftliche Möglichkeiten zu schaffen. Doch das Programm wurde in den letzten Jahren schändlich missbraucht. "Obwohl die SABLs als Instrumente für landwirtschaftliche Investitionen eingeführt worden waren, dienten sie ausländischen Unernehmen dazu, Holz für den Export zu schlagen. Sie befähigten ausländische Unternehmen auf eine neue und einfache Art und Weise, alternative Waldgebiete zu erschließen", heißt es in dem Bericht.


Verstöße allerorten

2011 hatte der von der Regierung auf die SABLs angesetzte Ermittlungsausschuss (CoI) die Fakten über die jüngsten Landkonzessionen zusammengetragen. Er fand heraus, dass vor der Landvergabe das Einverständnis der dort lebenden Menschen nicht eingeholt worden war. Den staatlichen Institutionen wie den Behörden für Ländereien, Land- und Viehwirtschaft und für Wald wurde vorgeworfen, ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen zu sein und sich stattdessen durch Korruption und Inkompetenz ausgezeichnet und gegen eigene Vorschriften verstoßen zu haben. Viele Landeigentümer waren über die Größe und die Art des Geschäfts getäuscht worden.

Am 18. September 2013 legte der papuanische Ministerpräsident Peter O'Neill den Ermittlungsbericht dem Parlament vor und sprach von einem schockierenden Trend zu Korruption und Missmanagement.

In dem Report heißt es ferner: "Etliche vorangegangene und von der Regierung in Auftrag gegebene Überprüfungen der Holzindustrie in PNG zeigen, dass die Mehrheit der Forstoperationen gegen die nationalen Gesetze und gegen die Verfassung verstoßen. Ein hohes Ausmaß an Korruption und Führungsschwäche erlaubt die Exporte von gesetzeswidrig geschlagenen Hölzern und illegale Machenschaften und öffnet den Zugang zu den legalen Märkten."

Angesichts des ganzen Ausmaßes der illegalen Einschlagaktivitäten in PNG und der Durchdringung des chinesischen Marktes mit illegal gefällten Hölzern hält es der Bericht für äußerst fragwürdig, Holzimporte aus China oder papuanischen Ursprungs unter dem Lacey-Gesetz oder EU-Holzbestimmungen (EUTR) zuzulassen. Das Lacey-Gesetz verbietet den Import von illegal geschlagenem Holz.

Das erste Ziel papuanischer Hölzer ist China, das 2010 Abnehmer von 97 Prozent der Holzexporte aus dem pazifischen Inselstaat gewesen ist. Nur ein Jahr später ist die Menge der nach China exportierten Hölzer um 26 Prozent gestiegen. Somit ist die Volksrepublik zum größten Händler von illegalem Holz weltweit geworden. Sie exportiert ihre Möbel vorrangig an die USA und die 28 EU-Länder, die dadurch zu den Hauptabnehmern illegaler Hölzer geworden sind. In einem Bericht von 2012 hatte Interpol Papua-Neuguinea als eines der Schlüsselherkunftsländer von illegalem Holz innerhalb eines globalen Systems der 'Holzwäsche' identifiziert.

Der Film des Regisseurs Paul Hawken 'On Our Land' und der ihn begleitende Bericht legen die Strategien frei, die den zweifelhaften Landerwerb und den Verstoß gegen Landrechte begünstigen, die nach der Unabhängigkeit Papua-Neuguineas 1975 in die Verfassung aufgenommen worden waren.

Sie zeigen auch die menschlichen und ökologischen Kosten des Land- und Ressourcenklaus auf und gewähren Einblick in die komplizierte Welt der Land Grabs. Zudem offenbaren sie, wie und warum ein Land wie PNG mit seinen gerechten und geschützten Landrechten die eigenen Bürger und die Verfassung betrügt.


Fast 14 Millionen Hektar Land verschleudert

Durch die Regierungsstrategie, "das Land für die Entwicklung zu öffnen", wurden mehr als 5,5 Millionen Hektar Land den Palmölinteressen ausländischer Investoren geopfert. Weitere 8,4 Millionen Hektar Wald wurden zum Abholzen freigegeben.

"Land ist für die Menschen im Pazifik weit mehr als nur ein Rohstoff. Es ist Voraussetzung für ihr Wohlergehen, Ernährungs-, Lebens- und Identitätsgrundlage sowie ein soziales Sicherheitsnetz", sagte Serah Aupong von PANG. "Das sich die Regierung als Komplizin für diesen Landklau hergibt, ist eine große Ungerechtigkeit, die ein sofortiges Handeln und eine Kurskorrektur erfordert." (Ende/IPS/kb/2013)


* Der von 'Global Cooperation Council' und 'Globalom Media' erstellte IDN-InDepthNews ist Partner von IPS-Deutschland unter dem Dach von GlobalNewsHub.Net


Links:

http://www.oaklandinstitute.org/
http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/1900-foreigners-usurp-one-third-of-papua-new-guinea

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 27. November 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. November 2013