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GEWERKSCHAFT/145: Mehr Zeit und Raum für Bildung - dann klappt auch die Integration (GEW)


Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft - 16. Juni 2016

GEW: Mehr Zeit und Raum für Bildung - dann klappt auch die Integration

Bildungsgewerkschaft zum Bildungsbericht 2016: gesellschaftliche Kraftanstrengung notwendig


Frankfurt a.M. - Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert mehr Zeit und Raum für das Lernen in Kitas sowie allgemein- und berufsbildenden Schulen. Dafür seien erhebliche zusätzliche personelle und materielle Ressourcen notwendig, die nur mit einer gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung zu stemmen sind.

"Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher brauchen mehr Zeit, um sich über pädagogische Konzepte für den Umgang mit Vielfalt untereinander auszutauschen und voneinander zu lernen. Sie brauchen mehr Zeit, um ihre Arbeit vor- und nachbereiten und sich zugleich stärker individuell um Kinder und Jugendliche zu kümmern. Sie brauchen geeignete Räume, in denen ein zeitgemäßes Lernen möglich ist. Das kostet Geld: Deshalb muss der Bund Länder und Kommunen finanziell stärker als bisher unterstützen können", erklärte GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Donnerstag mit Blick auf den Bildungsbericht 2016 in Frankfurt a.M.

Es sei alarmierend, dass die Autoren der Bildungsberichterstattung erneut dringenden Handlungsbedarf zur Verbesserung von Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen in Risikolagen feststellen. "Der Bericht mit dem Schwerpunkt Migration verzeichnet zwar einige positive Trends, zum Beispiel hinsichtlich der Bildungsbeteiligung im frühkindlichen und schulischen Bereich, verdeutlicht aber auch, dass wir vor großen Herausforderungen stehen", so Tepe. Der Bildungsbericht stelle klar, dass sozialer und ethnischer Ausgrenzung systematisch begegnet werden müsse. Dies gelinge am besten durch inklusive Ganztagsangebote im Zusammenspiel mit strukturellen Reformmaßnahmen, die Bildungseinrichtungen stärker für die Gesellschaft öffnen und mit ihr vernetzen. Die GEW begrüße, dass in diesem Zusammenhang auch zusätzlich notwendige personelle Ressourcen und finanzielle Investitionen beziffert werden. Für qualitative Verbesserungen seien nach GEW-Berechnungen jedoch mehr Mittel erforderlich.

Der Ausbau eines qualitativ hochwertigen Ganztagsangebots in Kitas und Schulen und eine veränderte Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte schafften die Voraussetzungen, um die Chancen aller Kinder und Jugendlichen zu verbessern und Benachteiligungen abzubauen. "Das sind, zusammen mit langfristiger Personalplanung, wichtige strukturelle Voraussetzungen für inklusive Bildung. Gute Bildung für alle Menschen fördert gesellschaftliche Integration", betonte Tepe.

Tepe bemängelte, die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zur interkulturellen Bildung seien bisher unzureichend umgesetzt. "Bund und Länder sollten zügig gemeinsame Anstrengungen unternehmen, damit die Empfehlungen in der Fläche ankommen" erklärte Tepe. "Wir brauchen ein langfristiges und nachhaltiges Bund-Länder-Programm für bessere Qualität im Ganztag. Auch bei der Qualifizierung der pädagogischen Fachkräfte können Bund und Länder gemeinsam tätig werden, nachdem das Kooperationsverbot im Hochschulbereich gelockert wurde", sagte Tepe. Schulen benötigten multiprofessionelle Teams und eine bedarfsgerechte Unterstützung von Fachkräften für Sozialarbeit, Psychologie, Deutsch als Zweitsprache sowie Herkunftssprachen. Im Kitabereich müsse das Bundesprogramm "Sprachkitas" von 4.000 auf alle Einrichtungen ausgeweitet werden, um die durchgehende Sprachbildung der Kinder von Anfang an zu fördern. Die "Offensive Lehrerbildung" der KMK müsse alle Lehramtsstudierenden erreichen. Sie solle gezielter darauf ausgerichtet werden, die angehenden Lehrkräfte besser für die Herausforderungen, die die Zuwanderung stellt, zu qualifizieren.

Besonderes Augenmerk müsse die Politik auf die Übergänge richten: "Der Übergang zwischen Kita und Grundschule, von der Grund- auf die weiterführenden Schulen und von dort in Berufsbildung oder Studium muss aktiv begleitet werden", erläuterte Tepe. Die aufnehmenden Bildungseinrichtungen müssten ein klares Bild davon haben, wie beispielsweise der individuelle Stand der Sprachbildung ist. Auch dafür bedürfe es größerer zeitlicher Ressourcen. "Bildung kann nicht warten", betonte Tepe mit Blick auf neu Zugewanderte.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 16. Juni 2016
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2016

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