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HOCHSCHULE/2246: Teilzeit im Studium ist noch keine Selbstverständlichkeit (idw)


CHE Centrum für Hochschulentwicklung - 30.10.2018

Teilzeit im Studium ist noch keine Selbstverständlichkeit


Anders als im Beruf, ist das Thema Teilzeit im Studium noch nicht etabliert. Aktuell studieren nur 7,2 Prozent aller Studierenden offiziell in reduziertem Umfang. Insgesamt stehen nur 13,5 Prozent aller Studiengänge auch in Teilzeit zur Verfügung. Dies zeigt eine Analyse des CHE Centrum für Hochschulentwicklung, die zudem umfassenden Weiterentwicklungsbedarf bei den Rahmenbedingungen aufzeigt.

Zum Wintersemester 2016/17 studierten laut Statistischem Bundesamt rund 200.000 Studierende offiziell nicht in Vollzeit. Der seit Jahren langsam, aber stetig steigende Anteil in Teilzeit Studierender liegt aktuell bei 7,2 Prozent.

Im Ländervergleich verzeichnet Hamburg die höchste Quote an Teilzeitstudierenden. Im Stadtstaat studiert rund jeder fünfte Studierende nicht in Vollzeit. Das liegt u.a. an zwei dort beheimateten privaten Fern-Hochschulen, deren rund 17.000 Studierende überwiegend ein Teilzeitstudium absolvieren. Die geringste Quote weist das Saarland mit einem Anteil von 0,4 Prozent auf.

Die Quote der "de facto"-Teilzeitstudierenden, die zwar in einen Vollzeit-Studiengang eingeschrieben sind, aber weniger intensiv studieren, liegt laut aktueller Sozialerhebung aber deutlich höher. Demnach studiert rund jeder dritte Studierende in einem deutlich geringeren zeitlichen Umfang als vorgegeben. Laut Statistischem Bundesamt schlossen 2014 lediglich 40 Prozent der Studierenden ihr Studium innerhalb der vorgesehenen Regelstudienzeit ab.

Das CHE sieht deshalb einen massiven Bedarf an einer Flexibilisierung der Studienzeiten, der durch das formale Teilzeitstudium nicht gedeckt wird. "Der Anteil an Studierenden, die ein Studium mit Familie, Beruf oder anderen Faktoren in Einklang bringen müssen, wächst konstant. Die bestehenden Rahmenbedingungen für ein Teilzeitstudium tragen dem in keiner Weise Rechnung", bilanziert CHE Geschäftsführer Frank Ziegele.

Der niedrige Anteil von Studierenden in Deutschland, die offiziell einen Teilzeitstudiengang belegen, dürfte dabei auch am geringen Angebot entsprechender Studiengänge liegen. Lediglich jeder achte Studiengang in Deutschland steht nach den Angaben im HRK Hochschulkompass auch Studierenden in Teilzeit offen. Die Quote an Teilzeitstudiengängen liegt im aktuellen Wintersemester 2018/19 bei 13,5 Prozent. Sie ist im Vergleich zum Vorjahr leicht um 0,7 Prozentpunkte gestiegen.

Das Saarland weist mit 64,5 Prozent die höchste Quote an Teilzeitstudiengängen auf. Dahinter folgen Hamburg und Brandenburg mit 53,3 und 36,8 Prozent. In sechs Bundesländern liegt der Anteil an Teilzeit-Angeboten unter 10 Prozent. Schlusslicht ist Bremen, wo nur einer von fünfzig Studiengängen auch in geringerem Umfang pro Semester absolviert werden kann.

Insgesamt ist das Teilzeit-Angebot an Universitäten mit 16 Prozent etwas umfangreicher als das an Fachhochschulen mit 11,5 Prozent. Auch im Masterbereich (16,7 Prozent) haben Menschen, die etwa parallel zum Beruf ein Studium absolvieren möchten, eine größere Auswahl als im Bachelor-Bereich (11,8 Prozent).

In den Gesellschafts- und Sozialwissenschaften besteht die Teilzeit-Option in jedem fünften Studiengang. Ähnlich hoch ist der Anteil auch für die Sprach und Kulturwissenschaften sowie die Medizin und Gesundheitswissenschaften.

Angesichts dieser Ergebnisse plädiert das CHE für eine Weiterentwicklung des Teilzeitstudiums, das Studierenden größtmögliche zeitliche Flexibilität im Studium gewähren sollte. Hierzu zählt u.a. eine Anpassung der bestehenden BAföG-Regelungen, die eine Förderung in Teilzeit bisher ausschließt.

Dringenden Verbesserungsbedarf sieht Studienautor Cort-Denis Hachmeister nach einer Stichprobe bei 60 Hochschulen auch beim Informations- und Serviceangebot: "Die eine Hochschule gewährt einen Anspruch auf Teilzeitstudium bei Kindern bis zum fünften, die andere bis zum 18. Lebensjahr - das ist nicht nachvollziehbar." Vielfach fehlten Informationen oder die Unterscheidung zwischen offiziellen Teilzeit-Studienangeboten und Teilzeit-Optionen im Ausnahmefall. CHE Experte Hachmeister zieht deshalb ein ernüchterndes Fazit: "Wer während des Studiums, etwa durch die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen, plötzlich auf ein Teilzeitstudium angewiesen ist, muss aktuell einfach das Glück haben, an der richtigen Hochschule zu studieren".


Über diese Studie:
Im Auftrag des CHE Centrum für Hochschulentwicklung analysierte CHE Consult die Entwicklung von Teilzeit-Studienangeboten in Deutschland. Die Analyse umfasste die Studienangebote der Hochschulen, die Nachfrage bei den Studierenden, eine Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie eine Stichprobe zum Informationsangebot auf den Websites von sechzig deutschen Hochschulen. Grundlage für die Teilzeit-Angebots-Quote sind die Daten des Hochschulkompasses der Hochschulrektorenkonferenz für das Wintersemester 2018/19. Die Anteile der Teilzeitstudierenden beruhen auf Angaben des Statistischen Bundesamtes für das Wintersemester 2016/17. Verfasser(innen) der Studie "CHE Teilzeitstudium-Check 2018/19 - Daten und Empfehlung zur Weiterentwicklung des Teilzeitstudiums in Deutschland" sind Anna Gehlke, Cort-Denis Hachmeister und Lars Hüning. Die wichtigsten Informationen zum Thema, Checklisten und eine kommentierte Linkliste findet sich unter:
www.che.de/teilzeit.


Originalpublikation:

www.che.de/downloads/CHE_AP_213_Teilzeitstudium_Check_2018_19.pdf
- Zum CHE Teilzeitstudium-Check 2018/19


Weitere Informationen unter:
https://public.tableau.com/profile/che.consult#!/vizhome/CHETeilzeit-Check201819/Teilzeit-Check2018
- Interaktive Grafiken der Ergebnisse

http://www.che.de/teilzeit
- CHE kurz + kompakt: Teilzeitstudium, FAQs, Checklisten und kommentierte Linklisten zum Thema für Studieninteressierte

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution409

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
CHE Centrum für Hochschulentwicklung, 30.10.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2018

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