Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → BRENNPUNKT

SYRIEN/077: Dominostein Damaskus - kalkuliertes Warten ... (Civaka Azad)


Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V. - 7.10.2014

Andauernde Angriffe auf Kobanê: Appell für Handlungen + Handlungsempfehlungen + Gesprächsbereitschaft

Der an die Bundesregierung und die Mitglieder des Bundestages gerichtete Appell wurde am Morgen des 7. Oktobers 2014 verschickt.



Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung,
sehr geehrte Mitglieder des deutschen Bundestages,
sehr geehrte Damen und Herren,

Bereits am 22. September 2014 hatten wir die Bundesregierung sowie alle Fraktionen und Mitglieder des deutschen Bundestags auf die immer dramatischer werdende Lage der durch die dschihadistische Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bedrohten Stadt Kobanê (Ain al Arab) in Nordsyrien hingewiesen und entsprechende Handlungsempfehlungen ausgesprochen [siehe im Schattenblick (*)]. Die Verbrechen des IS und die Umstände, unter denen die dortigen Selbstverteidigungskräfte (YPG) die Bevölkerung des Kantons vor den Horden des IS verteidigen, dürften der Bundesregierung auch Dank der umfassenden Berichterstattung der hiesigen Medien hinlänglich bekannt sein.

Wir stellen fest, dass die Bunderegierung aus Rücksicht auf die feindliche Haltung der Türkei gegenüber der demokratischen autonomen Selbstverwaltung in Rojava (Nordsyrien) zu den seit 22 Tagen stattfindenden massiven Angriffen des IS auf Kobanê schweigt und ihre diesbezügliche Untätigkeit durch die Unterstützung für die Kurden im Nordirak gerechtfertigt sieht. In der aktuellen Stunde des Bundestags vom 25. September vermittelte sie den Eindruck, nicht die unmittelbar von einem Massaker unvorstellbaren Ausmaßes bedrohten Menschen in Kobanê, sondern die Türkei sei das eigentliche Opfer des IS wegen der Flüchtlingswelle. Verweise der Opposition auf die türkische Mitverantwortung für das Erstarken dieser Terrororganisation wurden als haltlose Behauptungen und als nicht zielführend abgetan. Auch wenn erklärt wurde, dass man im Kampf gegen das Elend der Flüchtlinge die Wurzel des Übels angehen müsse, ist bis dato keine konkrete Handlung erfolgt.

In persönlichen Gesprächen mit verschiedenen kurdischen Institutionen, Delegationen und Parteien haben die Vertreter der einzelnen EU-Staaten erklärt, dass sie die Lage in Kobanê aufmerksam verfolgen. Trotzdem schweigen die europäischen Regierungen zu den Ereignissen in Kobanê und machen sich offenbar nicht bewusst, dass dies als Duldung dieser barbarischen Angriffe der IS gedeutet werden kann.

Die Gefühle vieler kurdischstämmiger Menschen in der Bundesrepublik, die zu Zehntausenden seit vielen Tagen ihre Ängste und ihren Protest auf die Straße tragen, formuliert der Vorsitzende des kurdischen Volkskongresses (Kongra-Gel), Remzi Kartal, vorsichtig so: "Das Verhalten der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf die Situation in Kobanê stößt bei uns auf Unverständnis. Während die menschenverachtenden Barbaren, die sich als Islamischer Staat bezeichnen, seit 21 Tagen mit dutzenden Panzern und anderen schweren Waffen die Stadt angreifen, wird die Bevölkerung, die heldenhaften Widerstand leistet, von der Weltgemeinschaft allein gelassen."

Wir bitten die Bundesregierung und alle politische Parteien im Bundestag eindringlich, die Sorgen und Forderungen der kurdischen Community in der Bundesrepublik ernst zu nehmen und endlich ihren Einfluss auf die türkische Regierung geltend zu machen. Die Bundesregierung muss aufhören, sich die ungerechtfertigten Vorbehalte der Türkei gegenüber der der autonomen Selbstverwaltung von Rojava zu eigen zu machen und sollte endlich Kontakt zu deren Vertretern aufnehmen. Die Trennung zwischen "guten" Kurden, die man mit Waffen beliefert, und "bösen" Kurden, die man politisch ächtet und dem Abschlachten durch den IS überlässt, muss aufhören!

Tun Sie das politisch Richtige und moralisch Gebotene, bevor es zu spät ist. Handeln Sie jetzt! Wer angesichts der Geschehnisse in Kobanê weiter in Untätigkeit verharrt, trägt Mitverantwortung für alle Grausamkeiten, alle Vergewaltigungen, Folterungen und Morde, die nach dem Fall von Kobanê folgen werden.

Wir stehen der Bundesregierung und den Mitgliedern des Bundestags weiterhin als Gesprächspartner zur Verfügung und vermitteln gerne den Kontakt zu Vertretern aus Rojava (Nordsyrien).

Für weitere Informationen und Rückfragen stehen wir Ihnen gerne per Mail oder unter der Nummer 0049/6984772084 oder 0049/15738485818 zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Devriş Çimen
Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.


Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
(*) Sie finden die "Handlungsempfehlungen an die deutsche Politik aufgrund der akuten Situation in Kobanê/Ain al-Arab in Rojava (Nordsyrien)" im Schattenblick unter:
www.schattenblick.de → Infopool → Bürger → Ticker:
KRIEG/042: Brandsatz Nahost - bislang allein gelassen ... (Civaka Azad)

*

Quelle:
Civaka Azad - Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.
Bornheimer Landstraße 48, 60316 Frankfurt
Telefon: 069/84772084
E-Mail: info@civaka-azad.org
Internet: www.civaka-azad.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Oktober 2014