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MELDUNG/428: G7/8 - Neue Allianz für Ernährungssicherheit gefährdet Kleinbauern (FUE)


Forum Umwelt & Entwicklung - Pressemitteilung vom 22. September 2014

G7/8: Neue Allianz für Ernährungssicherheit gefährdet Kleinbauern



Berlin, 22. September 2014: Mit einer gemeinsamen Stellungnahme anlässlich des Treffens des Leitungsrates der Neuen Allianz für Ernährungssicherheit am heutigen Montag in New York kritisieren 91 zivilgesellschaftliche Organisationen aus den G7/8-Ländern die Initiative scharf. In einer gemeinsamen Erklärung verlangen sie von den G7/8-Regierungen, die Förderung der internationalen Agrar- und Lebensmittelindustrie im Rahmen der Initiative zu stoppen und stattdessen bäuerliche Erzeuger/innen im globalen Süden zu unterstützen. Deutsche Organisationen fordern die Bundesregierung auf, ihre G7/8-Präsidentschaft in 2015 zu nutzen, um die Neue Allianz grundlegend zu reformieren oder sich aus ihr zurückzuziehen.

"Zwei Jahre nach dem Start der Neuen Allianz für Ernährungssicherheit ist nicht ersichtlich, wie die Initiative einen Beitrag zur Hungerbekämpfung leisten soll. Erste Reformen in den afrikanischen Ländern befeuern die Befürchtung, dass eher das Gegenteil der Fall ist", sagt Stig Tanzmann, Ernährungsexperte von Brot für die Welt. "In Mosambik und Tansania sind neue Saatgutgesetze auf den Weg gebracht, die den freien Austausch von Saatgut zwischen Kleinbauern und Kleinbäuerinnen zukünftig kriminalisieren können. Die Millionen Kleinbauern und -bäuerinnen in beiden Ländern sind zur Sicherung ihres Lebensunterhalts jedoch genau darauf angewiesen."

"Aus Sicht der unterzeichnenden internationalen und deutschen Zivilgesellschaft muss die Neue Allianz entweder radikal reformiert oder beendet werden", stellt Jan Urhahn, Landwirtschaftsexperte vom entwicklungspolitischen INKOTA-netzwerk, fest. "Veränderungen der Rahmenbedingungen im Landbereich dürfen nicht weiter zum Vorteil großflächiger, kommerzieller Investoren und zum Nachteil der kleinbäuerlichen Erzeuger/innen sein wie in Malawi und Burkina Faso der Fall. Keinerlei Mechanismen überprüfen bislang, ob die Vorhaben soziale Ungleichheiten bekämpfen, lokale Ernährung verbessern und die Umwelt schützen. Ohne eine grundlegende Neuausrichtung darf die Initiative nicht um neue Mitgliedsstaaten erweitert werden", so der Experte.

"Die Bundesregierung hat im nächsten Jahr die Präsidentschaft der G7/G8 inne und damit erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Ernährungsagenda. Das sollte sie schon jetzt im Leitungsrat deutlich machen und für kommendes Jahr eine alternative Initiative ankündigen, die Kleinbauern und -bäuerinnen ins Zentrum stellt und durch öffentliche Investitionen deren Beitrag zur Ernährungssicherung unterstützt. In Bezug auf die Neue Allianz wäre dringend eine kritische Analyse zu möglichen negativen Folgen angebracht, so Benjamin Luig, Referent für Agrarpolitik und Ernährung bei Misereor.

Die Stellungnahme "'Fortschritt' in der Neuen Allianz? Nicht für Afrikas Kleinbauern!" wurde von bislang 91 nationalen und internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen aus 15 Ländern unterzeichnet und am heutigen Tag veröffentlicht. Sie ist inklusive aller unterzeichnenden Organisationen abrufbar unter [1].


Zum Hintergrund:

Die Neue Allianz für Ernährungssicherheit wurde auf dem G8-Gipfel 2012 mit dem Ziel bis 2022 insgesamt 50 Millionen Menschen in Sub-Sahara-Afrika aus der Armut zu befreien, gestartet. Mehr private Investitionen in die Landwirtschaft sollen dies möglich machen. Die Neue Allianz ist eine Initiative der G8-Staaten und weiterer Geberländer, einiger afrikanischer Regierungen und der internationalen Agrar- und Lebensmittelindustrie. Kern der Neuen Allianz sind Kooperationsabkommen, in denen sich bislang zehn afrikanische Länder zu zeitlich gebundenen Reformmaßnahmen verpflichten, die Investitionsbedingungen zugunsten privater, kommerzieller Investitionen in die Landwirtschaft verbessern.

[1] http://www.forumue.de/fileadmin/userupload/AG_Landwirtschaft_Ernaehrung/DE_Fortschritt_in_der_Neuen_Allianz_Nicht_fuer_Afrikas_Kleinbauern.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung, 22.09.2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. September 2014