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BERICHT/143: Der Soja-Hype (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 354 - April 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Der Soja-Hype
Regionale Soja zu Tofu und Drinks

von Christoph Dahlmann



Soja ist in (fast) aller Munde, ob im Futtertrog als wichtiger Eiweißlieferant für die Tierernährung oder in der direkten menschlichen Ernährung als Sojamilch, Tofu oder in der Sojamargarine. Das Projekt "Vom Acker in den Futtertrog" verschreibt sich eher, wie der Titel unschwer erkennen lässt, der ersten Variante, aber mit dem Ziel, die große Menge an Import-Soja durch regional anbaubare Eiweißlieferanten wie Ackerbohne, Erbse, Kleegras und, wo es die Anbaubedingungen zulassen, auch Soja zu ersetzen.

Sicherlich ist es ein erstrebenswertes Ziel, den gesamten Fleischkonsum in der menschlichen Ernährung zu senken. Aber über moralische Appelle lässt sich ja bekanntlich nicht viel erreichen. Da ist die Überzeugungskraft des Gaumens schon entscheidender. Und hier fängt die Geschichte eines mittelständischen Lebensmittelverarbeiters an, der Firma Berief Soja Fit aus dem westfälischen Beckum. Das Familienunternehmen mit 80 MitarbeiterInnen hat sich seit über 25 Jahren der pflanzlichen und gentechnikfreien Herstellung von Lebensmitteln verschrieben. Und lecker sollen sie natürlich auch sein. Angefangen hatte alles im Jahr 1983 mit der Erfindung der ersten Maschine für die Tofuverarbeitung von Hermann Berief. Der ehemalige Teilhaber einer Maschinenfabrik, die Geräte für die Lebensmittelindustrie herstellt, hatte den Ansporn, selber pflanzliche Rohstoffe zu Lebensmitteln zu verarbeiten. Weiter ging es 1985 mit der ersten eigenständigen Verarbeitung von Sojabohnen und 1990 setzte der Unternehmer mit der Gründung einer neuen Firma in Beckum alles auf eine Karte, nämlich die der Herstellung von Lebensmitteln auf Basis pflanzlicher Rohstoffe. Aus der Maschinenfabrik stieg er aus. Auf dem Firmengelände in Beckum werden nun Sojadrinks und Tofu-Produkte hergestellt. Sohn Marcus Berief ist auch schon seit einigen Jahren im Betrieb aktiv. Wenn man mit ihm spricht, hat man eigentlich immer das Gefühl, dass er gerade wieder das nächste plant, oder aus dem gerade berichteten sich neue Ideen entwickeln, internationales Kompetenzzentrum für Soja in Beckum, CO2-footprint, Aufbau von kommunalen Verarbeitungsstrukturen in Ländern Afrikas und, nicht zu vergessen, die Erhöhung des Anteils regional angebauter Sojabohnen für den Firmensitz in Beckum, sind so einige Ideen und zum Teil schon in der Realisierungsphase.


Nabelfarben

Bei dem Aufbau der regionalen Produktion ist wichtig für die Firma Berief, dass die Sojabohnen Rohproteingehalte von mindestens 40 Prozent besitzen, die Ware sauber und einen geringen Bruchkornanteil aufweist und die Nabelfarbe der Sorte am besten hell ist. Sie variiert je nach Sorte von hellbraun bis schwarz. Die Nabelfarbe spielt zum einen bei der Verarbeitung der Sojabohne zu Sojamilch eine Rolle, da eine dunkle Nabelfarbe auch das Endprodukt "verdunkelt". Zum Anderen fällt bei der Verarbeitung ein Nebenprodukt an, das Okara. Momentan wird es in der Tierfütterung verwertet. Geplant ist aber auch eine Weiterverarbeitung für die menschliche Ernährung und auch hier werden hellnabelige Sorten bevorzugt.


Heimische Sojabohnen

Regionalität hat bei immer mehr Firmen der Lebensmittelerzeugung einen gewichtigen Stellenwert. In der Bio-Szene war es mit ihren anfangs kleinen Strukturen ein Baustein der Philosophie, aber auch für große Lebensmittelketten nimmt die Regionalität eine immer größere Bedeutung ein. Für viele VerbraucherInnen ist dies ein Ausdruck für höhere Lebensmittelqualität und Lebensmittelsicherheit. Momentan bezieht die Firma Berief die jährlich verarbeiteten 2.500 Tonnen der Öko-Sojabohne noch überwiegend aus China. Bezüglich der Sicherheit in der Gentechnikfreiheit, gab es in der Firma Berief zwar bisher keine Probleme. Lange Transportwege sind aber nicht nur aus ökologischer Sicht zu hinterfragen, sondern erhöhen auch die Gefahr der Kontamination mit GVO verunreinigter Ware. Dies sind wichtige Gründe, wieso sich das Unternehmen immer mehr mit dem Anbau ihres Rohstoffes beschäftigt. Schon in 2011 wurde ein Teil aus europäischen Anbauländern wie Österreich und Tschechien verarbeitet. 2013 sollen alle Sojabohnen aus europäischem Anbau stammen. Gleichzeitig soll der Anteil von ökologisch erzeugter Soja aus hiesigem Anbau eine bedeutendere Rolle einnehmen. Dafür ist Marcus Berief mit Benedikt Sprenker, Nachbar von Berief und selber Landwirt, in den letzten Monaten viel durch die Republik gefahren. Austausch mit Anbauenden, Verarbeitern und den Aufbau der logistischen Strukturen für die zukünftige Ernte, es sind einige Kilometer zusammen gekommen. In Deutschland scheint momentan ein "Soja-Hype" ausgebrochen zu sein, was den eigenen Anbau angeht. In den Gunstlagen, speziell in Bayern und Baden-Württemberg, haben PraktikerInnen schon gute Erfahrungen gemacht. Aber auch die Landwirtschaftskammer in Niedersachsen hat an ihren Versuchsstandorten im letzten Jahr im Schnitt 30 dt/ha geerntet. Erwähnen muss man natürlich auch die 11 dt aus 2011 und die 20 dt/ha in 2010. Zur jetzigen Zeit lässt sich sagen, dass der Sojabohnenanbau in Deutschland einen Aufschwung erlebt. Wichtig ist es nun innerhalb dieses Aufschwungs die anderen Leguminosenarten mitzunehmen. Denn Ackerbohne, Erbsen & Co haben dann doch für viele Regionen in Deutschland ein höheres Ertragspotenzial. Es ist wie immer, die Vielfalt macht's. Übrigens, Bohnen mit Speck oder Tofu sollen ja auch gut munden...



Christoph Dahlmann,
Vom-Acker-in-den-Futtertrog, Projekt der AbL-NRW


Soja in Deutschland

Auf bis zu 4.000 Hektar wurde die gelbe Bohne im letzten Jahr angebaut. Die Erträge schwankten zwischen 10 und 45 dt/ha. Die größten Probleme der mit sich selbst verträglichen Art sind die Unkrautkontrolle und eine unsichere Abreife. Auch sollte die Aussaat bei gut erwärmtem Boden stattfinden, 10 Grad Celsius gelten hier als Richtwert. Dies ist häufig Anfang Mai der Fall. Eine Doppelimpfung des Saatguts hat sich im letzten Jahr bewährt.
Mehr unter: www.Vom-Acker-in-den-futtertrog.de/leguminosen/soja.html


Für Berief SojaFit

Für dieses Jahr hat die Firma Berief genügend Sojafläche. Wer Interesse hat, im nächsten Jahr Sojabohnen im ökologischen Landbau anzubauen und noch keine Verwertung hat, kann sich bei der Projektleitung (s.o.) melden. Die stellt dann den Kontakt zur Firma Berief her.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 354 - April 2012, S. 18
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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(verbilligt auf Antrag 28,40 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2012