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BERICHT/195: Vom Gutsbetrieb zur Solidarischen Landwirtschaft (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 381 - Oktober 2014
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Vom Gutsbetrieb zur solidarischen Landwirtschaft

Der Kattendorfer Hof bei Hamburg ist einer der Pionierbetriebe



Auf dem Kattendorfer Hof, einem ehemaligen Gutsbetrieb im südlichen Schleswig-Holstein, der schon seit Jahrzehnten einer kirchlichen Stiftung gehört, wirtschaftet eine Betriebsgemeinschaft nun schon seit elf Jahren gemeinsam mit ihren Kunden - in Solidarischer Landwirtschaft. Mehr als 30 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiten auf dem inzwischen 240 ha Acker umfassenden Betrieb mit 50 Kühen, 12 Zuchtsauen, Feldgemüse und Gärtnerei, Käserei, Bäckerei, Metzgerei, Marktständen und Läden. Mathias von Mirbach ist einer der Bauern auf dem Hof und seit kurzem auch eine der treibenden Kräfte im noch jungen Netzwerk Solidarische Landwirtschaft. Vor 19 Jahren haben ein Partner und er den Betrieb, einen konventionellen Ackerbaubetrieb mit Schweinemast, gepachtet und auf biologisch-dynamischen Landbau umgestellt. Von Mirbach: "Es war für uns damals schon mit 130 Hektar ein Riesenhof und natürlich haben wir Konzepte geschrieben. Dann brachen im Winter 1995/1996 die Biogetreidepreise ein und unser Konzept war nicht mehr das Papier wert auf dem es geschrieben stand. Wir hatten dieses große Schiff am Hals und es war klar, so können wir mit zwei Familien davon nicht leben. Wir haben einen Hofladen aufgemacht, Kartoffeln gehabt, die keiner wollte, vor den Türen Hamburgs gab es das schon, da hat keiner auf uns gewartet."

100 Mark für Erwachsene

Durch ein Seminar, an dem er zu einem früheren Zeitpunkt teilgenommen hatte, entwickelte von Mirbach die Idee, Leute aus dem Umfeld des Hofes an dessen Kosten zu beteiligen und ihnen dafür Lebensmittel frei zur Verfügung zu stellen. Aus einem Kreis von Freunden, Kunden aus dem Hofladen, Eltern aus der Waldorfschule wuchs eine Gruppe, die sich regelmäßig zwei Monate lang einmal in der Woche traf. Ohne wirklich zu wissen, wie so etwas zu kalkulieren ist, begannen sie die Initiative schließlich mit einem Monatsanteil von 100 Mark für Erwachsene und für jedes Kind 50 Mark. Dafür wurde der Hofladen geöffnet und jeder konnte sich mit dem versorgen, was damals schon an Produkten auf dem Hof erzeugt wurde, etwas Gemüse, Kartoffeln, Schweinefleisch, Joghurt. Die Idee erregte Aufmerksamkeit und Interesse, es meldete sich eine Gruppe von jungen Familien mit kleinen Kindern in Hamburg, die als Coop beliefert werden wollte. Die Produktpalette wurde erweitert, neue Coops kamen hinzu, so dass heute rund 700 Menschen vom Kattendorfer Hof versorgt werden. Allen war und ist gemein, dass sie etwas wissen wollten darüber, wie ihre Lebensmittel erzeugt werden und unter Umständen auch bereit sind mit Hand anzulegen bei Aktionen, Festen. Die Budgetierung wurde professionalisiert, Basis ist die Aussage, dass sich auf 2.500 Quadratmetern Land das anbauen lässt, was ein erwachsener Mensch zum Essen braucht. Daraus wurde dann ein Ernteanteil, dessen finanzieller Gegenwert auf der jährlichen Budgetversammlung bestimmt wird, indem Kosten und Investitionen des Betriebes gegen Prämien und Überschüsse gerechnet werden. Damit ist der Betrieb für das folgende Jahr finanziell abgesichert. Aktuell liegt der Preis für einen Ernteanteil bei 175 Euro pro Woche, dafür bekommt man zwischen 1,5 und 3 kg Gemüse, 1 kg Kartoffeln, 9 Liter Milch und Milchprodukte und 700 g Fleisch und Wurst. Wobei von Mirbach betont, dass nicht aufs letzte Gramm geschaut werde und das Ganze gemeinschaftlich funktioniere.   cs

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 381 - Oktober 2014, S. 12
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2014