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FORSCHUNG/784: 1. Gutachten zur Forschungsentwicklung über biologische Ressourcen (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 8. September 2010

Bioökonomierat stellt 1. Gutachten zur Stärkung des Forschungsstandortes vor

Sonnleitner sieht öffentliche Diskussion über Energiekonzept kritisch


Der 2009 gegründete Bioökonomierat hat als Forschungs- und Technologierat sein erstes Gutachten an Bundesforschungsministerin Annette Schavan und Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner übergeben. Ratsvorsitzender Prof. Dr. Reinhard F. Hüttl betonte bei der Übergabe des Gutachtens in Berlin, dass die Forschung- und Technologieentwicklung über biologische Ressourcen (Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen) angesichts der großen weltweiten Herausforderungen intensiviert werden müssten. Gelöst werden müssten die weltweiten Fragen zur Versorgung der demnächst auf über 9 Milliarden Menschen ansteigenden Weltbevölkerung, des Klimawandels und der zunehmenden Nachfrage nach Biomasse für Nahrungs- und Futtermittel sowie für erneuerbare Energie. In dem Gutachten des unabhängigen Beratungsgremiums der Bundesregierung in Fragen der Bioökonomie, zu dem Experten aus universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die Ressortforschung des Bundes und der privatwirtschaftlichen Forschung und der Deutsche Bauernverband gehören, wird eine Erhöhung der Biomasseproduktion und ein effizienterer Umgang mit Biomasse als zentrale Bedingung für die Nutzung als Lebensmittel- und Energiebestandteil empfohlen. Die intensivere Bodennutzung müsse aber so gestaltet werden, dass Bodenverdichtungen oder Bodenerosion, verminderte Bodenfruchtbarkeit oder verringerte Biodiversität ausgeschlossen oder minimiert werden.

Die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung bei der Biomassenutzung seien ohne Importe kaum zu erreichen, schränkte Hüttl ein. Die Nutzung der Bodenflächen Deutschlands sei weitgehend ausgereizt. Entsprechende Rückwirkungen auf die Boden- bzw. Pachtpreise seien bereits deutlich spürbar. In seinem Gutachten fordert der Bioökonomierat auch eine Steigerung der Nahrungsmittelqualität. So sei die Züchtung von höherwertigen Pflanzen und Nutztieren mit verbesserten Eigenschaften auch für die Gesundheitsvorsorge von zentraler Bedeutung. Eine Neuausrichtung der Forschung und eine bessere Vernetzung der Forschungsstandorte und -aufgaben innerhalb der Wertschöpfungskette ist ein weiterer Schwerpunkt im Gutachten des Rates. Die Bundesministerinnen Schavan und Aigner kündigten an, dass die Bundesregierung bis Ende 2010 in einem Bundesprogramm eine neue Forschungsstrategie zur Bioökonomie erarbeiten werde. Darin würden die Erkenntnisse aus dem Gutachten des Bioökonomierates eine Grundlage bilden.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, begrüßte das Ziel des Gutachtens, Nahrungsmittel, Energie und nachwachsende Rohstoffe effizienter zu erzeugen. Dazu werden Forschung und Innovation benötigt. In den letzten Jahren seien jedoch die Forschungs- und Wissenschaftskapazitäten abgebaut worden. Bund und Länder hätten auch keineswegs von vornherein zu einem abgestimmten wissenschafts-politischen Ansatz gefunden. Doch gerade die bioklimatischen Voraussetzungen wie die Böden und die Wasserversorgung seien am Agrarstandort Deutschland weltweit mit die Besten. Deutschland könne mit der Pflanzenproduktion, mit der Tierhaltung, mit den Wertschöpfungsketten bei Nahrungsmitteln wie bei Rohstoffen mehr leisten, um die Herausforderungen unserer Zeit und der Gesellschaft zu lösen. Sonnleitner rief die Bundesregierung dazu auf, auf der Basis des jetzt vorliegenden Gutachtens ein neues Bundesprogramm zu entwickeln, das nicht nur dem Forschungsstandort Deutschland einen wesentlichen Impuls gebe, sondern auch all denjenigen Unternehmen - von den ganz großen etwa der Landtechnik bis hin zu den bäuerlichen Familienbetrieben - eine zukunftsorientierte und zugleich nachhaltige innovative Entwicklung ermögliche.

Kritisch setzte sich Sonnleitner mit der derzeitigen politischen und medialen öffentlichen Diskussion über das Energiekonzept der Bundesregierung vom vergangenen Wochenende auseinander. "Wer mit dem Energiekonzept gewonnen oder verloren, sich durchgesetzt oder sich nicht durchgesetzt hat, kann doch nicht davon abhängen, ob die Restlaufzeit für die Kernenergie 8, 12 oder 20 Jahre beträgt", erklärte Sonnleitner. Zum ersten Mal habe die Regierungskoalition eine längerfristige Verbesserung der Energieeffizienz pro Jahr um zwei Prozent und konkretere Darstellungen des Energiemixes unter besonderer Berücksichtigung der erneuerbaren Energien festgelegt. Ambitioniert seien die Ziele bei der Biomasse, die 30 Prozent des Primärenergieverbrauches bis zum Jahr 2050 abdecken soll. Deshalb sei die Frage berechtigt, ob nach 2020 die hohen Erwartungen an die zweite und dritte Generation der Biokraftstoffe tatsächlich eingelöst werden können. Eine Antwort könne nur über Forschung und Wissenschaft gegeben werden. Die Lösung der Energie- und Rohstofffrage sei mitentscheidend, ob der Standort Deutschland "auch künftige Lokomotive der Konjunktur in Europa sein kann und ob der Standort Deutschland einer jungen Generation Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu bieten in der Lage ist", betonte Sonnleitner.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 8. September 2010
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2010