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INTERNATIONAL/073: Afrika - Genfreier Kontinent gefordert, nicht alle Bauern sind einverstanden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. November 2012

Afrika: Genfreier Kontinent gefordert - Nicht alle Bauern sind einverstanden

von Busani Bafana


Der südafrikanische Kleinbauer Motlasi Musi ist gegen ein Verbot von Genmais - Bild: © Busani Bafana/IPS

Der südafrikanische Kleinbauer Motlasi Musi ist gegen ein Verbot von Genmais
Bild: © Busani Bafana/IPS

Johannesburg, 26. November (IPS) - Der südafrikanische Kleinbauer Motlasi Musi ist nicht sehr glücklich über den Aufruf des Afrikanischen Zentrums für Biosicherheit (ACB), den Anbau, Import und Export von Genmais zu verbieten. "Seit mehr als sieben Jahren bringe ich den genetisch modifizierten Mais aus, esse ihn und lebe noch", sagt er.

Der 57-jährige Maisbauer aus dem Fun-Tal-Gebiet Olifantsvlei außerhalb Johannesburg hat von dem südafrikanischen Landverteilungsprogramm für landwirtschaftliche Entwicklung profitiert. Er ist ein Fan der Biotechnologie. "Sie hat meine Erträge und mein Einkommen verbessert", sagt er. An dem genetisch manipulierten (GM) Mais verdient er nach eigenen Angaben pro Hektar Land 225 US-Dollar mehr als an dem herkömmlichen Mais.

"Die Biotechnologie spielt für die Ernährungssicherheit eine große Rolle. Das Klima hat sich verändert und ich bin mir sicher, dass ich mit dem dürreresistenten Saatgut gegen den Klimawandel gewappnet bin", so Musi. "Es gibt einfach keine Garantie mehr, dass es regnet, und wenn ich nicht dürreresistentes Saatgut ausbringe, werde ich mich leicht verschulden und dann irgendwann meine Farm verlieren."

Wie aus einem im April veröffentlichten Bericht des 'Climate Emergency Institute' hervorgeht, vollzieht sich in Südafrika ein gradueller Klimawandel, der sich durch einen bemerkenswerten Anstieg der Temperaturen in den letzten 60 Jahren bemerkbar macht. Klimaexperten zufolge werden die Temperaturen in den Küstenregionen Südafrikas bis 2050 um ein bis zwei Grad ansteigen.


Unterschriften gegen Genfood

Laut ACB werden genmanipulierte Organismen (GMO) die Ernährung auf dem schwarzen Kontinent nicht dauerhaft sichern. Das Zentrum hat sich hinter den Aufruf der afrikanischen Zivilgesellschaft gestellt, die für Südafrika und die gesamte Region ein Genmaisverbot fordert. Es sammelt Online-Unterschriften, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Bisher haben die Petition 656 Menschen unterschrieben, darunter auch die Mitarbeiter von 160 afrikanischen Organisationen.

"Wir haben im Oktober einen offenen Brief an unseren Agrarminister geschickt und ihn darin aufgefordert, Genmais aus Südafrika zu verbannen", berichtet Haidee Swanby vom ACB. "Wir in Südafrika pflanzen, importieren und exportieren GM-Saatgut bereits seit 14 Jahren, ohne dass unsere Ernährung gesichert wäre. Vielmehr hat sich ein Sack Maismehl aufgrund der hohen internationalen Preise und der extensiven Verwendung von Mais für die Biotreibstoffproduktion um 84 Prozent im Vergleich von vor vier bis fünf Jahren verteuert."

Swanby zufolge war es wichtig, den Zugang zu Nahrungsmitteln zu verbessern, um Armut, Arbeitslosigkeit und Fragen im Zusammenhang mit Landbesitz, Infrastruktur, Marktzugang und unfairen Handelspraktiken anzugehen. Sie stört jedoch, dass genetisch veränderte Nahrungsmittel in Südafrika nicht gekennzeichnet werden und sich somit mögliche gesundheitliche Schäden nicht zweifelsfrei nachweisen lassen.

Swanby zufolge wird es höchste Zeit für eine umfassende Untersuchung der gesundheitlichen Auswirkungen von GM-Nahrung. "Wir brauchen mehr wissenschaftliche Untersuchungen und nicht weniger."

Unterstützt wird die ACB-Forderung nach einem genfreien Afrika von der internationalen Umweltorganisation 'Friends of the Earth', die sich ebenfalls für einen genfreien Kontinent einsetzt. Neben Genmais werden in Südafrika auch unkrautresistentes Gensoja sowie insekten- und unkrautresistente Genbaumwolle angebaut.

Südafrika, Burkina Faso und Ägypten sind bisher die einzigen afrikanischen Länder, die zu kommerziellen Zwecken Genpflanzen anbauen. Nigeria, Kenia und Uganda führen aber bereits entsprechende Feldversuche durch, während sechs afrikanische Staaten Gesetze zugunsten der sicheren Entwicklung und Kommerzialisierung von Generzeugnissen erlassen haben.

Wie der Koordinator von Friends of the Earth Nnimmo Bassey, gegenüber IPS erklärte, halten die GMOs bei weitem nicht das, was die Biotechnologieindustrie versprochen hat. Der Hunger in Afrika werde von diesen Unternehmen gern als Argument verwendet, um die afrikanische Landwirtschaft zu kontaminieren und die genetische Vielfalt des Kontinents zu zerstören.

Bassey zufolge sind Gennahrungsmittel weder besonders nahrhaft noch bringen sie bessere Erträge hervor. Auch seien sie nicht sparsamer, was die Verwendung von Pestiziden und Herbiziden angehe, und somit sehr wohl eine Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt.


"Kolonisierung des Marktes"

"Es geht im Grunde nur um eine Kolonisierung des Marktes", meinte Bassey. "GM-Getreide kann weder für Nahrungssicherheit sorgen noch die Nährwertdefizite reduzieren. Der Weg nach vorne muss Ernährungssouveränität heißen. Afrikaner sollen selbst bestimmen, welche Agrarerzeugnisse kulturell und ökologisch für sie in Frage kommen."

Wie Bassey weiter betont, wird der afrikanische Nahrungsmittelbedarf zu 80 Prozent von Kleinbauern gedeckt. Diese Produzenten müssten unterstützt werden und die Inputs erhalten, die für den integrierten ökologischen Landbau erforderlich seien. "Afrika sollte ein GMO-freier Kontinent sein."

Friends of the Earth verweist auf verschiedene, in Afrika gescheiterte GMO-Experimente, etwa mit Bt-Baumwolle (in denen die Gene des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis eingeschleust worden sind) in Burkina Faso und Südafrika, wo das Saatgut als Wunderwaffe gegen die Armut angepriesen worden war.

Nach Angaben von 'DuPont Pioneer', einem internationalen Entwickler und Lieferanten von Pflanzengenen einschließlich Hybridsaatgut, ist der Umstieg von dem Saatgut, das die Bauern von der vorherigen Ernte zurückbehalten, auf Hybridsaaten besonders effektiv. Wie der für Asien, Afrika und China zuständige Vizepräsident der Firma, Daniel Jacobi, gegenüber IPS betonte, wird Hybridmais auf einem Drittel der 24 Millionen Hektar großen Fläche angebaut, auf der in Subsahara-Afrika jährlich Mais ausgebracht wird.

Außerdem sei Hybridsaatgut ergiebiger und weniger anfällig für Verluste. "Wir können über einen langen Zeitraum mit Düngemitteln und bestimmten landwirtschaftlichen Praktiken in Subsahara-Afrika viel produzieren, ohne GMOs einführen zu müssen", erklärte Jacobi nach einem Besuch der DuPont-Pionier-Zentrale im US-amerikanischen Iowa.


"Den Farmern helfen, ihr Bestes zu geben"

"Ich denke, wir neigen dazu, uns allzu sehr in die Debatten um GMOs hineinziehen zu lassen. Ich meine, wir sollten uns lieber darauf konzentrieren, den Farmern dabei zu helfen, ihr Bestes zu geben, indem wir sie mit Hybridsaatgut ausstatten. Diese Prioritäten sollten nicht in der großen philosophischen Debatte über GMOs untergehen."

'AfricaBio', ein 1999 entstandener Biotechnologieakteur, argumentiert, dass eine große Mehrheit der südafrikanischen Bevölkerung kämpfen muss, um satt zu werden. GM-Produkte hätten sich als Lösung des Problems bewährt.

"Seit 14 Jahren pflanzen und essen Südafrikaner Nahrungsmittel und Nahrungsmittelprodukte, die auf GM-Nahrung zurückgehen, ohne dass es bestätigte Krankheitsfälle gibt, die auf den Konsum dieser Erzeugnisse zurückzuführen sind", so Nompumelelo Obokoh von AfricaBio.

Der Kleinbauer Motlasi Musi hält den Ruf nach einem kontinentalen Genmaisverbot für einen Fehler, "begangen im Namen des Antiimperialismus". Afrika habe schon die grüne Revolution verpasst, man dürfe nicht auch noch die Gen-Revolution versäumen. "Sollen Afrikaner für Afrika entscheiden." (Ende/IPS/kb/2012)


Links:

http://www.climateemergencyinstitute.org/cc_s_africa_griffin.html
http://www.foei.org/
http://www.ipsnews.net/2012/11/africa-calling-for-a-gmo-free-continent/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2012