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INTERNATIONAL/136: Afrika - Fischfarmen helfen Mangelernährung und Armut zu besiegen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. August 2015

Afrika: Fischfarmen helfen Mangelernährung und Armut zu besiegen

von Jeffrey Moyo

Bild: © Jeffrey Moyo/IPS

Fischfarmen bieten vielen Afrikanern einen Ausweg aus der Armut
Bild: © Jeffrey Moyo/IPS

Harare (IPS) - Hillary Thompson wirft ein paar Reiskörner von seiner letzten Mahlzeit und Reste seines Hirsebiers in einen Swimmingpool, in dem er Fische züchtet. "Seit mehr als zehn Jahren verdiene ich mit diesem Hobby ein Vermögen", erklärt der 62-Jährige.

Thompson lebt in Milton Park, einem Viertel in der simbabwischen Hauptstadt Harare, wo er mehrere Immobilien erworben hat und vermietet. Er ist einer von vielen Simbabwern, die durch Fischzucht reich geworden sind.

Der Boom der Fischfarmen in Afrika dürfte den Vereinten Nationen entgegenkommen, die im Rahmen ihrer 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) für bewussten Konsum und ökologisch verträgliche Nahrungsproduktion werben. Zahlreiche Bewohner des Kontinents züchten Fische mittlerweile auch in Städten, wo die Bevölkerung oft mangelernährt ist.

In Simbabwe sind laut Statistiken des Agrarministeriums etwa 22.000 Menschen in der Fischzucht tätig. Ihren geschäftlichen Erfolg haben viele von ihnen dem 'Aquaculture Zimbabwe Trust' zu verdanken, der seit 2008 Finanzmittel für die nachhaltige Entwicklung umweltverträglicher Fischerei in dem Land bereitstellt, um die chronische Armut zu bekämpfen. Er bietet auch Fortbildungen in Fischzucht an, um die Entwicklung des Sektors weiter zu fördern.


Wichtige Proteinquelle

Laut der UN-Ernährungsorganisation FAO gibt es in dem ebenfalls im südlichen Afrika gelegenen Staat Malawi etwa 30.000 Fischfarmer. Fisch liefert den schätzungsweise 14 Millionen Einwohnern des Landes etwa 70 Prozent ihrer Proteinzufuhr. Die meisten Menschen sind dort zu arm, um sich Fleisch leisten zu können.

"Die finanziellen Risiken bei der Fischzucht sind so gering, dass sie jeder eingehen kann. Fisch verkauft sich schneller, weil er preisgünstig ist", meint Lewis Banda aus der zweitgrößten malawischen Stadt Blantyre.

In vielen afrikanischen Städten haben Fischfarmer ihre Swimmingpools und Hinterhöfe in Zuchtbecken umgewandelt. "Als ich vor acht Jahren nach Blantyre kam, war ich arm", sagt Banda. "Dank der Fischzucht kann ich mir jetzt ein Haus in der Stadt leisten."


Weltweites Milliardengeschäft

Global schätzt die FAO das Volumen des Fischhandels auf 51 Milliarden US-Dollar jährlich. Mehr als 36 Millionen Menschen sind direkt in den Bereichen Fischerei und Aquakultur beschäftigt, während 200 Millionen direkte oder indirekte Einkünfte durch Fisch erwirtschaften. Laut der UN-Organisation beziehen afrikaweit etwa zehn Millionen Menschen, von denen die Hälfte Frauen sind, direkte Einkommen aus dem Fischfang, der zu der Ernährung von weiteren 200 Millionen Menschen beiträgt.

In Uganda beispielsweise wird der in Seen gefangene Fisch für insgesamt mehr als 200 Millionen Dollar jährlich gehandelt. Dies sind 2,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Der Sektor beschäftigt rund 135.000 Fischer und weitere 700.000 Personen, die die - nicht immer nachhaltig gewonnene - Ware verarbeiten und verkaufen.

Die Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NEPAD) hat die Staaten der Region dazu aufgerufen, Fischfarmen zu fördern, um das Potenzial des Sektors voll auszuschöpfen und ihre Volkswirtschaften zu stärken, die Armut zu bekämpfen und die Nahrungssicherheit zu verbessern.

Im vergangenen Jahr stellte der Südafrikaner Alan Fleming, Direktor der Unternehmerorganisation 'The Business Place', in Kapstadt seine Idee vor, Schiffscontainer als Fischzuchtbecken zu nutzen. Dieser Vorschlag wurde von armen Gemeinden in dem Land begrüßt. "Dank Fleming können alle meine Kinder zur Schule gehen. Auch Geringverdiener wie ich können es sich leisten, in Schiffscontainern Fische zu züchten", sagt Mpho Ntabiseni aus der Armensiedlung Philippi in Kapstadt.


Finanzspritzen von Südafrikas Regierung

Angesichts des zunehmenden Rückgangs des traditionellen Fischfangs investierte die südafrikanische Regierung im vergangenen Jahr umgerechnet etwa 7,8 Millionen Dollar in Aquakultur-Projekte in allen vier Küstenprovinzen. 2014 arbeiteten etwa 71.000 Südafrikaner auf Fischfarmen, wie Daten der Umweltbehörde belegen.

Ernährungsexperten halten den Fischfarmen zugute, den Speiseplan vieler Menschen sinnvoll zu bereichern. "Die Fischzucht hilft mangelernährten armen Afrikanern, hochwertige Proteine zu sich zu nehmen", sagt der unabhängige Experte Agness Mwansa aus der sambischen Hauptstadt Lusaka.

"Die Verbraucher bevorzugen die in Aquakulturen gezüchteten Fische, weil sie in wenig oder gar nicht verschmutztem Wasser gehalten werden. Die hohe Nachfrage verschafft den Züchtern hohe Einkommen", erklärt Julius Sadi vom 'Aquaculture Zimbabwe Trust'.

Aus diesem Grund haben Geberorganisationen wie die britische Entwicklungsbehörde DlfD dem Aquakultursektor in Afrika in den vergangenen zehn Jahren entscheidende Starthilfe gegeben. Laut FAO-Studien sind in Subsahara-Afrika etwa 9,2 Millionen Quadratkilometer - 31 Prozent der gesamten Landmasse - für kleine Fischzuchtbetriebe geeignet. 24 Staaten in der Region - doppelt so viele wie 1990 - sind mit Nahrungskrisen konfrontiert.

Laut dem von der FAO und dem Welternährungsprogramm WFP gemeinsam herausgegebenen Bericht zum Stand der Nahrungsunsicherheit 2015 sind Ost- und Zentralafrika am stärksten betroffen. Mehr als 30 Prozent der Bewohner dieser beiden Regionen gelten als unterernährt. Für viele Afrikaner dürften die Fischfarmen der einzige Ausweg aus der Armut sein. (Ende/IPS/ck/13.08.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/08/fish-farming-now-a-big-hit-in-africa/

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IPS-Tagesdienst vom 13. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. August 2015

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