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INTERNATIONAL/186: Solidarität mit Mensch und Natur - Konferenz von La Via Campesina (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 413 - September 2017
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Solidarität mit Mensch und Natur
Internationale Konferenz von La Via Campesina tagte in Europa im Baskenland

Von Doro Sterz, junge AbL


Vom 19. bis zum 24. Juli 2017 waren über 450 Kleinbäuerinnen und -bauern aus mehr als 70 Ländern der Welt bei der 7. Konferenz von La Via Campesina (dt.: der bäuerliche Weg) vertreten. Ziel war es, die politische Deklaration von Via Campesina zu erneuern und den Aktionsplan für die nächsten Jahre bis zur nächsten Konferenz aufzustellen. Alle vier Jahre bringt eine solche internationale Konferenz Kleinbäuerinnen und -bauern zusammen, die alle unter sehr verschiedenen Bedingungen ihrer jeweiligen Regionen aber doch mit ähnlichen Herausforderungen arbeiten. Allen gemeinsam ist der Widerstand gegen die Übermacht von Konzernen auf den zunehmend liberalisierten Märkten und der Wunsch nach einer wirtschaftspolitischen Ordnung, die ein gutes und selbstbestimmtes Leben für Kleinbäuerinnen und -bauern möglich macht.

Mitbestimmung und Solidarität

In Vorbereitung auf die Konferenz fanden sowohl eine Jugendversammlung als auch eine Frauenversammlung statt. Beide Gruppen sind wichtiger Bestandteil der Bewegung und sollen durch die extra Versammlungen gestärkt werden, um mit schon bearbeiteten eigenen Zielen in die Konferenz starten zu können. Die Jugendversammlung forderte, Jungbauern nicht nur als Zukunft anzusehen, sondern als ganz realen Teil der Gegenwart. Somit sollte ihnen auch ein Mitspracherecht bei Entscheidungen zustehen, die sowohl heute als auch morgen Auswirkungen haben können. Einer von zwei Schwerpunkten der Frauenversammlung lag auf konkreten Möglichkeiten, gegen jegliche Gewalt vorzugehen, die gegenüber Frauen ausgeübt wird - egal ob physisch, psychisch, verbal oder ökonomisch. Damit verbunden soll die Partizipation der Frau auch in Führungsrollen gestärkt werden. Außerdem befassten sich die Teilnehmerinnen mit der Verantwortung, die wir alle gegenüber anderen unterdrückten Minderheiten haben. Die Frauenbewegung in La Via Campesina sollte ein Startpunkt sein, um auch anderen Minderheiten, wie Migrantinnen und Migranten sowie LGBT*I (Abkürzung für: Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Transsexuell/Transgender und Intersexuell) Akzeptanz, Unterstützung und Solidarität entgegenzubringen.

Bäuerliche Rechte

Die Gesamtkonferenz hatte als Leitspruch: "Wir ernähren unsere Bevölkerung. Wir bauen die Bewegung auf, um die Welt zu verändern." Der erste Satz bezieht sich darauf, dass Kleinbäuerinnen und -bauern mit traditionellem Wissen immer noch 80 Prozent der Weltbevölkerung ernähren. Aus diesem Grund müssen ihnen eigene bäuerliche, in politischen Prozessen zu berücksichtigende Rechte zugesprochen werden, damit den Menschen auf lokaler Ebene die Möglichkeit zur eigenen Versorgung durch Zugang zu Land, Wasser, Saatgut, Bildung und politischer Partizipation gegeben ist. Agrarökologie, als bäuerliches Wirtschaftsprinzip, ist dabei die Grundlage für das Streben nach Ernährungssouveränität. "Wir bauen die Bewegung auf" bezieht sich auf die wachsende Anzahl an Bäuerinnen und Bauern, Fischerinnen und Fischern, indigenen Völkern und Menschen aus ländlichen Gegenden, welche in La Via Campesina die Möglichkeit zu Vernetzung, gegenseitiger Stärkung und Veränderung sehen. Dabei besteht natürlich der Bedarf, die Organisation strukturell zu entwickeln, um die Kommunikation zu vereinfachen, aber auch um Gerechtigkeit innerhalb der Organisation zu erhalten und jede Gruppe zu Wort kommen zu lassen.

Vor Ort mit der Welt im Blick zum großen Ziel, die Welt zu verändern, heißt es in der Deklaration, dass nie wieder Politik gemacht werden soll, in der die Stimme der Bäuerinnen und Bauern zu leise ist, um gehört zu werden. Die Welt soll sich in Richtung Solidarität mit Mensch und Natur verändern. In Deutschland haben die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, die Teil von La Via Campesina ist, zum Glück nicht mit gewalttätigen Übergriffen und weniger mit politischer Unterdrückung zu kämpfen als Bäuerinnen und Bauern in anderen Teilen der Welt. Doch auch hier geht es um beharrliche Arbeit, um Einfluss auf politische Prozesse zu bekommen und Veränderung mitzugestalten - die Entwicklungen in Deutschland haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Rest der Welt. Darum muss lokal gehandelt werden, aber immer mit Blick auf internationale Zusammenhänge und die weltweite Arbeit von Bäuerinnen und Bauern.


Weitere Informationen und Möglichkeiten zum Engagement gibt es hier: viacampesina.org; Europäische Koordination: eurovia.org Ansprechpartner in der AbL: Paula Gioia, paula.gioia@eurovia.org

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 413 - September 2017, S. 16
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2017

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