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LANDWIRTSCHAFT/1726: Unterdurchschnittliche Getreideernte (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 22. August 2017

"Die Getreideernte ist in diesem Jahr vielerorts ein
Nervenspiel"

Bauernpräsident Rukwied zieht Erntebilanz 2017: Unterdurchschnittliche Getreideernte


Die deutschen Bauern fuhren in diesem Jahr nur eine unterdurchschnittliche Getreide- und Rapsernte ein. Der äußerst wechselhafte Sommer mit regional sehr unterschiedlich aufgetretenen Wetterextremen hat die Erntearbeiten teilweise massiv behindert und verzögert. Die Ernte in Norddeutschland und in einigen Höhenlagen ist derzeit immer noch nicht abgeschlossen. Für Deutschland zeichnet sich 2017 eine Erntemenge von 44,5 Millionen Tonnen Getreide ab. Damit wird das enttäuschende Vorjahresergebnis (45,4 Millionen Tonnen) noch einmal um zwei Prozent verfehlt. 2015 wurden fast 49 Mio. Tonnen Getreide geerntet. Deutlicher fielen die Einbußen bei Raps aus: mit nur 4,3 Millionen Tonnen Winterraps wurden 6 Prozent weniger Raps als im Vorjahr geerntet. Dies geht aus dem abschließenden Erntebericht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) hervor, der wie die zwei Zwischenberichte auf den Meldungen der Landesbauernverbände über die tatsächlich geernteten Flächen und Mengen beruht.

"Die diesjährigen Getreide- und Rapserträge zeichnen sich durch große regionale Unterschiede aus, bleiben abgesehen von der Gerste im Bundesdurchschnitt jedoch hinter dem Vorjahresergebnis zurück. Die Witterungsbedingungen waren nicht optimal und vielfach durch Extremwetterereignisse geprägt, die auch im Ackerbau Schäden verursacht haben," kommentierte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, das abermals für die deutschen Bauern enttäuschende Ernteergebnis. Zwar konnten die Erträge in einzelnen Regionen wie Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein gegenüber dem sehr schwachen Vorjahr deutlich verbessert werden, die Landwirte im Westen und Südwesten Deutschlands dagegen mussten nach den schwachen Vorjahreserträgen weitere Ertragseinbußen hinnehmen. Auch die Betriebe in Mitteldeutschland (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen) verzeichneten geringere Erträge als 2016, allerdings wurde damals eine überdurchschnittliche Getreideernte eingefahren.

Ausgehend von vielfach zu trockenen Aussaat- und somit schlechten Auflaufbedingungen für den Winterraps setzten sich die geringen Niederschlagsmengen im Winter 2016/2017 und in diesem Frühjahr fort. Auf einen warmen März folgte am 19./20. April ein Kälteeinbruch mit Nachttemperaturen von bis zu minus 7 Grad Celsius. Mitte Juni herrschte in Deutschland verbreitet eine sehr heiße und extrem trockene Witterung, an die sich mit Sturmtief "Paul" erste Hagel- und Starkregenereignisse anschlossen. Die mit Beginn der Wintergerstenernte einsetzende sehr wechselhafte Witterung mit verbreitet hohen Niederschlagsmengen setzte sich im Juli fort. Der Juli war laut Deutschem Wetterdienst einer der zehn niederschlagsreichsten Julimonate seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Bundesweit fielen rund 130 Liter Regen pro Quadratmeter, was 163 Prozent des durchschnittlichen Juli-Niederschlags entspricht. Die letzten Juli-Tage waren regional zudem von ergiebigem Dauerregen geprägt. "Erntereife Getreidebestände lagern, was die Erntearbeiten erschwert und die Kosten durch Trocknung erhöht. Das im August weiterhin unbeständige Sommerwetter mit immer wiederkehrenden Niederschlägen hat die Erntearbeiten verzögert. Die Ernte 2017 wurde zu einem Nervenspiel für unsere Ackerbauern, die in ihrem Bemühen um den Erhalt von Mengen und Qualitäten der Getreide- und Rapsernte stark gefordert wurden", so der Bauernpräsident.


Der Deutsche Bauernverband legt für die einzelnen Kulturen die folgende Erntebilanz vor:

Die mit Abstand am häufigsten angebaute Getreideart in Deutschland ist mit einer Anbaufläche von 3,14 Millionen Hektar Winterweizen, der stark unter den widrigen Witterungsverhältnissen gelitten hat. Zunächst traf die Hitzewelle im Juni die Winterweizenbestände während der Ausbildung des Ertrages, d.h. in der Kornfüllungsphase, die mit dem trockenheits- und hitzebedingten Stress durch die sogenannte Notreife abgebrochen wurde. Im Juli und August litten die erntereifen Weizenbestände unter den wiederkehrenden Niederschlägen, welche die Bestände regelrecht haben zusammenbrechen lassen. In der Folge sind die Weizenbestände - wie der Landwirt sagt - ins Lager gegangen, wodurch die Ernte zusätzlich erschwert wurde. Die regenbedingten Ernteunterbrechungen haben dazu geführt, dass der Winterweizen an den Küstenregionen Norddeutschlands und in einigen Höhenlagen noch nicht vollständig abgeerntet werden konnte. Regional hat auch Dauerregen die Befahrbarkeit der Flächen unmöglich gemacht. Vor diesem Hintergrund geht der Deutsche Bauernverband von einem Durchschnittsertrag von gut 7,4 Tonnen Weizen pro Hektar aus. Damit wird das Vorjahresergebnis von 7,7 Tonnen um gut drei Prozent, der fünfjährige Mittelwert von 8 Tonnen pro Hektar sogar um nahezu 7 Prozent verfehlt. Unter Berücksichtigung der Anbaufläche ist somit für Winterweizen eine Erntemenge von insgesamt 23,4 Millionen Tonnen zu erwarten. Gegenüber der letztjährigen Erntemenge von 24,1 Millionen Tonnen entspricht dies einem Rückgang um mehr als 720.000 Tonnen bzw. 3 Prozent. Neben den Ertragsverlusten haben sich die Qualitäten der erntereifen Weizenbestände durch die Regenfälle verringert. So haben die Fallzahlen - neben dem Proteingehalt ein wichtiges Kriterium für die Eignung von Weizen als Brotgetreide - bei den später geernteten Partien deutlich abgenommen. In der Folge können Landwirte diesen Weizen oftmals nur noch als Futterweizen vermarkten. Um diesen Verlust zu vermeiden, haben Landwirte regional auch die Ernte des Weizens mit zu hohen Feuchtigkeitsgehalten in Kauf genommen. Die Getreidepartien müssen kostenaufwendig zunächst getrocknet werden. Nach dem schleppenden Ernteverlauf wird somit die Nachernte-Logistik ebenfalls aufwendiger.

Die Ernte der Wintergerste ist beendet. Die Anbaufläche wurde in Relation zur vergangenen Ernte um drei Prozent auf 1,23 Millionen Hektar eingeschränkt. Die Erträge übertreffen mit 7,2 Tonnen pro Hektar das Vorjahresergebnis von 7,1 Tonnen pro Hektar nur leicht, so dass insgesamt eine Wintergerstenernte von 8,8 Millionen Tonnen herangewachsen ist. Die letztjährige Erntemenge wird somit nur um knapp zwei Prozent verfehlt, der fünfjährige Durchschnitt in Höhe von 8,7 Millionen Tonnen dagegen leicht übertroffen.

Sommergerste wurde in diesem Jahr auf 341.000 Hektar angebaut, womit die Bedeutung des Sommergerstenanbaus im Vergleich zum fünfjährigen Durchschnitt (400.000 Hektar) um fast 15 Prozent abgenommen hat. Wichtige Anbauregionen sind Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Im Bundesdurchschnitt wurden bei der Sommergerste Erträge von 5,4 Tonnen pro Hektar erzielt, so dass sich die Erntemenge auf insgesamt 1,85 Millionen Tonnen beläuft. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr (1,77 Millionen Tonnen) einer Steigerung der Erntemenge um fünf Prozent, gegenüber dem langjährigen Durchschnitt (2,22 Millionen Tonnen) jedoch einem Rückgang um mehr als 16 Prozent. Sommergerste findet vor allem als Braugerste Verwendung. Folglich ist die Einhaltung bestimmter Qualitätskriterien (Proteingehalt, Vollgerstenanteil) besonders wichtig für die Vermarktung der Sommergerste. Örtlich hat sich ein zu hoher Proteingehalt als problematisch erwiesen.

Die diesjährige Roggenernte beträgt nur 2,8 Millionen Tonnen. Gegenüber der letztjährigen Ernte in Höhe von 3,2 Millionen Tonnen ist die Erntemenge um gut zehn Prozent, gegenüber dem fünfjährigen Durchschnitt um rund 26 Prozent zurückgegangen. Zurückzuführen ist dies in erster Linie auf die diesjährige Anbaufläche von 538.000 Hektar (- 6 Prozent gegenüber Vorjahr, - 19 Prozent gegenüber dem Mittelwert 2012 - 2016). Im Bundesdurchschnitt liegt der Roggenertrag bei 5,3 Tonnen pro Hektar (- 5 Prozent gegenüber 2016), was unter anderem auf massive Ertragseinbußen im wichtigsten Roggenanbauland Brandenburg zurückzuführen ist.

Die wichtigste in Deutschland angebaute Ölpflanze ist Winterraps, dessen Anbaufläche zur Ernte 2017 1,31 Millionen Hektar betrug. Der Witterungsverlauf hat die Winterrapserträge deutlich gemindert. Sehr trockene Witterungsverhältnisse nach der Aussaat haben die Rapsbestände schlecht auflaufen lassen, was vielfach zu Beständen mit Lücken geführt hat. Zudem trafen die Frostnächte im April den Raps in der Blüte. Ein erhöhter Krankheits- und Schädlingsdruck sowie die Hitzewelle im Juni verringerten das Ertragspotenzial weiter. Abschließend verhinderten die regenbedingten Ernteunterbrechungen ein fristgerechtes Einbringen der Rapsernte, so dass es selbst beim Raps zum Auswuchs, d.h. zum Auskeimen der Rapskörner an der Rapspflanze kam. Aufgrund dieser widrigen Umstände liegen die Rapserträge im Bundesdurchschnitt nur bei 3,3 Tonnen pro Hektar (2012 - 2016: 3,9 Tonnen) und die Erntemenge insgesamt bei 4,3 Millionen Tonnen. Die Rapsernte liegt damit knapp 6 Prozent unter der Vorjahresernte in Höhe von 4,6 Millionen Tonnen und rund 18 Prozent unterhalb des fünfjährigen Durchschnitts (5,3 Millionen Tonnen). Neben den nicht zufriedenstellenden Erträgen enttäuschten vielfach auch die Ölgehalte. Diese liegen verbreitet um 40 Prozent.

Mais und Zuckerrüben profitieren bisher von dem Wechsel aus Regen und warmen, sonnenscheinreichen Tagen und konnten sich zuletzt positiv entwickeln, auch wenn feuchte und zugleich warme Witterung gerade bei Zuckerrüben die Gefahr von Blattkrankheiten birgt. Sowohl Mais als auch Zuckerrüben werden erst in den Herbstmonaten geerntet. Weiterhin warme Temperaturen und ausreichende Sonneneinstrahlung können sich daher noch positiv auf die Entwicklung des Kornertrages von Mais bzw. des Zuckergehaltes der Zuckerrüben auswirken.

Die Preissituation stellt sich wie folgt dar: Der nur zögerliche Erntefortschritt hat den üblicherweise mit dem steigenden Angebot während der Ernte einhergehenden Preisdruck abgemildert. Dennoch stellt sich die preisliche Situation für die deutschen Ackerbaubetriebe derzeit nur etwas besser als im Vorjahr dar. Für Brotweizen erzielt der Landwirt im Bundesdurchschnitt 153 (August 2016: 143) Euro pro Tonne, für Futtergerste 135 (August 2016: 121) Euro pro Tonne. Da die deutschen Ackerbaubetriebe im freien Wettbewerb zu anderen Getreideerzeugungsregionen der Welt stehen, blicken die deutschen Landwirte mit Interesse auf die in Europa und weltweit erzeugten Getreidemengen. Die europäische Getreideproduktion erreicht mit 296 Millionen Tonnen in etwa das Vorjahresniveau, wobei die Weizenproduktion innerhalb der EU-28 wieder auf gut 147 Millionen Tonnen gesteigert werden konnte (2016: 143). Weltweit werden nach den jüngsten Schätzungen des US-amerikanischen Landwirtschaftsministeriums voraussichtlich 743 (2016: 755) Millionen Tonnen Weizen produziert. Bei einem Verbrauch von 737 Millionen Tonnen wird es somit zu einem weiteren Aufbau der ohnehin äußerst komfortablen Lagerbestände auf 265 (Vorjahr: 259) Millionen Tonnen kommen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 22. August 2017
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2017

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