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ASYL/1125: Nächster Abschiebeflug nach Afghanistan am 23/24. Januar? (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 20. Januar 2017

Nächster Abschiebeflug nach Afghanistan am 23./24. Januar?

PRO ASYL appelliert an die Bundesländer: Sicherheitslage zur Kenntnis nehmen, Abschiebungsvorbereitungen stoppen!


PRO ASYL appelliert erneut dringend an die Bundesländer, die Vorbereitungen für Abschiebungen nach Afghanistan für den öffentlich bekanntgewordenen Termin zu stoppen.

PRO ASYL wirft dem Bundesinnenminister vor, die sachgerechte Lageeinschätzung des UNHCR nicht zur Kenntnis zu nehmen. Im Schreiben an die Länder vom 9. Januar 2017 behauptet der Bundesinnenminister schlicht das Gegenteil dessen, was die Realität ist: »Die Sicherheitslage in Afghanistan kann jedenfalls nicht als allgemein unsicher bezeichnet werden.« Und: »Einer solchen Intensivierung der Rückführung steht die allgemeine Bewertung der gegenwärtigen Sicherheitslage in Afghanistan nicht entgegen«.

Die Lageeinschätzung des UNHCR ist eindeutig: Das UNHCR stellt in seinem Bericht fest, dass das gesamte Staatsgebiet Afghanistans von einem »innerstaatlichen bewaffneten Konflikt« im Sinne des europäischen Flüchtlingsrechtes betroffen sei. Aufgrund der sich ständig ändernden Sicherheitslage könne man gar nicht zwischen sicheren und unsicheren Regionen in dem Bürgerkriegsland entscheiden.

PRO ASYL ist in höchstem Maß beunruhigt, dass SPD- und grün geführte Bundesländer Abschiebungen nach Afghanistan vorbereiten. »Das BMI verdreht die Realität, die Innenminister der Länder dürfen die Verdrehungen des BMI nicht für bare Münze nehmen. Die Abgeschobenen werden sehenden Auges in eine Gefährdungslage gebracht«, sagt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Mit der Etikettierung »junge, alleinstehende Männer« oder »Straftäter« soll die Hemmschwelle für Abschiebungen in ein Kriegs- und Krisengebiet gesenkt und Akzeptanz geschaffen werden. Auch Abschiebungen von jungen, alleinstehenden Männern oder Straftätern in ein Kriegs- und Krisengebiet sind bedenklich, da die Betroffenen sehenden Auges in eine Gefährdungslage geführt werden.

Die Gruppe der Abgeschobenen am 14. Dezember 2016 war sehr heterogen und die Mehrheit war gerade nicht straffällig. Unter ihnen waren überwiegend Personen, die bereits langjährig in Deutschland gelebt hatten. Viele waren langjährig geduldet, hatten Arbeit oder sogar Familie in Deutschland.

PRO ASYL fordert erneut, dass aufgrund der aktuellen Faktenlage gerade alle in der Vergangenheit abgelehnten Asylanträge neu zu bewerten sind. Der UNCHR hat in seinem Bericht aufmerksam gemacht, dass »die Bewertung des Schutzbedarfs stets aufgrund aller zum Zeitpunkt der Entscheidung verfügbaren, neuesten Erkenntnisse erfolgen muss. Bei einem bereits länger zurückliegenden negativen Abschluss eines Asylverfahrens wird somit häufig Anlass bestehen, aufgrund der Veränderung der Faktenlage eine neue Ermittlung des Schutzbedarfs vorzunehmen.«

Den vollständigen UNHCR-Bericht finden Sie unter [1].

Hier die wichtigsten Aussagen:

- »Unter Bezugnahme auf die Auslegung des Begriffs des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts durch den Europäischen Gerichtshof in der Entscheidung Diakité ist UNHCR der Auffassung, dass das gesamte Staatsgebiet Afghanistans von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne des Art. 15 c der EU-Qualifikationsrichtlinie betroffen«.
- »Ein pauschalierender Ansatz, der bestimmte Regionen hinsichtlich der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen, wie sie für den Flüchtlingsschutz oder den subsidiären Schutz relevant sind, als sichere und zumutbare interne Schutzalternative ansieht, ist nach Auffassung von UNHCR vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Afghanistan nicht möglich«.

Zum o.g. Termin: PRO ASYL ist der exakte Abflugzeitpunkt bzw. -ort nicht bekannt. Möglicherweise startet der Flieger schon am 23. Januar und landet am 24. Januar in Kabul.


Anmerkung:
[1] https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/2017-Bericht-UNHCR-Afghanistan.pdf

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 20. Januar 2017
Postfach 160 624, 60069 Frankfurt/M.
Telefon: +49 069 - 23 06 88, Fax: +49 069 - 23 06 50
E-Mail: proasyl@proasyl.de
Internet: www.proasyl.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Januar 2017

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