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ASYL/1468: Flüchtlingsrat fordert allgemeinen Abschiebungsstopp (Flüchtlingsrat Niedersachsen)


Flüchtlingsrat Niedersachsen - 3. April 2020

Flüchtlingsrat fordert allgemeinen Abschiebungsstopp

- Übersicht des Auswärtigen Amts und der Bundespolizei: Abschiebungen faktisch unmöglich
- Neun Integrationsbeauftragte fordern bundesweiten Abschiebungsstopp


Nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sämtliche Dublin-Überstellungen bereits am 17. März 2020 (vorerst) bis zum 19. April 2020 ausgesetzt hat, zeigt die Übersicht "Einreisebeschränkungen sowie Beschränkungen der Rückführungen i.Z.m COVID-19" des Auswärtigen Amtes und der Bundespolizei mit Stand vom 25. März 2020, was ohnehin auf der Hand lag und von öffentlichen Stellen teilweise auch eingeräumt wird: Abschiebungen sind derzeit in weite Teile der Welt faktisch unmöglich, da der Flugverkehr aufgrund geschlossener Grenzen nahezu vollständig eingestellt und im Übrigen sehr stark reduziert ist.

Auch sofern Abschiebungen tatsächlich (wieder) durchgeführt werden können, fordert der Flüchtlingsrat Niedersachsen - wie auch zahlreiche weitere Organisationen - in Anbetracht der Corona-Pandemie, sämtliche Abschiebungen bis auf Weiteres auszusetzen und den Betroffenen langfristige Duldungen zu erteilen: Es ist aus menschrenrechtlicher Sicht unvertretbar, Abschiebungen in Staaten mit oftmals grundsätzlich fragiler und infolge der Corona-Krise vollends überlasteter medizinischer Infrastruktur durchzuführen, denn dadurch wird das örtliche Gesundheitssystem im Zweifel noch weiter überlastet. Zudem bergen Abschiebungen sowohl für die Betroffenen als auch für die Beamt_innen und das Flugpersonal ein inakzeptables Infektionsrisiko. Schließlich besteht die Gefahr, dass der Coronavirus in andere Länder weitergetragen und seine Ausbreitung beschleunigt wird.

Die Forderung, Abschiebungen ausnahmslos auszusetzen, erheben nunmehr auch neun der 16 Landesintegrationsbeauftragten, unter ihnen auch die Vertreterin Niedersachsens, die Landtagsabgeordnete Doris Schröder-Köpf (SPD). Ihrer Auffassung nach bedarf es, im "Hinblick auf die Rechtssicherheit der Betroffenen, aber auch auf die weitere Ausbreitung des SARS-CoV-2 und die sehr dynamische Entwicklung in vielen Herkunftsländern" eines "generellen vorübergehenden Abschiebestopps in allen Bundesländern."

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert die Landesregierung auf, diesen Worten als bundesweite Vorreiterin schnell Taten folgen zu lassen und einen ausnahmslosen Abschiebungsstopp aus humanitären Gründen zu verfügen. Rechtlich ist ihr das möglich: Nach § 60a Abs. 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde, in Niedersachsen das Innenministerium, aus humanitären Gründen anordnen, dass Abschiebungen für längstens drei Monate ausgesetzt werden, wobei es den Bundesländern frei steht, diese Anordnung einmalig um weitere drei Monate zu verlängern. Einen Abschiebungsstopp über drei Monate hinaus können die Bundesländer nur dann verfügen, wenn das Bundesinnenministerium hierzu sein Einvernehmen erklärt, §§ 60a Abs. 1, 23 Abs. 1 AufenthG.

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Quelle:
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Röpkestr. 12, 30173 Hannover
Telefon: 0511/98 24 60 30, Fax: 0511/98 24 60 31
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Internet: www.nds-fluerat.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2020

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