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DEMOSKOPIE/498: Internationale Umfrage - Altersgruppe der 15- bis 45-Jährigen für Atomwaffenverbot (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. Mai 2013

Abrüstung: Altersgruppe der 15- bis 45-Jährigen für Atomwaffenverbot

von Ramesh Jaura



Berlin, 3. Mai (IPS) - Dürften junge Leute in Fragen der atomaren Abrüstung entscheiden, würden alle globalen Atomwaffen als unmenschlich eingestuft und geächtet. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage, die unlängst auf einer UN-Konferenz in Genf bekannt gegeben wurde.

Die von jungen Mitgliedern der buddhistischen Friedensorganisation 'Soka Gakkai International' (SGI) durchgeführte Umfrage zeigt, dass 91,2 Prozent der befragten Teilnehmer im Alter von 15 bis 45 Jahren der Meinung sind, dass Atombomben unmenschlich sind. 80,6 Prozent sprachen sich für ein umfassendes internationales Abkommen aus, dass alle Massenvernichtungswaffen ächtet.

Die mehr als zwölf Millionen Mitglieder zählende SGI setzt sich seit dem 8. September 1957 für die Abschaffung von Atomwaffen ein. Damals hatte der zweite Soka-Gakkai-Präsident Josei Toda in der Absicht, eine breite Öffentlichkeit hinter sich zu bringen, die Erklärung 'Ruf nach der Abschaffung von Atomwaffen' ausgegeben.

Der amtierende SGI-Chef Daisaku Ikeda brachte in seinem Friedensvorschlag von 2010 die Idee auf, 2015 zum Anlass des 70. Jahrestags der Atombombenangriffe auf Hiroshima und Nagasaki einen Gipfel für nukleare Abrüstung zu veranstalten. 2011 wiederholte er den Vorschlag und im Jahr darauf schlug er vor, die Konferenz für die Revision des Atomwaffensperrvertrags (NPT) 2015 in Hiroshima und Nagasaki stattfinden zu lassen.

In seinem diesjährigen Friedensvorschlag ging Ikeda noch einen Schritt weiter und forderte die Veranstaltung eines Gipfels zugunsten einer atomwaffenfreien Welt. "Der G8-Gipfel 2015, der 70. Jahrestag der Bombenangriffe auf Hiroshima und Nagasaki wären eine angemessene Gelegenheit für eine solche Konferenz, an der darüber hinaus Vertreter der UN und der Nicht-G8-Atomwaffenstaaten teilnehmen könnten sowie Mitglieder der fünf existierenden atomwaffenfreien Zonen (NWFZs) und die Staaten, die sich für die Abschaffung von Atomwaffen besonders engagieren."


Rückenwind für Atomwaffengegner durch Umfrage

In diesen Zusammenhang haben junge SGI-Mitglieder zwischen Dezember 2012 und Februar 2013 2.840 junge Männer und Frauen in neun Ländern - Japan, USA, Großbritannien, Italien, Österreich, Südkorea, Brasilien, Malaysia und Mexiko - befragt. Angesprochen wurden Menschen aus den offiziell anerkannten und nicht anerkannten Atomwaffenstaaten und Ländern, die unter dem US-Atomschutzschirm stehen oder zu den NWFZs gehören.

Die Bedeutung der Untersuchungsergebnisse wurde von der internationalen Anti-Atomwaffen-Bewegung 'Global Zero' im Zusammenhang mit der Tatsache betont, dass die neun offiziellen und inoffiziellen Atomwaffenstaaten im Jahr 2011 100 Milliarden US-Dollar für ihre Atomwaffenprogramme ausgegeben haben sollen.

Diese als konservativ geltende Schätzung entspricht neun Prozent der gesamten jährlichen Militärausgaben der Atomwaffenstaaten. Global Zero schätzt, dass diese Länder im Verlauf der nächsten zehn Jahre mindestens eine Billion Dollar für Atomwaffen und deren direkte Unterstützungssysteme ausgeben werden.

Russland, USA, Frankreich, Großbritannien und China werden in Artikel sechs des NPT formell als offizielle Atomwaffenstaaten anerkannt. Israel, Indien, Pakistan und Nordkorea gelten als inoffizielle Kernwaffenstaaten.

Die von den jungen SGI-Mitgliedern durchgeführte Studie war auf der Zweiten Sitzung des Vorbereitungskomitees (PrepCom) für die 2015 geplante NPT-Revisionskonferenz vom 22. April bis 3. Mai in Genf vorgestellt worden - etwa zwei Monate nach der bahnbrechenden zwischenstaatlichen Konferenz, die Norwegens Außenministerium vom 4. bis 5. März in Oslo organisiert hatte.

Der Fokus der Veranstaltung lag auf den Folgen eines Atomwaffeneinsatzes für die Menschen, die bereits auf der NPT- Vertragsstaatenkonferenz 2010 für eine Abschaffung von Atomwaffen angeklungen waren. In dem damaligen Abschlussdokument drückten die 189 NPT-Vertragsstaaten einschließlich die Atomwaffenstaaten Russland, USA, Großbritannien, China und Frankreich ihre "tiefe Sorge über die katastrophalen Auswirkungen auf die Menschen im Fall eines Atomwaffeneinsatzes" aus und bekräftigten die Notwendigkeit, "dass sich alle Staaten zu jeder Zeit an das internationale einschließlich humanitäre Recht" halten sollten.

Im November 2011 forderte der Rat der Delegierten der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, dem Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und der 187 nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften angehören, die Staaten in einer Resolution auf, "in gutem Glauben und mit Dringlichkeit die Verhandlungen entschlossen voranzubringen und abzuschließen, um ein Einsatzverbot und die Abschaffung von Atomwaffen durch ein rechtsverbindliches internationales Abkommen zu ermöglichen."

Auf der ersten Sitzung des Vorbereitungskomitees für die im Mai 2015 geplante NPT-Revisionskonferenz gaben 16 Länder unter Führung von Norwegen und der Schweiz ein gemeinsames Statement über die menschliche Dimension der atomaren Abrüstung heraus. Darin verwiesen sie auf den Umstand, dass selbst nach dem Ende des kalten Krieges die Gefahr der nuklearen Vernichtung Teil der internationalen Sicherheitsarchitektur des 21. Jahrhunderts sei.


Atomwaffen schutzlos ausgeliefert

Kritiker von Atomwaffen betonen immer wieder, dass die Hilfsorganisationen im Fall eines atomaren Angriffs nicht in der Lage sein werden, angemessen zu reagieren. "Die Auswirkungen einer Atombombenexplosion werden nicht vor nationalen Grenzen Halt machen und Staaten und Menschen in besonderer Weise regional und global treffen", warnen sie.

Diese Folgen und auch jene, die durch ein mögliches menschliches Fehlverhalten verursacht werden könnten, sind für die internationale Zivilgesellschaft Grund genug, eine führende Rolle in dem Bemühungen der atomaren Abrüstung zu spielen, meint Kimiaki Kawai, Direktor des SGI-Programms für Friedensfragen, im Palast der Nationen in Genf am 26. April.

David Krieger, der Gründungsdirektor der 'Nuclear Age Peace Foundation', hält zwar einen Atomkrieg für wenig wahrscheinlich, sieht aber die Gefahr einer radioaktiven Verstrahlung durch einen Zufall, eine Fehlberechnung oder einen Fehler im Design von Atomanlagen. Diese Gefahr sei durch den GAU in der Dai-ichi-Atomanlage in Fukushima deutlich geworden. Bis zu der nuklearen Katastrophe habe sich niemand auf der Welt ein solches Desaster vorstellen können.

"Wir wissen, dass Menschen versagen können. Wir sind weit davon entfernt, Perfektionisten zu sein, und können nicht verhindern, dass Menschen Fehler machen, wie sorgfältig sie auch immer sein mögen", unterstreicht Krieger. "Die menschliche Fehlbarkeit und Atomwaffen ergeben eine äußerst unberechenbare Mischung."

Doch Krieger warnte gleichzeitig davor, die Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt aufzugeben. "Verzweiflung ist die Anleitung zum Aufgeben. Doch Hoffnung bedeutet Wahl. Wir können die Hoffnung wählen", erklärte er in einem Redebeitrag bei der UNOG und empfahl seinen Zuhörern Mut und Hoffnung im Kampf um eine atomwaffenfreie Welt. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.sgi.org/
http://www.unog.ch/
http://www.peoplesdecade.org/
http://www.nuclearabolition.net/index.php?option=com_content&view=article&id=854:aiming-at-global-disarmament-by-2030&catid=16:nuclear-abolition-news-and-analysis&Itemid=17
http://www.peoplesdecade.org/pdf/npt2013/npt2013_01_text.pdf
http://www.globalzero.org/
http://www.wagingpeace.org/
http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/1558-youth-holds-out-hope-for-banning-nukes

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 3. Mai 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2013