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ENTWICKLUNGSHILFE/415: Mit moderner Technik die Armut auf der Welt bekämpfen (DGVN)


Eine-Welt-Presse Nr. 1/2010
Nord-Süd-Zeitung der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN)

Mit moderner Technik die Armut auf der Welt bekämpfen

Von Frank Kürschner-Pelkmann


China produziert die meisten Computer auf der Welt, Indien die dazu passende Software. Die "digitale Revolution" hat längst den Süden der Welt erreicht, auch den afrikanischen Kontinent. Ganz selbstverständlich gehören Handytelefonate zum Alltag in vielen afrikanischen Dörfern. Zwischen 2003 und 2008 hat sich die Zahl der Mobiltelefon-Verträge in Afrika um 550 Prozent erhöht und steigt rasch weiter. Jeder dritte Afrikaner hat inzwischen Zugang zu einem Mobiltelefon, und der Mobilfunk-Sektor des Kontinents zählt mehr als 100.000 Beschäftigte. Das ist nur ein Beispiel dafür, wie die Revolution mit Bits und Bytes auch "das letzte Dorf" erreicht.


Noch kostet ein Internetanschluss in Nairobi oder Dar es Salaam ein Mehrfaches von dem in Europa und dies bei weit niedrigeren Einkommen. Aber mehr Konkurrenz und bessere Technik lassen die Preise rasch sinken. Die Verfügbarkeit von Informationstechnologie wie PCs und vor allem Handys verändert den Alltag von Milliarden Menschen in aller Welt. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung hat inzwischen Zugang zu diesen Möglichkeiten der Kommunikation. Mussten viele Menschen bisher viele Kilometer laufen oder mit dem Bus fahren, um einen Geschäftspartner, einen Arzt oder einen Verwandten zu erreichen, genügt heute ein kurzer Anruf mit dem Handy. Das spart Zeit, kann wirtschaftlichen Erfolg bringen und Leben retten. Erfreulich auch, dass inzwischen eine große Zahl von Kindern in Afrika, Asien und Lateinamerika mit PCs und Laptops aufwächst und so Anschluss an eine globale Kommunikationswelt findet.


Vielfältige entwicklungspolitische Impulse

Die zunehmende Verfügbarkeit dieser Technologien erleichtert es, diese gezielt für die Gesundheitsaufklärung, die Landwirtschaftsberatung und andere entwicklungspolitische Aufgaben zu nutzen. Dabei hat es sich erwiesen, dass solche Initiativen besonders wirksam sind, wenn die Informationsverbreitung über elektronische Medien verknüpft wird mit persönlicher Beratung und Gesprächsangeboten. Große Vorteile bieten die neuen Technologien auch für die Entwicklungsplanung und die Durchführung von Entwicklungsprojekten.

Beträchtliche entwicklungspolitische Impulse gehen vor allem in Asien davon aus, dass die Produktion von Informations- und Kommunikationstechnologie immer stärker in Ländern erfolgt, in denen die Löhne niedriger sind als in Europa und Nordamerika. Ebenso werden die Software-Entwicklung und viele Dienstleistungsbetriebe wie Call-Center in den Süden der Welt verlagert. Das schafft vor allem in Städten wie Bangalore in Indien große Wachstumsimpulse, auch wenn nur ein Teil der Bevölkerung davon profitiert. Beunruhigend sind aber die schlechten Arbeitsbedingungen in vielen Fabriken in China und Call-Centern in Indien. Dennoch lässt sich nicht übersehen, dass die Ausweitung der IT-Wirtschaft vor allem in Asien zu höherem Wirtschaftswachstum und zu beträchtlichen Exporterlösen beiträgt.

Trotz solcher Erfolge gibt es in Afrika und in anderen Regionen im Süden der Welt weiterhin eine große "digitale Kluft". UN-Generalsekretär Ban Ki-moon betonte im Vorwort zu dem Bericht "Information Economy Report 2009", dass "der Weg immer noch lang ist, bis wir behaupten können, dass sich die 'digitale Kluft' signifikant vermindert hat". Diese Kluft besteht zwischen Ländern in einer Region, zwischen Landesteilen, zwischen Männern und Frauen, zwischen wirtschaftlich dynamischen Geschäftsleuten und "abgehängten" Konkurrenten und auch zwischen gebildeten Schichten und denen, die nicht Englisch verstehen, denn mehr als zwei Drittel aller Websites erfordern Englischkenntnisse. Und wer nie gelernt hat zu lesen und zu schreiben, ist ganz verloren in der digitalen Welt.


Engagement der Vereinten Nationen

"Ein besserer Zugang kann dazu führen, dass größere Erfolge auf dem Weg zur Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele möglich sind." Dies betonte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im Mai 2010 mit Blick auf die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien. Die Millenniums-Entwicklungsziele wurden im Jahre 2000 von Regierungschefs aus aller Welt in New York verabschiedet. Bis 2015 soll zum Beispiel der Anteil der Armen und Hungernden an der Weltbevölkerung halbiert werden, und es gibt ambitionierte Ziele zur Verbesserung der Gesundheits- und Bildungssituation in armen Ländern. Die Vereinten Nationen setzen sich daher vehement für eine Informationsgesellschaft für alle ein.

Verschiedene UN-Organisationen und -Programme arbeiten daran, dass moderne Informations- und Kommunikationstechnologien genutzt werden, um die wirtschaftliche und soziale Situation des armen Teils der Weltbevölkerung zu verbessern. Der erste Schritt ist, dass diese Technologien für alle verfügbar sind. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sagt deshalb: "Die Vereinten Nationen sind entschlossen sicherzustellen, dass Menschen überall auf der Welt einen gleichwertigen Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien haben."

Aber es reicht nicht, die Geräte aufzustellen und anzuschließen. Die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO fördert deshalb die Nutzung der Technologien für eine Beratung von Bauernfamilien und für eine bessere Vermarktung. So wird in manchen Ländern eine Landwirtschaftsberatung per Handy angeboten. Die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur UNESCO berät bei der Nutzung von PCs in Schulen. Eine Hilfe dabei sind einfache Computer, die nur 100 oder 150 Dollar kosten. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hilft zum Beispiel Ländern wie Äthiopien, die Gesundheitsinformationen in verschiedenen lokalen Sprachen über das Internet zugänglich zu machen. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen in der IT-Branche und für einen besseren Zugang von Frauen zu diesem Arbeitsfeld ein.

Die Verfügbarkeit moderner Informations- und Kommunikationstechnologien garantiert noch keine wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Aber ihr Fehlen verurteilt Menschen dazu, auch in Zukunft von den dynamischen Prozessen in Wirtschaft und Gesellschaft ausgeschlossen zu bleiben. Ohne moderne Technik verlieren ganze Länder die Chance, aktiv in die Weltwirtschaft einbezogen zu werden. Dass überall an den afrikanischen Küsten Glasfaserkabel verlegt werden, ist deshalb kein Luxus, sondern die Voraussetzung dafür, dass die schnelle Breitband-Kommunikation auch in Afrika zur Selbstverständlichkeit wird. Afrika kann so wirtschaftlich endlich zu einem "global player" werden. In diesem Prozess wird es darauf ankommen, dass die ökonomische und soziale Kluft zwischen Arm und Reich nicht weiter wächst, sondern alle profitieren - und das ist eine sehr viel schwierigere Aufgabe als die Verlegung von Kabeln in Ozeanen.


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Quelle:
Eine-Welt-Presse Nr. 1/2010, 27. Jahrgang, Seite 1-2
Nord-Süd-Zeitung der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN)
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Eine-Welt-Presse erscheint in der Regel einmal jährlich
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Oktober 2010