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MENSCHENRECHTE/239: Genf wird Sitz von internationaler Kommission gegen die Todesstrafe (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Oktober 2011

Menschenrechte: Genf wird Sitz von internationaler Kommission gegen die Todesstrafe

von Gustavo Capdevila


Genf, 12. Oktober (IPS) - Die Internationale Kommission gegen die Todesstrafe (ICDP) hat bei der Eröffnung ihres Sekretariats in Genf Guatemala vor einer Rückkehr zur Todesstrafe gewarnt. Ein solcher Schritt werde nichts gegen die ausufernde Kriminalität in dem zentralamerikanischen Land ausrichten, sagte der ICDP-Chef Federico Mayor Zaragoza.

Der ehemalige UNESCO-Generaldirektor (1987-1999) berief sich auf Äußerungen des rechtsgerichteten Präsidentschaftskandidaten Otto Pérez Molina, im Fall eines Wahlsiegs auf die "Gewaltsituation" und Angst im Lande" mit der Todesstrafe zu reagieren. Die Entscheidung fällt am 6. November, wenn der Ex-Militär in einem zweiten Wahldurchgang gegen seinen gemäßigten Herausforderer Manuel Baldizón antritt.


Nachvollziehbar aber wirkungslos

In vielen Ländern werde die Todesstrafe als bewährtes Mittel gegen Gewaltverbrechen propagiert, sagte Mayor Zaragoza. Auch wenn der Ruf nach der Todesstrafe gerade in Staaten mit einer hohen Gewaltrate und Drogenkriminalität nachvollziehbar sei - von der Hinrichtung der mutmaßlichen Täter gehe keine abschreckende Wirkung aus. Das sollten Befürworter der Todesstrafe wissen.

Die Einweihung des ICDP-Sitzes erfolgte im Rahmen der vierten ICDP-Konferenz vom 10. bis 11. Oktober. Zentrales Thema der Veranstaltung war die Anwendung der Todesstrafe im Zusammenhang mit Drogendelikten. Des Weiteren beschäftigte die Konferenzteilnehmer die Entscheidung einer zunehmenden Zahl afrikanischer Staaten, die Todesstrafe abzuschaffen.

Europa und Südamerika sind Weltregionen, die mit Ausnahme Weißrusslands und Guyana quasi frei von der Todesstrafe sind. In diesen Regionen hätten sich die Länder gegenseitig darin bestärkt, von der Todesstrafe abzurücken, erläuterte Ruth Dreifuss, eine ehemalige Schweizer Staatspräsidentin (1999-2002).

Ebenso beschäftigte die Konferenz der Mangel an Informationen über die Zahl der chinesischen Opfer der Todesstrafe. Bekannt ist nur, dass in der Volksrepublik mit Abstand die meisten Menschen hingerichtet werden. Dreifuss betonte in diesem Zusammenhang, dass sich selbst Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International in Ermangelung konkreter Angaben auf vage Angaben wie "tausende Opfer" beschränkten.

Obwohl die UN-Folterkommission und andere internationale Abkommen jede grausame, unmenschliche und entwürdigende Behandlung oder Bestrafung von Menschen verbieten, gibt es 48 Länder, in denen die Todesstrafe als Form der Bestrafung vorgesehen ist. Mehr als doppelt so viele Länder - 104 - haben inzwischen die Todesstrafe abgeschafft, in 35 weiteren gilt ein Vollstreckungsmoratorium. "Somit werden in 139 Ländern keine Menschen mehr hingerichtet", sagte Mayor Zaragoza.


Universelles Vollstreckungsmoratorium angestrebt

Die Kommission hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2015 ein universelles Moratorium zu erreichen. Auch setzt sie sich dafür ein, dass Todesurteile nicht länger verhängt werden dürfen. Obwohl der Rückhalt in der UN-Vollversammlung für diese Ziele von Jahr zu Jahr zunehme, sei es bis Umsetzung noch ein weiter Weg, meinte Dreifuss.

Der CIPM gehören eine Vielzahl prominenter Politiker und Menschenrechtsexperten an. Dazu zählen die ehemalige UN-Menschenrechtshochkommissarin Louise Arbour, die Vorsitzende der pakistanischen Menschenrechtskommission Asma Jahangir, die Leiterin der UNESCO-Abteilung für Philosophie und Menschenrechte Ioanna Kuçuradi, die einstige Präsidentin der Philippinen Gloria Macapagal Arroyo, der frühere Ministerpräsident Giuliano Amato und der ehemalige algerische Außenminister Mohammed Bedjaoui. (Ende/IPS/kb/2011)


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IPS-Tagesdienst vom 13. Oktober 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Oktober 2011