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MENSCHENRECHTE/284: Sri Lanka - Regierung bereitet sich auf Konfrontation in Genf vor (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. März 2014

Sri Lanka: Regierung bereitet sich auf Konfrontation in Genf vor

von Amantha Perera


Bild: © 'Presidential Media Unit'

Der srilankische Präsident Mahinda Rajapaksa (re.) mit Ravinatha Ariyasinha, Sri Lankas Top-Diplomaten beim UN-Menschenrechtsrat in Genf
Bild: © 'Presidential Media Unit'

Colombo, 25. März (IPS) - Angesichts der Weigerung der Regierung Sri Lankas, eine externe Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen zum Ende des Bürgerkrieges zuzulassen, steht der Regierung die dritte Menschenrechtsresolution ins Haus. Ein entsprechender Entwurf wurde am 24. März an die Mitgliedstaaten des UN-Menschenrechtsrats (UNHRC) weitergeleitet.

Die zu erwartende Resolution beinhaltet anders als die beiden Male zuvor die Forderung nach einer internationalen Untersuchung der Vorwürfe, dass es in der letzten Phase des Bürgerkriegs, der mit dem Sieg der Regierungstruppen über die tamilischen Rebellen endete, zu massiven Verbrechen gegen die Menschlichkeit gekommen ist. Staatspräsident Mahinda Rajapaksa lehnt nach wie vor jede äußere Überprüfung der Anschuldigungen als Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes ab.


Menschenrechtler fordern internationale Untersuchung

"Wir haben einen Punkt erreicht, an dem jede Hoffnung, dass die Regierung von Sri Lanka die eigenen Menschenrechtsverstöße untersuchen lassen wird, vergebens ist", meinte Polly Truscott, Vizedirektorin der Asien-Pazifik-Sektion von 'Amnesty International', im IPS-Gespräch. "Nach jahrelangen leeren Versprechungen durch die Regierung ist es nun Sache der internationalen Gemeinschaft, eine unabhängige Untersuchung über die im Bürgerkrieg begangenen Kriegsverbrechen einzuleiten."

Ähnliche Forderungen kommen auch von anderen Organisationen wie 'Human Rights Watch' (HRW), der 'International Crisis Group' und der Internationalen Juristenkommission. "Wir sind zuversichtlich, dass der UNHRC auf seiner laufenden Sitzung eine solche internationale Untersuchung beschließen wird", meinte Sheila Varadan, Expertin für internationales Recht des Südasienprogramms der Internationalen Juristenkommission.

Auch wenn eine solche Entscheidung keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Verhalten der srilankischen Regierung haben werde, vermittle sie die Botschaft, dass die Weltgemeinschaft nicht bereit ist, ihre Menschenrechtsverpflichtungen zu ignorieren, sagte Varadan.

Anfang der 1980er Jahre hatten die 'Befreiungstiger von Tamil Eelam' (LTTE) in einem blutigen Krieg um einen unabhängigen Tamilenstaat im Norden des Landes gekämpft. Im Mai 2009 wurden die Rebellen nach zweieinhalb Jahrzehnten schließlich besiegt - allerdings nicht ohne mehr als 70.000 Menschen das Leben zu kosten.

Vor Beginn der laufenden UNHRC-Sitzungen hatte Sri Lankas Präsidialamtschef Lalith Weeratunga erklärt, dass die Kritiker seines Landes die von der Regierung angestoßenen positiven Entwicklungen im Norden des Landes außer Acht ließen. Wie er gegenüber einer ausgewählten Gruppe von Korrespondenten erklärte, hat Colombo 4,5 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung des Nordens investiert. So wurden Straßen und Infrastrukturprojekte gebaut und 94 Prozent der Gebiete in nur knapp fünf Jahren von Minen geräumt.

"Wo sonst auf Erden wurde in so kurzer Zeit eine solche Leistung erbracht?", fragte Weeratunga und fügte hinzu, dass die Regierung viel mehr Zeit brauche, um delikate Fragen wie Machtbeteiligung und Versöhnung zu klären.

Derzeit ist die Regierung dabei, zusammen mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) die Nöte der Familien von 'Verschwundenen' zu evaluieren. IKRK-Vertreter in Colombo erklärten gegenüber IPS, dass Weeratunga die noch in diesem Jahr fälligen Empfehlungen der Vermisstenkommission des Präsidialamts abwarten werde.

Doch Kritikern der Rajapaksa-Regierung gehen die Ankündigungen nicht weit genug. "Es ist schwerlich anzunehmen, dass die Vermisstenkommission mehr ist als ein Versuch der Augenwischerei", meinte Truscott. Sri Lanka sei seit langem bekannt dafür, solche Kommissionen in bestimmten Augenblicken einzurichten, um möglichst wenige Zugeständnisse machen zu müssen. "Es handelt sich im Grunde um eine weitere Verzögerungstaktik von Seiten der Regierung. Damit will sie den Eindruck vermitteln, das Richtige zu tun. Tatsächlich jedoch versucht sie sich ihrer Verantwortlichkeit zu entziehen."

Varadan ist der gleichen Meinung. "Es ist unwahrscheinlich, dass ein nationaler Untersuchungsprozess glaubwürdige Ergebnisse hervorbringen wird, zumal die Unabhängigkeit der Justiz unterlaufen wird. Die einzig wirklich reelle Option der Wahrheitsfindung ist eine internationale Untersuchung."


Kritikern politisches Kalkül vorgeworfen

Colombo wiederum vertritt die Meinung, dass derartige Argumentationen auf eine starke internationale LTTE-Lobby zurückgehen. Deren Stimmen seien für die Regierungen in Großbritannien und Kanada wichtig und wollten zufriedengestellt werden, erklärte Rajapaksa Anfang des Monats. Auch Indien könnte angesichts der bevorstehenden allgemeinen Wahlen geneigt sein, auf den Druck seiner Wähler im südlichen Bundesstaat Tamil Nadu zu reagieren und der Resolution zuzustimmen, betonte er.

Sri Lanka fürchtet zudem um die Unterstützung seines langjährigen Freundes Japan nach dem Besuch von US-Präsident Barack Obama Ende April in Tokio.

Weeratunga zufolge wissen die Kritiker seines Landes noch nicht einmal, wo auf der Weltkarte Sri Lanka zu finden ist. "Eine Resolution gegen ein Land zu unterstützen, von dem man nichts weiß, ist unfair", sagte er. Sri Lanka darf allerdings auf den Rückhalt der beiden politischen Schwergewichte China und Russland hoffen. Und von srilankischen Diplomaten ist zu hören, dass Colombo auch auf den Rückhalt vieler afrikanischer und asiatischer Länder zählen kann. (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/03/sri-lanka-prepares-geneva-showdown/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2014