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MILITÄR/916: Israel führt Weltmilitarisierungsindex - Nahost höchstgerüstete Weltregion (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. November 2012

Rüstung: Israel führt Weltmilitarisierungsindex - Nahost höchstgerüstete Weltregion

von Jim Lobe



Washington, 14. November (IPS) - Israel ist auf dem neuen Globalen Militarisierungsindex (GMI) des Bonner Internationalen Konversionszentrums (BICC) die Nummer eins auf der Rangliste der hochgerüsteten Länder der Welt. Demgegenüber liegt sein Erzfeind Iran auf dem 34. Platz. Tatsächlich sind mit Ausnahme von Jemen (37) und Katar (43) alle anderen Länder der Region militarisierter als die Islamische Republik.

Platz zwei geht an Singapur, gefolgt von Syrien, Russland, Jordanien und Zypern. Sechs der zehn am meisten militarisierten Staaten einschließlich Israel (1), Syrien (4), Jordanien (5), Kuwait (7), Bahrain (9) und Saudi-Arabien (10) gehören zur Region Nahost, während der iranische Nachbar Aserbaidschan erstmals zu den ersten zehn Plätzen aufgeschlossen ist. Er belegt den achten Platz.

Der ehemalige sowjetische Kaukasusstaat gehört dank seines enormen Ölreichtums inzwischen zu den wirtschaftlich am schnellsten wachsenden Nationen. Mit den Erdöleinnahmen hat sich das Land in den letzten Jahren moderne Waffensysteme gekauft, nicht zuletzt um auf Armenien (23) Druck auszuüben, die umstrittene Enklave Berg-Karabach zurückzugeben, die Baku in einem kurzen aber blutigen Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verloren hatte.

Der Index führt erstmals auch Bahrain unter den ersten Top Ten der militarisierten Länder. Das von Sunniten beherrschte Königreich geht mit Hilfe von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten zunehmend repressiv gegen die Forderungen der schiitischen Mehrheit nach demokratischen Reformen vor.


Alle nahöstlichen Staaten im ersten Viertel

Während der Nahe Osten hochgerüsteter ist als jede andere Weltregion - alle Einzelstaaten sind innerhalb der ersten 40 Plätze zu finden - scheint sich die Militarisierung der Region Südostasien mit Singapur an der Spitze zu beschleunigen, wie Jan Grebe betont, der bei BICC im Bereich der Waffenexportkontrolle forscht und maßgeblich an der Erstellung des Index mitwirkt.

Ebenso wie Singapur erhöhen auch China (82) und Indien (71) ihre Verteidigungsbudgets in relativ kurzer Zeit. Die jüngsten Territorialstreitigkeiten zwischen Peking und seinen Nachbarn im Süd- und Ostchinesischen Meer legen nahe, dass es in der Region zu einem Wettrüsten kommen könnte.

Um den Grad der Militarisierung der einzelnen Länder zu erfassen, stützt sich der GMI auf mehrere Indikatoren wie das Verhältnis der Militärausgaben zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) und zu den staatlichen Gesundheitsausgaben (Anteil am Bruttoinlandsprodukt). Berücksichtigt werden ferner die Gesamtzahl von (para)militärischem Personal und Reservisten im Verhältnis zur Zahl der Ärzte und zur Gesamtbevölkerung sowie die Anzahl der schweren Waffensysteme im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung.

Auf Grundlage dieser Indikatoren wird der Grad der Militarisierung erfasst und eine Punktezahl zwischen null und 1.000 Punkten vergeben. Je stärker militarisiert ein Land ist, desto höher fällt die Punktzahl aus.

Die Länder Subsahara-Afrikas und Lateinamerikas rangieren auf dem jährlich vom BICC aktualisierten Index, der die Militarisierung von 153 Staaten seit 1990 aufzeigt, relativ weit unten. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Das gilt sowohl für Angola (30), Chile (31), Ecuador (36), und Kolumbien (38). Im Gegensatz dazu rangiert Brasilien, das über den größten Verteidigungshaushalt Lateinamerikas verfügt, auf dem 76. Platz.

Einige Länder, die als hoch militarisiert eingestuft werden, wurden auf dem diesjährigen GMI nicht berücksichtigt. Dazu gehören Nordkorea und auch Eritrea, das im letzten Jahr noch unter den ersten Top Zehn gelistet wurde. Viele Jahre lang hatte auch Südkorea zu den obersten zehn der hochgerüsteten Länder gezählt. Auf dem diesjährigen GMI fiel es auf den 18. Platz zurück.

Eritrea, dass von 1998 bis 2000 einen Krieg mit Äthiopien ausgefochten hatte und jede Kritik im Land entschieden unterdrückt, erzielte 2004 1.000 Punkte und blieb in den beiden darauffolgenden Jahre ebenso in Führung.

Israel, das seit nunmehr 45 Jahren palästinensisches und syrisches Land besetzt, hat fast immer die Liste der bald 20 zurückliegenden Jahre getoppt. Es lag dieses Mal insgesamt 877,7 Punkte vor Singapur, das mit einer einzigen Ausnahme in diesem Jahrzehnt traditionell den zweiten Platz einnahm.

Neben den sechs hochgerüsteten nahöstlichen Staaten gibt es weitere Länder der Region, die auf dem GMI weit oben stehen. Dazu gehören Oman (11), die Vereinigten Arabischen Emirate (13), der Libanon (17), der Irak (26) und Ägypten (28). Sie alle sind militarisierter als der Iran, der sich beispiellosen wirtschaftlichen Sanktionen vor allen durch den Westen ausgesetzt sieht, der das Land beschuldigt, an einem waffenfähigen Atomprogramm zu arbeiten.


Nahost ein Pulverfass

Die hohe Militarisierung der nahöstlichen Staaten zeigt, wie sehr die Region einem Pulverfass gleicht. Am anderen Ende der GMI-Liste stehen mit wenigen Ausnahmen die Subsahara-Staaten. Südafrika belegt den 98. Platz, während das bevölkerungsreichste Land der Region, Nigeria, Platz 117 einnimmt.

Doch eine zu geringe Militarisierung ist durchaus mit Problemen behaftet, wie Jan Grebe meint. So könnten Staaten nicht mehr in der Lage sein, die territoriale Integrität aufrecht zu erhalten. "Diese Situation verweist auf ein scheinbar paradoxes Phänomen, dass nämlich einige staatliche Sicherheitsapparate nicht fähig sind, Gewalt und Konflikte zu verhindern, weil die entsprechenden Länder einen viel zu niedrigen Militarisierungsgrad aufweisen."

"Deutschland liegt im Jahr 2011 auf Rang 86. Hier macht sich möglicherweise schon das Sparprogramm der Bundesregierung, die bis 2015 8,3 Milliarden Euro im Bundeswehretat kürzen will, leicht bemerkbar", heißt es in dem GMI, der sich auf eigene Untersuchungsergebnisse sowie auf Daten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI, des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Instituts für strategische Studien stützt. "Auch die Reduzierung der Rüstungsbeschaffungen und der Sparzwang in ganz Westeuropa werden in der Zukunft höchst wahrscheinlich Auswirkungen auf die Militarisierung haben." Allerdings sei es noch zu früh, generell von einem rückläufigen Trend zu sprechen.

Griechenland rangiert auf dem GMI 2012 vor allen NATO-Staaten auf dem 14. Platz und somit weit vor seinem regionalen Gegner Türkei, das vor Bulgarien den 24. Platz belegt. Die beiden Länder mit den größten Verteidigungsbudgets sind die USA und China, die auf dem GMI auf dem 29. und 82. Platz stehen. (Ende/IPS/kb/2012)


Links:

http://www.bicc.de/fileadmin/Dateien/pdf/press/2012/Update_GMI_2012_Fact_Sheet_d_neu.pdf
http://www.ipsnews.net/2012/11/israel-ranked-as-worlds-most-militarised-nation/

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IPS-Tagesdienst vom 14. November 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2012