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REDE/750: Jung zur Beteiligung am Einsatz von NATO-AWACS in Afghanistan, 17.06.09 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung,
zur Beteiligung deutscher Streitkräfte am Einsatz von NATO-AWACS
im Rahmen der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in
Afghanistan vor dem Deutschen Bundestag am 17. Juni 2009 in Berlin


Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben am Freitag im NATO-Rat die Entscheidung getroffen, dass wir uns mit NATO-AWACS-Maschinen in Afghanistan engagieren. Lieber Kollege Stinner, ich will Ihnen gleich eine Antwort auf Ihre Frage geben. Im NATO-Rat gilt das Konsensprinzip. Sie wissen, dass dieser Konsens über eine längere Zeit leider nicht hergestellt werden konnte. Ich bin dankbar dafür, dass die Vorbehalte Frankreichs hinsichtlich der Finanzierung jetzt ausgeräumt werden konnten. Daran hat dankenswerterweise auch unsere Bundeskanzlerin mitgewirkt. Ich will Ihnen klar und deutlich sagen, dass wir uns darauf verständigt haben, die Zusatzausgaben für den Einsatz in Afghanistan innerhalb der Gemeinschaft aufzuteilen. Wir teilen den Betrag nach dem Schlüssel auf, der für unsere Beitragszahlungen für die NATO gilt. So zahlen wir beispielsweise rund 16 Prozent und die Franzosen rund elf Prozent. Das ist die Grundlage. Deshalb haben wir die Möglichkeit gehabt, diese Entscheidung am Freitag zu treffen.

Ich halte es für richtig und gut, dass wir diese Entscheidung jetzt endlich getroffen haben, weil der Luftverkehr in Afghanistan tagtäglich zunimmt. Sie konnten heute in der Zeitung lesen, dass im Rahmen des zivilen Luftverkehrs eine direkte Flugverbindung von Kabul nach Frankfurt eingerichtet worden ist. Wir haben aber ein unmittelbares Interesse an dem Einsatz auch im Hinblick auf unsere Soldatinnen und Soldaten; denn 51 Prozent der Flüge für den Transport von Material und Personal in Afghanistan, und zwar in Gesamt-Afghanistan, führen wir durch. Die Luftaufklärung für Gesamt-Afghanistan wird durch unsere Tornados geleistet. Sie wissen, dass unsere amerikanischen Freunde sehr deutlich signalisiert haben, sich weiter zu engagieren, was weitere Lufttransporte nach sich zieht, sodass wir ein eminentes Interesse daran haben, wegen der noch nicht vorhandenen Sicherheitsstrukturen in Afghanistan die Flugsicherung durch NATO-AWACS-Maschinen zu gewährleisten. Eine Flugsicherung ist auch im Interesse unserer Soldatinnen und Soldaten und dient ihrem Schutz. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Mandat.

Ich möchte einen zweiten Aspekt vortragen. Die vier AWACS-Maschinen sollen zunächst - auch das gehört zum Mandat - in Konya in der Türkei stationiert werden. Wir haben aber das Ziel, sie näher an Afghanistan heranzubringen. Das heißt, es finden Verhandlungen mit Staaten der Golfregion statt, um die Flugzeuge in Zukunft dort stationieren zu können. Im Übrigen, Herr Kollege Stinner, werden selbstverständlich die Aufgaben wahrgenommen, die im Mandat beschrieben worden sind. Ich will nicht ablenken, aber das hat mit der Operation "Atalanta" nichts zu tun; denn das ist ein europäischer Auftrag. Die Verantwortlichkeiten werden klar und deutlich, wie beschrieben, im Rahmen der NATO wahrgenommen.

Dritter Punkt: Es wird ein Luftlagebild erstellt, die Luftverkehrsbewegungen werden entflochten, und der zivile und der militärische Flugverkehr werden koordiniert. Weiterhin wichtig sind die Koordination der Luftbetankung, die Relaisfunktion im Kommunikations- und Datenaustausch für alle militärischen Luftraumnutzer und die Unterstützung von Luftoperationen der ISAF. Es ist richtig, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen diesen Beschluss im Hinblick auf die Kooperation von ISAF und OEF gefasst hat. Das ergibt sich gerade aus dem gesamten Luftverkehr und der entsprechenden Flugsicherung. Ich möchte aber hervorheben, dass AWACS-Flugzeuge nicht die Funktion und auch nicht die Fähigkeit zur Bodenaufklärung haben. Sie haben auch keine Feuerleitfähigkeit für Luft-Boden-Einsätze. Daher gibt es schon eine Unterscheidung. Das ist auch richtig so, wenn der entsprechende Auftrag erfüllt werden soll.

Die Heimatbasis für AWACS-Flugzeuge ist, wie Sie wissen, Geilenkirchen. Der Anteil deutscher Soldaten im Verband beträgt 40 Prozent.

Das Mandat sieht bis zu 300 Soldaten für diesen Auftrag vor. Warum? Etwa 100 Kräfte werden im unmittelbaren Einsatz sein. Wir werden auch für Kontingentwechsel und so weiter Vorsorge treffen müssen. Außerdem brauchen wir in den Regionen - ich habe gerade davon gesprochen, dass wir eine Verlegung in die Golfregion beabsichtigen - entsprechende Absicherungen. Notwendig sind dort eine ausreichende Logistik und Unterstützung im Bereich der Sanität. Das Mandat ermöglicht einen Einsatz von bis zu 300 Soldatinnen und Soldaten. Das schafft Flexibilität und gewährleistet die Erfüllung unseres Auftrages.

Ich will hier einen weiteren Aspekt vortragen: Wenn Sie diesem Mandat zustimmen, gilt es bis Dezember 2009 und damit bis zum Ablauf des Afghanistan Mandats. Dann können wir über das Afghanistan-Mandat grundsätzlich neu entscheiden. Auf uns kommen bis Dezember dieses Jahres einsatzbedingte Zusatzausgaben von ungefähr 4,2 Millionen Euro zu.

Ich möchte hervorheben: Mit diesen AWACS-Maschinen können wir einen wesentlichen Beitrag zur Gewährleistung von Flugsicherheit - sie ist in Afghanistan noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden - und damit zur Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten leisten. Richtig ist allerdings: Dort müssen die entsprechenden Strukturen aufgebaut werden. Ich selbst habe den Spatenstich zum Bau der Landebahn in Masar i-Scharif durchgeführt. Ich verweise auch auf die Entwicklung in Uruzgan. Auch wenn ich Ihnen keinen definitiven Zeitpunkt nennen kann, bis wann diese Strukturen aufgebaut sind, denke ich, dass wir auch auf diesem Gebiet vorankommen.

Eines ist allerdings klar: Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten hier einen wichtigen Beitrag zu unserer Sicherheit. Sie gewährleisten damit Stabilisierung durch den Einsatz von Leib und Leben. Gerade im Hinblick auf die Sicherheit unserer Bevölkerung ist das von entscheidender Bedeutung. Ich plädiere dafür, unseren Soldatinnen und Soldaten angesichts ihres schwierigen Einsatzes in Afghanistan dadurch zusätzlichen Schutz zu gewährleisten, dass wir die Flugsicherheit durch die NATO AWACS-Maschinen verbessern. Das ist ein wichtiger Beitrag, und deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zu diesem Mandat.


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Quelle:
Bulletin Nr. 70-1 vom 17.06.2009
Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung,
zur Beteiligung deutscher Streitkräfte am Einsatz von NATO-AWACS
im Rahmen der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in
Afghanistan vor dem Deutschen Bundestag am 17. Juni 2009 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2009