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WISSENSCHAFT/1150: Deutsche Forschungsgemeinschaft - Jahrespressekonferenz in Berlin (idw)


Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - 05.07.2012

DFG: Universitäten müssten auch künftig "das Herzstück des Wissenschaftssystems" sein

Jahrespressekonferenz in Berlin / Plädoyer für bessere Balance zwischen grundfinanzierter und drittmittelfinanzierter Wissenschaft, Forschung und Lehre / Jahresbericht 2011 vorgestellt



In der Diskussion um die künftige Struktur und Finanzierung des deutschen Wissenschaftssystems müssen nach Ansicht der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die Universitäten im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen. "Was immer in den kommenden Monaten an neuen Rahmenbedingungen, Kooperationsformen und Finanzierungsmodellen diskutiert werden wird: Den Universitäten gebührt dabei der Fahrersitz und das Steuerrad neuer Kooperationen", sagte DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner auf der Jahrespressekonferenz von Deutschlands zentraler Forschungsförderorganisation am Donnerstag, dem 5. Juli 2012, in Berlin. Die Universitäten müssten auch künftig "das Herzstück des Wissenschaftssystems" sein, betonte Kleiner und nahm damit auch Bezug auf entsprechende Äußerungen der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Professor Annette Schavan.

Um ihre tragende Rolle weiter erfüllen zu können, müssten die Universitäten allerdings besser finanziell ausgestattet werden, unterstrich Kleiner. Notwendig sei vor allem eine "bessere Balance zwischen grundfinanzierter und drittmittelfinanzierter Wissenschaft, Forschung und Lehre", so der DFG-Präsident.

Weitere Themen der Jahrespressekonferenz waren die kürzlich getroffenen Entscheidungen in der zweiten Phase der Exzellenzinitiative, die Jahresversammlung der DFG vom 2. bis zum 4. Juli in Dortmund und die dortige Ansprache von Bundespräsident Dr. h. c. Joachim Gauck sowie das Förderhandeln der DFG im vergangenen Jahr. An der Jahrespressekonferenz nahm neben dem DFG-Präsidenten und Generalsekretärin Dorothee Dzwonnek auch Professor Peter Strohschneider teil, der am 4. Juli von der Mitgliederversammlung der DFG in Dortmund zum künftigen Präsidentengewählt worden war und sein Amt am 1. Januar 2013 als Nachfolger des nach sechs Jahren turnusmäßig ausscheidenden Amtsinhabers Kleiner antreten wird.

Die Mitte Juni getroffenen Entscheidungen in der zweiten Phase der Exzellenzinitiative haben nach Ansicht der DFG deutlich gemacht, dass die Spitzenforschung in Deutschland sehr breit und vielfältig aufgestellt ist. "Mehr als zwei Drittel aller staatlichen Universitäten haben sich an dieser Runde des Wettbewerbs beteiligt, mehr als die Hälfte aller schaffte es bis in die Endrunde. Und die nun bewilligten 45 Graduiertenschulen, 43 Exzellenzcluster und elf Zukunftskonzepte kommen von deutlich mehr als einem Drittel der Universitäten", resümierte Kleiner.

Die Breite und Vielfalt der Spitzenforschung zeige sich auch bei der Fächerverteilung, so der DFG-Präsident weiter. Die nun ab November 2012 für fünf Jahre geförderten Projekte kämen aus allen Wissenschaftsbereichen. "Auch die Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften sind nicht nur gut vertreten - sie haben sich, trotz mancher Unkenrufe über angebliche Benachteiligungen oder inadäquate Förderformen, sogar noch verbessert und stellen nun mit 16 Graduiertenschulen und sechs Exzellenzclustern insgesamt das zweitgrößte Kontingent, noch vor den Natur- und den Ingenieurwissenschaften", hob Kleiner hervor. Bei der regionalen Verteilung sei nicht zuletzt der Erfolg der Technischen Universität Dresden herauszustellen.

Mit Blick auf die Finanzierung des Wissenschaftssystems begrüßte der DFG-Präsident zunächst ausdrücklich die jüngsten Finanzbeschlüsse der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern. Durch sie stehen der DFG im kommenden Jahr insgesamt rund 2,7 Milliarden Euro zur Verfügung. "Das ist ein starkes Signal dafür, welch hohe Priorität Wissenschaft und Forschung und ihre Förderung für die Politik haben", sagte Kleiner.

Die finanzielle Grundausstattung der Universitäten falle demgegenüber jedoch immer weiter zurück, kritisierte der DFG-Präsident. Dies habe zum einen negative Auswirkungen auf die akademische Ausbildung, zum anderen aber auch auf die Forschung und deren Förderung. Kleiner wörtlich: "Wir müssen in der Forschungsförderung immer am sinnvollsten von der konkreten Forschungspraxis ausgehen und uns fragen, was der Forschung besonders zu Gute kommt. Aus dieser Forschungspraxis wissen wir, dass Wissenschaft auch Entschleunigung und Ruhephasen zur Entwicklung und Entfaltung benötigt. Vor diesem Hintergrund müssen wir sensibel sein, wenn im Wissenschaftssystems eine kritische Grundstimmung gegen wachsenden Wettbewerbsdruck und Drittmittelzwang zu vernehmen ist und die Tätigkeit der Forscher in immer stärkerem Maße von der Drittmitteleinwerbung geprägt wird."

Um die finanzielle Ausstattung der Universitäten zu verbessern, ist nach Ansicht der DFG auch ein stärkeres Engagement des Bundes sinnvoll und notwendig. In diesem Zusammenhang unterstützte Kleiner auf der Jahrespressekonferenz den Vorstoß von Bundesforschungsministerin Schavan, zu einer Änderung des Grundgesetzes. "Der Bund sollte nach einer Grundgesetzänderung Projekte und Einrichtungen an Hochschulen fördern können", sagte der DFG-Präsident. Ebenso notwendig sei jedoch, die Länder in die Lage zu versetzen, ihren verfassungsgemäßen Aufgaben zur Finanzierung der Hochschulen nachzukommen.

Als ein "wichtiges Signal für die Wissenschaft und ihre Bedeutung für die Gesellschaft" wertete Kleiner den Besuch und die Ansprache von Bundespräsident Dr. h.c. Joachim Gauck auf der Festveranstaltung im Rahmen der DFG-Jahresversammlung. Der Bundespräsident habe sich damit wahrlich "Zeit für Wissenschaft" genommen, sagte Kleiner unter Bezug auf das Motto der Jahresversammlung und fügte hinzu: "Mich hat sehr beeindruckt, wie der Bundespräsident in einer sehr persönlichen Weise die Wissenschaft dazu ermuntert und aufgefordert hat, Verantwortung zu übernehmen und sich noch intensiver und noch verständlicher in die Debatten um die großen Zukunftsfragen einzumischen. Und sein Satz, dass das größte Verdienst der Wissenschaft die Erkenntnis sei, sprach uns allen aus dem Herzen."

Auf der Jahrespressekonferenz der DFG wurde auch der "Jahresbericht 2011" der Förderorganisation vorgestellt. Er illustriert auf rund 300 reich bebilderten Seiten in journalistisch aufbereiteten Beiträgen die Tätigkeits- und Förderschwerpunkte des vergangenen Jahres, darunter die Modularisierung des DFG-Programmportfolios, die Wahl der Fachkollegien und die Vorbereitungen zur zweiten Runde der Exzellenzinitiative, aber auch die Internationalisierungsstrategie der DFG.

In einem ausführlichen statistischen Teil präsentiert der Jahresbericht zudem die wichtigsten Zahlen und zahlreiche Grafiken zum Förderhandeln der DFG. Demnach standen der DFG 2011 insgesamt gut 2,5 Milliarden Euro zu Verfügung. Davon kamen 67,0 Prozent vom Bund, 32,7 Prozent von den Ländern und 0,3 Prozent aus Stiftungen und privaten Zuwendungen. Über alle Programme hinweg befanden sich insgesamt rund 32 500 Projekte in der laufenden Förderung. Davon waren mehr als 15 000 Projekte in der Einzelförderung angesiedelt, die damit auch 2011 das Rückgrat der Forschungsförderung durch die DFG war. Für sie wurden für das Jahr 2011 insgesamt rund 955 Millionen Euro an Fördermitteln bewilligt.

Bei den Koordinierten Programmen wurden in 259 laufenden Sonderforschungsbereichen mehr als 4890 Projekte durchgeführt. Das Bewilligungsvolumen betrug hier rund 561 Millionen Euro. Daneben wurden 223 Graduiertenkollegs (Bewilligungsvolumen: rund 143 Millionen Euro), 110 Schwerpunktprogramme mit knapp 3500 Projekten (rund 201 Millionen Euro) und 268 Forschergruppen mit über 2600 Projekten (rund 175 Millionen Euro) gefördert. Bei den sechs DFG-Forschungszentren betrug das Bewilligungsvolumen für 2011 insgesamt fast 42 Millionen Euro. In der auslaufenden ersten Phase der Exzellenzinitiative wurden für die 85 geförderten Einrichtungen für 2011 insgesamt rund 407 Millionen Euro bewilligt.

Nach Wissenschaftsbereichen verteilte sich die Bewilligungssumme zu rund 39 Prozent auf die Lebenswissenschaften, zu rund 24 Prozent auf die Naturwissenschaften, zu rund 22 Prozent auf die Ingenieurwissenschaften und zu rund 15 Prozent auf die Geistes- und Sozialwissenschaften.


Der "Jahresbericht 2011" ist im Internet auf der DFG-Homepage unter www.dfg.de/jahresbericht zugänglich. Dort findet sich auch der Berichtsteil "Programme und Projekte" mit einer Übersicht zu den bewilligten Fördermaßnahmen sowie zahlreichen weiteren Informationen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution306

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Marco Finetti, 05.07.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2012