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WISSENSCHAFT/1226: Jahrespressekonferenz der Forschungsgemeinschaft - Appell an die Politik (idw)


Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - 03.07.2014

DFG-Jahrespressekonferenz in Berlin: Dringender Appell an die Politik

• Bund-Länder-Einigung bei Finanzierungsfragen und Grundgesetz-Änderung muss umgesetzt werden
• Offene Fragen Exzellenzinitiative und Programmpauschale



Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die politischen Entscheidungsträger in Bund und Ländern aufgefordert, ihre jüngsten Einigungen in der Wissenschaftspolitik rasch und einvernehmlich umzusetzen. "Der Rahmen ist endlich gesetzt, jetzt muss er ausgefüllt werden. Dies gilt für die Änderung des Grundgesetzes zur erweiterten Mitwirkung des Bundes an den Hochschulen genauso wie für die Verwendung der zusätzlichen Milliardenmittel, die der Bund für die Länder freimacht", sagte DFG-Präsident Professor Peter Strohschneider am Donnerstag, dem 3. Juli 2014, in Berlin auf der Jahrespressekonferenz der größten Forschungsförderorganisation und zentralen Selbstverwaltungsorganisation für die Wissenschaft in Deutschland.

Auch nach der Einigung von Bund und Ländern seien wichtige Fragen offen, so der DFG-Präsident weiter: "Vor allem zur Verstetigung der Exzellenzinitiative und der Programmpauschale braucht die Wissenschaft schnell Klarheit und verlässliche Planungsperspektiven."

Die Jahrespressekonferenz fand einen Tag nach dem Ende der Jahresversammlung statt, die die DFG vom 30. Juni bis 2. Juli an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main abgehalten hatte. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "ErkenntnisWerte", das, so der DFG-Präsident auf der Jahrespressekonferenz, gerade in seinem Plural die Vielfältigkeit der Wertebeziehungen wissenschaftlicher Erkenntnis zu allen Bereichen von Gesellschaft aufzeige. Zur Festveranstaltung konnte die DFG zum dritten Mal nach 2006 und 2011 Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel begrüßen.

"Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Ansprache den hohen Stellenwert von Wissenschaft und Forschung für die Politik der Bundesregierung und darüber hinaus für unsere Gesellschaft insgesamt betont. Diesem Stellenwert hat die Große Koalition und haben der Bund und die Länder mit ihrer Einigung Ende Mai Rechnung getragen. Damit haben sie den Weg frei gemacht für eine nachdrückliche Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen und für die Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland insgesamt", sagte Strohschneider.

Die Umsetzung dieser Einigung bedarf aus Sicht der DFG jedoch weiterer Diskussion und Klärung. Der jetzt vorliegende Entwurf für eine Änderung von Artikel 91b des Grundgesetzes erschwere die geplante gemeinsame Förderung der Hochschulen durch Bund und Länder, indem er bei Vereinbarungen, die - so der Wortlaut - "im Schwerpunkt Hochschulen betreffen", die Zustimmung aller Länder voraussetze. Dieses Einstimmigkeitsprinzip sei hinderlich, die Formulierung "im Schwerpunkt" überdies zu unpräzise. "Entscheidend wird sein, dass der Bund sich tatsächlich, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, an der Grundfinanzierung der Hochschulen beteiligt", mahnte Strohschneider an.

Die Länder wiederum, so Strohschneider weiter, müssten die Mittel in Milliardenhöhe, die dadurch frei werden, dass der Bund das BAföG und die Aufwüchse im Pakt für Forschung und Innovation künftig allein trägt, tatsächlich in die Hochschulen investieren. "Die Hochschulen sind dringend auf eine Verbesserung ihrer finanziellen Grundausstattung angewiesen. Denn deren dramatische Erosion in den vergangenen Jahren ist derzeit das größte Problem des deutschen Wissenschaftssystems", betonte der DFG-Präsident.

Wie wichtig eine rasche und nachhaltige Verbesserung der Hochschul- und insbesondere der Universitätsfinanzierung ist, zeigt auch die Entwicklung des Förderhandelns der DFG. Nach dem auf der Jahrespressekonferenz ebenfalls vorgestellten "Jahresbericht 2013" förderte die DFG im vergangenen Jahr mit einem Etat von 2,63 Milliarden Euro in allen ihren Programmen insgesamt gut 29 800 Projekte. Davon waren rund 13 900 Projekte in der Einzelförderung angesiedelt, für die insgesamt rund 849 Millionen Euro Fördermittel bewilligt wurden. In den Koordinierten Programmen wurden insgesamt 841 Programme mit 13 400 Projekten und einer Gesamtbewilligungssumme von rund 1,14 Milliarden Euro gefördert.

Vor allem in der Einzelförderung ist dabei die Zahl der Förderanträge weiter angestiegen. Hier wurden 2013 rund 12 800 Anträge für die Einrichtung neuer oder die Fortsetzung bestehender Forschungsprojekte bei der DFG entschieden. Dies waren noch einmal rund 600 mehr als 2012, nachdem die Zahl der Anträge in den Jahren zuvor bereits stark angestiegen war. "Insgesamt hatte die DFG 2013 allein in der Einzelförderung rund 2800 Anträge mehr zu entscheiden als noch 2009", so Strohschneider. Auch die Antragssumme erhöhte sich ein weiteres Mal: Wurden 2012 in der Einzelförderung insgesamt gut 3,3 Milliarden Euro beantragt, so waren es 2013 rund 3,4 Milliarden Euro. 2009 hatte die Antragssumme noch bei 2,6 Milliarden Euro gelegen.

"Der Antragsdruck, der eine direkte Folge der unzureichenden Grundfinanzierung der Universitäten ist und der sowohl die Funktion von Drittmitteln als auch die der DFG zu verändern droht, ist also weiter gewachsen", bilanzierte Strohschneider. Dennoch ist es der DFG gelungen, die Förderquoten und damit die Erfolgschancen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 2013 wieder zu stabilisieren - freilich auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Dazu trugen nicht zuletzt finanzielle Umschichtungen in einzelnen Förderprogrammen bei, die vor allem der Einzelförderung zugutekamen. Bei ihr war die Förderquote bei Neuanträgen zwischen 2009 und 2012 kontinuierlich von knapp 47 Prozent auf gut 32 Prozent zurückgegangen. Dieser Wert hat sich 2013 auf 31 Prozent eingependelt. "Die besorgniserregende Negativdynamik ist damit offenbar zunächst gestoppt", sagte der DFG-Präsident.

Ein unverzichtbares Element der Finanzierung von Forschung an Hochschulen ist aus Sicht der DFG auch die Programmpauschale, mit der die Hochschulen seit 2007 für jedes DFG-geförderte Projekt zusätzlich 20 Prozent der Fördermittel für indirekte Projektkosten erhalten. Mit Blick auf die anstehende Entscheidung von Bund und Ländern über eine Fortführung der Programmpauschale über 2015 hinaus sagte der DFG-Präsident: "Angesichts der angespannten Finanzlage der Hochschulen ist die Programmpauschale eine wichtige Entlastung mit zudem erheblicher strategischer und innovativer Wirkung. Mit 20 Prozent stellt sie ohnehin lediglich eine Pauschale auf einen kleinen Anteil der indirekten Projektkosten dar, die in aller Regel deutlich höher liegen. Eine Weiterentwicklung und Verstetigung der Programmpauschale und ihre Überführung in den Haushalt der DFG liegt im dringenden Interesse der Wissenschaft in Deutschland." Sollte die Programmpauschale nicht fortgeführt werden, würde dies beträchtliche Belastungen für die Hochschulen nach sich ziehen und die Rahmenbedingungen für die Forschung insgesamt erheblich verschlechtern.

Baldige Entscheidungen der Politik mahnt die DFG auch bei der Exzellenzinitiative an, die 2017 ausläuft. "Die Exzellenzinitiative hat neue Dynamiken in das Wissenschaftssystem gebracht, für eine auch weiterhin nachhaltige und verlässliche Förderung der besten Forschung ist die Weiterentwicklung und Verstetigung der Förderfunktionen der Exzellenzinitiative unerlässlich", betonte Strohschneider. Das Programmportfolio der DFG sei dafür der "gegebene Ort", weshalb die DFG in diesen Monaten in einem breit angelegten internen Prozess diskutiere, wie die Förderfunktionen der Graduiertenschulen und Exzellenzcluster aus der Exzellenzinitiative in ihr Programmportfolio integriert und mit bestehenden Förderformaten wie Graduiertenkollegs, Sonderforschungsbereiche und Forschungszenten sorgfältig abgestimmt werden können.

Stellung nahm der DFG-Präsident schließlich auch zur Frage einer stärkeren Beteiligung der Forschung an Fachhochschulen an der DFG-Förderung. Wie Strohschneider betonte, sind Fachhochschul-Forscherinnen und -Forscher seit jeher antragsberechtigt und können von der DFG auch jetzt schon gefördert werden, sofern ihre Forschungen erkenntnisgeleitet und von entsprechender Qualität sind. "Dies setzt aber zwingend eine Antragsstellung voraus", sagte Strohschneider und verwies darauf, dass 2013 weniger als ein Prozent aller entschiedenen Förderanträge aus den Fachhochschulen gestellt wurden. Durch eine Reihe von Maßnahmen will die DFG nun versuchen, Forscherinnen und Forscher von Fachhochschulen den praktischen Zugang zu ihren Förderverfahren weiter zu erleichtern. So sollen Promovierende an Fachhochschulen über Promotionsplattformen mit Universitäten besser an den Graduiertenkollegs beteiligt werden und auch an Projektakademien teilnehmen können. Auch in Transferprojekten soll es künftig mehr Kooperation zwischen Universitäten und Fachhochschulen geben können.


Der "Jahresbericht 2013" ist unter www.dfg.de/jahresbericht/ zugänglich. Dort findet sich auch der Berichtsteil "Programme und Projekte" mit einer Übersicht zu den bewilligten Förderprojekten sowie zahlreichen weiteren Informationen. In gedruckter Form kann der Jahresbericht bestellt werden bei: Michael Hönscheid, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG, Tel. +49 228 885-2109, Michael.Hoenscheid@dfg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution306

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Marco Finetti, 03.07.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2014