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INTERNATIONAL/082: BRICS-Staaten gründen Neue Entwicklungsbank für die Länder des Südens (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Juli 2015

Finanzen: BRICS-Entwicklungsbank für die Länder des Südens - NGOs fordern Verpflichtung zu Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsprinzipien

von Kanya D'Almeida


Bild: Offizielles Flickr-Account für Narendra Modi/CC-BY-SA-2.0

Die Staatschefs von drei der fünf BRICS-Länder - Russland, Indien und Brasilien - auf dem BRICS-Gipfel 2014
Bild: Offizielles Flickr-Account für Narendra Modi/CC-BY-SA-2.0

NEW YORK (IPS) - Damit sich die von den BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gegründete Neue Entwicklungsbank (NDB) im Sinne einer erfolgreichen Armutsbekämpfung und nachhaltigen Entwicklung von den anderen internationalen Finanzorganisationen abhebt, haben 40 Nichtregierungsorganisationen in einem offenen Brief die Einhaltung von Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsprinzipien gefordert.

Die NDB, die mit 100 Milliarden Dollar an den Start gehen soll, ist zum Teil aus der Unzufriedenheit der Schwellenländer mit den traditionellen und von westlichen Ländern dominierten internationalen Entwicklungsinstitutionen wie Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) hervorgegangen.

Die BRICS-Bank soll unter anderem die Finanzierungslücken schließen, die die internationalen Kreditanstalten in Entwicklungs- und Schwellenländern hinterlassen haben. In einem Papier der internationalen Hilfsorganisation 'Oxfam' aus dem letzten Jahr heißt es, dass die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) und die Zuwendungen der multilateralen Entwicklungsbanken den Bedarf der Entwicklungsländer an Mitteln zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten gerade einmal zu zwei bis drei Prozent decken können.

Allein Brasilien, Russland, Indien und China generieren ein Viertel des globalen Bruttoinlandsproduktes (BIP). Mit rund drei Milliarden Menschen tragen sie zu 41,4 Prozent zur Weltbevölkerung bei. Die Grenzen dieser Länder umschließen ein Viertel der Landmasse des Planeten Erde.


Alter Wein in neuen Schläuchen?

Doch inzwischen regen sich in allen fünf BRICS-Staaten Zweifel daran, dass die neue Bank eine Alternative im Sinne der Armutsbekämpfung und nachhaltigen Entwicklung darstellt. Auch das in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern gängige Entwicklungsmodell setze auf export- und rohstofflastige Strategien und Maßnahmen, die negative soziale und ökologische Folgen hätten, heißt es in dem NGO-Schreiben vom 7. Juli zum BRICS-Gipfel in der zweiten Juliwoche im russischen Ufa. Ein solches Entwicklungsmodell verschärfe die Ungleichheiten in und zwischen den Ländern.

Will die NDB mit dieser Tradition brechen, muss sie sich nach Ansicht der NGOs vier Prinzipien folgen. So sollte sie eine Entwicklung für alle anstreben, Transparenz und Demokratie walten lassen, für die Einhaltung starker Standards sorgen und sich auf die Förderung wirklich nachhaltiger Entwicklungsvorhaben verlegen.

Obwohl es im NDB-Abkommen einen Artikel zur Transparenz und Verantwortlichkeit gebe, vermisse man Hinweise auf operative Transparenzmaßnahmen oder andere Mechanismen, die sich auf Rechenschaftspflicht bezögen, erklärte Gretchen Gordon, die Koordinatorin der 'Bank on Human Rights', die sich dem Aufruf angeschlossen hat. Das globale Netzwerk sozialer Bewegungen und Graswurzelorganisationen setzt sich dafür ein, dass die internationalen Finanzorganisationen höhere Menschenrechtsstandards bei der Finanzierung von Projekten anlegen.

Gordon bedauerte auch, dass es die BRICS-Staaten in dieser Frage an einer Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft mangeln ließen. "Was die Art der Entwicklung angeht, die die Bank anstrebt, können wir bisher keine Hinweise dafür erkennen, dass sie qualitativ einen anderen Kurs einschlägt als die Institutionen des Washingtoner Konsenses, betonte sie gegenüber IPS.

Die NGOs befürchten, dass die BRICS-Bank wie die Weltbank Großprojekten den Vorzug geben könnte, die bei der Armutsbekämpfung und dem Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen versagt hätten.


Übergriffe bei Weltbankprojekten

Tatsächlich hat das Internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) im April in einer Untersuchung nachgewiesen, dass in Asien, Afrika und Lateinamerika im Verlauf eines einzigen Jahrzehnts rund 3,4 Millionen Arme durch von der Weltbank und deren Internationaler Finanzkorporation (IFC) finanzierte Projekte vertrieben wurden. Obwohl diese Vorhaben maßgeblich zum Ausbau der Transportnetze sowie des Energie- und Wassersektors gedacht waren, verschärften sie die Armut und Ungleichheit von Millionen bereits marginalisierten Menschen.

Kurz nach dieser verheerenden Bilanz folgte die internationale Menschenrechtsorganisation 'Human Rights Watch' (HRW) mit einer weiteren, für die Weltbank desaströsen Studie. Demnach haben laxe Schutzmaßnahmen und Protokolle Übergriffe auf diejenigen nach sich gezogen, die die negativen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen der Weltbank-finanzierten Projekte angeprangert hatten.

Eine Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu befestigten und wetterbeständigen Straßen. 783 Millionen Menschen sind nicht ans öffentliche Stromnetz angeschlossen. Angesichts solcher Realitäten macht die Gründung einer von Ländern des Südens geführten Bank durchaus Sinn. Den NGOs zufolge sind Standards für eine inklusive und die Armen begünstigende Entwicklung wichtig, um zu verhindern, dass auch diese neue Entwicklungsbank am Ende Gewalt und Armut befeuert. (Ende/IPS/kb/09.07.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/07/will-the-new-brics-bank-break-with-traditional-development-models-or-replicate-them/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2015

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