Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → KOMMENTAR

FRIEDEN/0983: Kriegspartei Deutschland ... Vermittlung unmöglich (SB)



Noch vor zwei Tagen zeigte sich Außenminister Frank Walter Steinmeier auf dem Rückflug von seiner Nahostreise zuversichtlich, daß ein baldiger Waffenstillstand möglich sei. Obwohl die israelische Regierung kurz zuvor eine "neue Phase im Krieg gegen den Terrorismus" ankündigte, meinte Steinmeier, sich als Friedensstifter profilieren zu können. Nun, da der Beschuß des Gazastreifens auch noch ausgeweitet wurde und die Leiden der Palästinenser immer unerträglicher werden, erweist sich Steinmeiers Vermittlungsmission als opportunistisches Manöver, mit dem dem Aggressor zusätzliche Legitimation verschafft wurde.

Diese Blamage kann der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, mit seinem Werben für die Nahostpolitik der Bundesregierung nicht mehr ausbügeln. Indem er heute im Deutschlandradio Kultur die Ausgrenzung der Hamas aus dem Vermittlungsversuch Steinmeiers rechtfertigte und die Kriegsschuld ein weiteres Mal der Regierung in Gaza anlastete, rekapitulierte er sattsam Bekanntes, mit dem sich nicht einmal ein Blatt, geschweige denn ein ganzer Olivenzweig reichen läßt. Um hinlänglich deutlich zu machen, daß es der Bundesregierung um nichts anderes geht, als der israelischen Regierung beim Erreichen ihrer Kriegsziele behilflich zu sein, sprach der CDU-Politiker aus, was Steinmeier mit seinen Winkelzügen lediglich andeutet:

"Wir sind nicht Vermittler, weil wir nicht neutral sind. Wir stehen zu Israel und haben eine besondere Beziehung zu Israel. Das wissen aber auch die arabischen Staaten, das wissen die Palästinenser, das akzeptieren sie auch, weil wir in fairer Form versuchen, auch die Interessen der Palästinenser in unsere Bemühungen einzubeziehen."
(Deutschlandradio Kultur, 13.01.2008)

Selbst wenn laut der israelischen Zeitung Maariw vom Freitag 91 Prozent der jüdischen Israelis den Krieg gegen Gaza unterstützen und nur vier Prozent dagegen sind, dann bleiben immer noch über eine Million arabischer Israelis, die, wenn man das eigene Grundrecht auf Gleichheit ernst nähme, mit dem gleichen Recht wie ihre jüdischen Mitbürger gegen den Überfall auf die palästinensische Bevölkerung votieren. Das Abstraktum Israel, zu dem Merkel, Steinmeier und Polenz zu stehen behaupten, ist in sich widersprüchlich, und das nicht nur aufgrund einer kolonialistischen Expansionspolitik, dergegenüber die vom NS-Staat verfolgten Juden ebenso Opfer waren, wie es heute die Palästinenser sind. Indem sich deutsche Regierungspolitiker dafür entscheiden, der zionistischen Staatsdoktrin Israels zuzuarbeiten, anstatt die demokratischen und republikanischen Traditionen der eigenen Wertegemeinschaft hochzuhalten, demonstrieren sie, daß es um deren Substanz nicht besser bestellt ist als um den angeblichen Friedenswillen Steinmeiers.

Wen immer Polenz im Sinn hat, wenn er unterstellt, die Unterstützung der israelischen Kriegführung durch die Bundesregierung werde in der arabischen Welt akzeptiert, gehört dort zu einer kleinen, meist durch westliche Gelder und Institutionen protegierten Minderheit. Die Nahostpolitik der Bundesregierung ist ein Musterbeispiel an opportunistischer Servilität, die auszuhalten zweifellos gegenüber weniger mächtigen Akteuren durch besonders autoritäres Auftreten kompensiert wird.

13. Januar 2009