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FRIEDEN/0984: Israel plant kostengünstigen Wiederaufbau Gazas (SB)



Der vermeintliche Widersinn, bereits den Wiederaufbau Gazas zu planen, während man die Stadt noch zerstört, resultiert aus Kriegen wie der Eroberung des Iraks, in denen die schnelle Eroberung in einen jahrelangen Guerillakrieg mündete. Nicht nur den Krieg, sondern auch den Frieden gewinnen, lautet die den strategischen Konzepten westlicher Streitkräfte diesgemäß zu entnehmende Forderung. Gemeint ist damit allerdings nicht nur die Schaffung materieller Voraussetzungen für ein erträgliches Leben der Zivilbevölkerung des eroberten Landes, sondern auch das Gewinnen ihrer "hearts and minds".

Das dürfte im Falle der leidgeprüften Bevölkerung Gazas so schwer sein, daß sich die israelischen Planer vor allem auf die Wiederherstellung minimaler Existenzvoraussetzungen konzentrieren. Diese waren aufgrund der israelischen Belagerungspolitik bisher elend und werden es auch in Zukunft sein, wenn der Gazastreifen ein von Israel kontrolliertes und der Palästinensischen Autonomiebehörde oder internationalen Akteuren organisiertes Protektorat sein wird. Um auf diese Entwicklung nicht unvorbereitet zu sein, hat das israelische Militär Maßnahmen getroffen, um "humanitäre und Infrastruktur-Bemühungen zu unterstützen, die der palästinensischen Zivilbevölkerung dabei helfen, ihre Infrastruktur wieder aufzubauen, um ein normales Leben führen zu können" (Netzzeitung, 15.01.2009).

Laut dem israelischen Sozialminister Itzchak Herzog sei eine unmittelbare Beteiligung Israels am Wiederaufbau des Gazastreifen allerdings nicht vorgesehen. Das israelische Militär solle lediglich die Bemühungen und Warentransporte der internationalen Hilfsorganisationen koordinieren, so der Minister im israelischen Fernsehen (Netzzeitung, 15.01.2009).

Israel kam seiner Verpflichtung als Besatzungsmacht des Gazastreifens, die durch den Abzug der Siedler und Soldaten 2005 nicht beendet wurde, weil das Gebiet aufgrund der von Israel ausgehenden Einschränkungen nicht allein lebensfähig wurde, bisher nicht nach und wird dies auch in Zukunft nicht tun. Die israelische Regierung will allerdings auch nicht tatenlos dabei zusehen, wie andere die von ihr zu verrichtende Arbeit leisten, weil dies einen Kontrollverlust bedeutete. Die zugleich für den durch die Kosten für die dauerhafte Okkupation des Westjordanlands und die Zerstörung des Gazastreifens strapazierten Staatshaushalt sparsamste und besatzungsstrategisch sinnvollste Lösung besteht darin, internationale Hilfe zuzulassen und in Anspruch zu nehmen, sie jedoch strikt den eigenen Maßgaben zu unterwerfen.

Auch wenn der Bevölkerung in Gaza jede Nothilfe dringend zu wünschen ist, wäre es Sache der sogenannten internationalen Gemeinschaft, sich dieser Konditionierung der humanitären Hilfe zu verweigern und Israel vor die Wahl zu stellen, entweder ihre Pflichten als Besatzungsmacht vollständig wahrzunehmen oder aber das Gebiet vollständig freizugeben. Alles andere läuft auf Formen einer Zwangsverwaltung unter Kollaboration internationaler Akteure hinaus, mit denen das Großlager Gaza auf lange Sicht ein Ghetto bleiben wird, dessen Bevölkerung der Willkür des mächtigen Nachbarn schutzlos preisgegeben ist.

15. Januar 2009