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FRIEDEN/0986: Nie wieder sollen Palästinenser ihr Haupt erheben (SB)



Israel will den Widerstand der Palästinenser endgültig brechen, um die Gefangenschaft, Vertreibung und Vernichtung dieses drangsalierten Volkes ungehindert betreiben zu können. Anders ist das systematische Massaker im Gazastreifen nicht zu erklären, wo die israelischen Streitkräfte mit geballter Macht und exzessiver Brutalität demonstrierten, wer der Herr im Land ist. Der Aggressor zeigte unverhohlen, wozu er fähig ist, um sein Opfer so nachhaltig zu schwächen und einzuschüchtern, daß es nie wieder wagt, sich gegen ihn zu erheben.

Die grausame Abstrafung der Palästinenser ist zugleich eine Lektion an die Adresse der internationalen Gemeinschaft, daß die israelische Führung mit voller Rückendeckung der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union tun und lassen kann, was immer ihr beliebt, ohne die geringste Sanktion fürchten zu müssen. Es handelt sich um eine unmittelbare und elementare Exekution schierer Stärke einer mit ausländischer Rüstungshilfe hochgezüchteten Militärmaschinerie, die in Schutt und Asche gebombt hat, was im Gazastreifen noch an intakter Infrastruktur vorhanden war, und alles zerfetzt hat, was ihr an menschlichem Leben in die Quere kam. Flankiert wurde dieser Genozid von einer Propagandaoffensive, die jeden humanen Einwand gegen das Massaker als israelfeindlich verteufelte.

Die israelische Regierung machte kein Geheimnis aus ihrer Strategie. So hatte der stellvertretende Verteidigungsminister Matan Vilnai den Palästinensern offen eine "Shoah" angedroht und damit eben jene Parallele gezogen, die man andern stets erbittert mit der Begründung verwehrt, das Leiden der Juden unter dem Nationalsozialismus sei so einzigartig, daß sich jeder Vergleich damit verbiete und jeder Versuch, dies dennoch zu tun, notwendigerweise ein Akt neuerlicher Judenverfolgung sei. Das Führungstrio, bestehend aus Premierminister Ehud Olmert, Außenministerin Tzippi Livni und Kriegsminister Ehud Barak hatte den Bewohnern des Gazastreifens mit eiserner Faust und beispielloser Härte gedroht. Israelische Soldaten haben Befehle zu härtestem Durchgreifen bestätigt, und wem das nicht genügt, der möge sich die Bilder des Senders Al-Dschasira zugänglich machen, die täglich von der gesamten arabischen Welt mit Grauen verfolgt wurden, der Israel ein unauslöschliches Bild seiner Übermacht einbrennen wollte. Unter diesen Voraussetzungen sollte kein Geheimnis sein, was der israelische Angriff in seinem Kern bezweckte.

Dies vorausgesetzt, sind alle anderen Erwägungen hinsichtlich der Ziele dieses Massakers nachgeordnet, was nicht ausschließt, daß weitere Elemente aus der breiten Palette taktischer und strategischer Pläne zum Tragen kamen. So hat man unter anderem diskutiert, daß sich der Angriff im Grunde gegen den Iran richte, da nach der Hisbollah nun auch dessen zweiter Verbündeter in Gestalt der Hamas massiv unter Druck gesetzt wurde. Auch hat man an die Schwächung der Hamas mit dem Ziel gedacht, die Fatah als willfährige Fraktion aufzuwerten und in den Gazastreifen zurückzubringen. Nicht minder bedenkenswert ist die Analyse, daß zwar eine Schwächung, nicht jedoch die völlige Vernichtung der Hamas angestrebt war, da Israel stets ein Szenario angeblicher Bedrohung braucht, um den Mythos eines um seine Existenz kämpfenden Staats und Volkes durchzutragen.

Mehr als 1.300 Palästinenser abzuschlachten, zeugt indessen von einer skrupellosen Entschlossenheit, auf geradezu urtümliche Weise das Verhältnis der beiden Völker in einem Blutbad unumkehrbar zu Lasten des Schwächeren zu entscheiden. Dabei ist diese Schreckenszahl wenn man so will ein Äquivalent schrankenloser Grausamkeit, die nicht etwa vertuscht und verschleiert, sondern im Gegenteil vor aller Augen angestrebt worden ist, ehe man einen Waffenstillstand in Erwägung zog.

19. Januar 2009