Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → KOMMENTAR

RAUB/0988: Kongreß "Save Food!" - Systemvoraussetzung der Mangelproduktion kein Thema (SB)



Zwei Milliarden Menschen, also fast ein Drittel der Weltbevölkerung, können sich nur unzureichend ernähren, die Hälfte von ihnen leidet sogar chronisch Hunger. Aber die Verbraucher in den Industriestaaten werfen jährlich schätzungsweise 220 Millionen Tonnen Lebensmittel weg. Darüber berichtete die Presse aus Anlaß des zweitägigen Kongresses "Save Food!", der am Sonntag in Düsseldorf zu Ende ging.

Die Veranstaltung wurde von der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) und der Messe Düsseldorf organisiert und fand zeitgleich mit der Verpackungsmesse "Interpack2011" statt. Auch wenn einige FAO-Autoren ausgerechnet haben, daß ein Drittel - 1,3 Mrd. Tonnen - der weltweit erzeugten Nahrungsmittel verloren geht oder verschwendet wird, dürfte keine Teilnehmerin und kein Teilnehmer des hochrangig besetzten Treffens ernsthaft annehmen, der globale Hunger könne einfach dadurch behoben werden, daß die Verbraucher weniger Nahrungsmittel wegwerfen.

In den ärmeren Ländern eine Infrastruktur aufzubauen, damit Nahrung sicher transportiert, verpackt und gelagert werden kann, und in den Industriestaaten das Wegwerfen von Nahrung zu reduzieren, sind vielversprechende, wenngleich ungenügende Vorschläge, mit denen das grundlegende Problem von Hunger und Unterernährung nicht beizukommen ist.

Laut Programm wurde auf dem Kongreß, zu dem unter anderem Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner geladen war, nicht darüber diskutiert, wie die systemischen Voraussetzungen des Mangels behoben werden könnten. Das verwundert allerdings nicht, verhelfen diese doch Deutschland und anderen Industriestaaten zu einer dauerhaften Vorteilsposition gegenüber den Ländern des Südens. Zudem könnte eine solche Diskussion darauf hinauslaufen, Monokulturanbau und Exportorientierung der weniger entwickelten Länder zu beenden, das Kleinbauerntum in den Trikont-Staaten zu fördern, Nahrung nicht zu Treibstoff zu verarbeiten, der dann in den reicheren Ländern verfahren wird, die ärmeren Länder nicht als Absatzraum für Exportüberschüsse bzw. hochsubventionierte landwirtschaftliche Produkte aus der Europäischen Union zu mißbrauchen, und die ärmeren Länder aus der Schuldknechtschaft, in die sie durch das Erheben von Zins und Zinseszins geraten sind, zu befreien - wodurch ihre Chancen, Nahrungssouveränität aufzubauen, verbessert würden. Oder, noch tiefer gegraben, es würde die Eigentumsordnung in Frage gestellt, welche der Entwicklung von Armut und Reichtum vorausgehen.

Die Weltwirtschaft ist eben nicht darauf ausgerichtet, den Lebensstandard aller Menschen möglichst gleichmäßig auf ein höheres Niveau zu heben, sondern sie beruht auf einer Konkurrenz der Staaten und Unternehmen untereinander und die wiederum auf der Ausbeutung der Menschen. Das bedeutet, daß permanent Verlierer produziert werden. Verluste und Mangel zu generieren bildet die Grundlage von Bereicherung und Reichtumsanhäufung. Um ein solches System zu zerschlagen bedarf es eines fundamental anderen, das heißt überhaupt eines fundamentalen Ansatzes. Mit Vorschlägen zur Verbesserung von Verpackungen wird dagegen die vorherrschende Raubordnung bestätigt.

15. Mai 2011