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FLUCHT/011: Südsudan - 30.000 neu ankommende Flüchtlinge benötigen dringend Zufluchtsort (ÄoG)


Ärzte ohne Grenzen - 4. Juni 2012

Südsudan: 30.000 neu ankommende Flüchtlinge benötigen dringend Zufluchtsort



Juba/Berlin, 4. Juni 2012. Ärzte ohne Grenzen appelliert an das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), dringend einen geeigneten Zufluchtsort für die 30.000 neuen Flüchtlinge zu bestimmen, die in den vergangenen zwei Wochen vom sudanesischen Bundesstaat Blue Nile über die Grenze in den südsudanesischen Bundesstaat Upper Nile gekommen sind. Täglich überqueren rund 2.000 Menschen die Grenze. Sie brauchen dringend humanitäre Hilfe. Sie kommen zu den 70.000 Flüchtlingen hinzu, die bereits vor den Kämpfen zwischen den sudanesischen Streitkräften und der sudanesischen Befreiungsbewegung (SPLM-Nord) geflohen sind und sich bereits in der Gegend niedergelassen haben.

"Wir haben es mit einem echten Notfall zu tun", sagt Patrick Swartenbroekx, Nothilfekoordinator von Ärzte ohne Grenzen. "Wir behandeln die Menschen medizinisch und verteilen 90.000 Liter Wasser am Tag an ihrem vorübergehenden Aufenthaltsort. Aber die Brunnen werden am Ende dieser Woche leer sein. Danach wird die Situation wirklich kritisch."

Seit Dezember beschäftigt die Wasserknappheit in den beiden Flüchtlingslagern in dieser abgelegenen, kargen Gegend des Bundesstaates Upper Nile die humanitären Helfer. Das Lager Doro ist fast voll ausgelastet, und im Lager Jamam haben die Menschen weniger als sieben Liter Wasser am Tag. Das ist weniger als die Hälfte der Mindestanforderung in Notfällen. Fast 40 Prozent der Patienten in der Ärzte ohne Grenzen-Klinik werden gegen Durchfall behandelt. Ein seit langem diskutiertes drittes Flüchtlingslager bei Yusuf Batil wird vorbereitet, bietet derzeit aber nur Wasser für bis zu 4.000 Flüchtlinge. Zu den bestehenden Lagern, die entweder voll sind oder über zu wenig Wasser verfügen, muss dringend eine Alternative gefunden werden.

Im Moment versammeln sich die Neuankömmlinge unter Bäumen an einem Ort namens Rum. Nur wenige haben Fetzen von Plastikplanen zum Schutz. Seit vergangener Woche versorgt Ärzte ohne Grenzen die Schwerkranken, behandelte 214 Patienten gegen Durchfall und 34 Kinder gegen akute Mangelernährung. Die Flüchtlinge sind erschöpft und haben sich seit Monaten vor den Kämpfen versteckt. Viele erzählen erschütternde Geschichten über ihre lange Flucht, die mindestens zwei Wochen und für viele wesentlich länger dauerte. "Wir sind mit der Familie mehr als 17 Tage mit sehr wenig Wasser und Nahrung gelaufen", sagt ein Vater. "Es sind immer noch viele Menschen unterwegs, unter ihnen viele ältere und schwächere Menschen. Viele von ihnen haben Durchfall."

"Die Situation entwickelt sich zu einem wahren Alptraumszenario", sagt Jean-Marc Jacobs, stellvertretender Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen. Seit mehr als drei Monaten haben wir immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass mehr Wasser benötigt wird und man sich auf weitere Flüchtlingsströme vorbereiten muss. Nun sind wir in einer Lage, die sofortiges und wirkungsvolles Handeln von allen Organisationen erfordert."

Ärzte ohne Grenzen wird sich um die medizinische Betreuung der Neuankömmlinge kümmern und für die wenigen Tage, bevor die Wasservorräte in Rum erschöpft sind, eine Wasser-Notversorgung aufbauen. In der Zwischenzeit ruft die Organisation das UNHCR und andere Organisationen im Bezirk Maban dringend auf, für Zehntausende Flüchtlinge einen geeigneten Ort zu finden und umgehend ausreichend Wasser bereitzustellen.

Seit November 2011 leistet Ärzte ohne Grenzen mit mehr als 40 internationalen und 250 lokalen Mitarbeitern Hilfe für die Flüchtlinge im Bundesstaat Upper Nile.

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen
Pressemitteilung vom 4.6.2012
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Pressestelle: Telefon: 030/22 33 77 00
E-Mail: office@berlin.msf.org
Internet: www.aerzte-ohne-grenzen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2012