Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → KRIEG

FLUCHT/020: Südsudan - Kämpfe und Unzugänglichkeit erschweren Versorgung zehntausender Flüchtlinge (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Juli 2013

Südsudan: Kämpfe und Unzugänglichkeit erschweren Versorgung zehntausender Flüchtlinge

von Roger Hamilton-Martin


Bild: © UN/Martine Perret

WFP hat eine Operation im Landkreis Pibor gestartet
Bild: © UN/Martine Perret

New York, 29. Juli (IPS) - Seit der neuen, in diesem Monat ausgebrochenen Gewaltwelle zwischen den beiden Volksgruppen Lou Nuer und Murle im Bundesstaat Jonglei im Osten des Südsudans versuchen UN- und andere internationale Hilfsorganisation die vielen Vertriebenen zu erreichen. Doch Regenzeit, unbefestigte Straßen und fortgesetzte Kämpfe erschweren die Versorgung der auf Zehntausende geschätzten Flüchtlinge.

Diese Menschen benötigen dringend Nahrungsmittel, wie der Südsudan-Direktor des Welternährungsprogramms (WFP), Chris Nikoi, kürzlich in einer Mitteilung schrieb. Sie seien seit Wochen auf der Flucht und könnten nicht länger durchhalten. Die Agentur hat 20 Millionen US-Dollar für die Versorgung von 60.000 Menschen bis Dezember angefordert.

"Die Lou Nuer hegen einen langjährigen Groll gegen die Murle und umgekehrt", sagte der Sudanexperte Eric Reeves gegenüber IPS. "Doch im Verlauf der letzten Jahre haben sich die Spannungen verschärft." Beide Ethnien liefern sich im Kampf um Vieh und Macht gewaltsame Übergriffe.

Die UN-Agenturen arbeiten derzeit eng mit der Regierung und insbesondere der Hilfs- und Rehabilitationskommission und der südsudanesischen Armee (SPLA) zusammen, um die Binnenflüchtlinge zu erreichen.

Für Hilfsorganisationen ist es aufgrund der bewaffneten Auseinandersetzungen und dem Mangel an passierbaren Straßen oftmals schwierig, die Vertriebenen von Jonglei, dem größten südsudanesischen Bundesstaat, zu erreichen. Die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) berichtet, dass sie bereits zahlreiche Menschen versorgt habe und nun versuche, tausende weitere zu erreichen, die sich im Busch versteckten.


Flucht in die Malariagebiete

Ein MSF-Notfallteam ist zu Flüchtlingen unterwegs, die sich in die von Malaria-Mücken infizierten Sümpfe zurückgezogen haben, wo sie keinen Zugang zu Wasser, Nahrung oder medizinischer Versorgung haben. John Tzanos, Leiter des MSF-Teams im Landkreis Pibor, erklärte in einer Mitteilung: "Sie (die Zivilisten) trauen sich nicht, in den Städten um medizinische Hilfe anzusuchen. Deshalb ist es wichtig, dass wir zu ihnen gelangen."

Genaue Zahlen, wie viele Menschen vor der jüngsten Gewaltwelle geflohen sind, liegen nicht vor. "Wir können überhaupt keine Angaben machen", bestätigte die Hilfskoordinatorin des UN-Amts für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) in Jonglei, Yasmin Haque. "Die größte Herausforderung ist der Zugang." Oftmals müssten die Lieferungen in mehrere Tagesreisen entfernte Gebiete gebracht werden. Nachdem es gelungen sei, zusätzliche Hilfsgelder aufzutreiben, habe man allerdings die Lufttransportkapazitäten verbessern können. "Die Menschen haben aufgrund der Unsicherheit und Kämpfe Angst vor einer Rückkehr in die dichter besiedelten Gebiete, in denen sie zuvor lebten", meinte Haque.

OCHA hat die internationale Gemeinschaft um weitere Hilfsgelder ersucht und darauf hingewiesen, dass während der Regenzeit von Mai bis Oktober bis zu 90 Prozent der Straßen in Jonglei unpassierbar seien und die Lieferungen per Flugzeug zugestellt werden müssten.


Vorwürfe gegen den Sudan

Der sudanesischen Regierung in Khartum wird vorgeworfen, den Konflikt zwischen den Ethnien im Südsudan durch Waffenlieferungen an den Rebellenführer der Murle, David Yauyau, zu schüren. Die Schwierigkeit, Yauyaus Rebellen auszumachen, die seit April 2012 "um die Rechte der Murle kämpfen", wie sie sagen, macht es für die UN-Agenturen schwierig, für Frieden zu sorgen und den geflohenen Zivilisten zu helfen.

In einem Interview im letzten Jahr hatte Yauyau erklärt: "Wir kämpfen für das südsudanesische Volk, für ethnische Minderheiten wie die Murle. (...) Sie haben keine Stimme. (...) Sie haben keine Landrechte. (...) Wir kämpfen mit ihnen und haben einige unserer Söhne verloren."

Es liegen auch Berichte vor, wonach die südsudanesische Regierung selbst an Menschenrechtsverletzungen beteiligt ist. In einem offenen Brief an die Regierung vom Juni beschuldigten Reeves und drei weitere Unterzeichner die südsudanesischen Sicherheitskräfte, gewaltsam gegen Zivilisten vorzugehen, nur weil diese einer anderen ethnischen Gruppe angehörten oder als Gegner der derzeitigen Regierung betrachtet würden. Die Vereinten Nationen haben die "schweren Menschenrechtsverletzungen" durch Armeeangehörige in Pibor verurteilt. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.wfp.org/news/news-release/wfp-launches-operation-reach-displaced-people-violence-flares-south-sudan
http://www.ipsnews.net/2013/07/u-n-struggles-to-reach-displaced-in-south-sudan/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 29. Juli 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2013