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OFFENER BRIEF/033: An die Bundeskanzlerin - Zehntausende Palästinenser von Ausweisung bedroht (IPPNW)


IPPNW-Pressemitteilung vom 15.4.2010

Offener Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel

Zehntausende Palästinenser von Ausweisung bedroht


Die Ärzteorganisation IPPNW appelliert in einem Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, sich gegenüber der israelischen Regierung für die Rücknahme der Änderungen zweier israelischer Militärverordnungen einzusetzen. Sie sind am 13. April 2010 in Kraft getreten und definieren u.a. den Begriff "Infiltrant" neu. "Infiltrant" erfasst jetzt jede Person, die sich in der Westbank aufhält und keine "Erlaubnis" besitzt. Damit droht jedem, der ohne israelische Genehmigung im Westjordanland lebt, die umgehende Ausweisung oder bis zu sieben Jahre Haft.

Die friedenspolitische Ärzteorganisation IPPNW befürchtet, dass es im Westjordanland aufgrund der Neuregelungen zu weiteren zahlreichen Verhaftungen und Deportationen von Palästinensern und Palästinenserinnen durch die israelische Armee kommen wird. Die Neuregelungen betreffen z.B. auch Ausländer, die legal ins Westjordanland gekommen sind und dort geheiratet haben. Weiterhin berührt es Palästinenser, die für ein Studium ins Ausland gegangen sind und denen Israel in der Folge ihre Aufenthaltserlaubnis entzogen hat. Oder es tangiert diejenigen, die in den 1970er und 1980er Jahren ausgewiesen wurden und später im Zuge der Familienzusammenführung legal zurück gekommen sind. Von den neuen Regelungen könnten nach Angaben von Elad Cahana, Anwalt einer israelisch-palästinensischen Menschenrechtsorganisation, zehntausende Palästinenser betroffen sein.


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Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die
Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung e. V.

Körtestr. 10
10967 Berlin
www.ippnw.de



Bundeskanzleramt
Bundeskanzlerin Angela Merkel

10557 Berlin

in Kopie an den deutschen Minister des Auswärtigen Amtes Guido Westerwelle

Offener Brief: Neue israelische Aufenthaltsregelungen für das Westjordanland

Berlin, 15. April 2010



Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

am 13. April 2010 sind die Änderungen zweier israelischer Militärverordnungen in Kraft getreten. Die geänderten Verordnungen "Prevention of Infiltration" und "Security Provisions" definieren u.a. den Begriff "Infiltrant" neu. "Infiltrant" erfasst jetzt jede Person, die sich in der Westbank aufhält und keine "Erlaubnis" besitzt. Zugleich geben die Militärverordnungen nicht an, was diese "Erlaubnis" ist. Damit werden unter die neue Regelung alle jene Palästinenser und Palästinenserinnen fallen, die keine israelische "Erlaubnis" besitzen, weil sie auch vorher nicht im Besitz einer solchen waren, zum Teil aber schon Jahrelang dort leben.

Die friedenspolitische Ärzteorganisation IPPNW befürchtet, dass es im Westjordanland aufgrund der Neuregelungen zu weiteren zahlreichen Verhaftungen und Ausweisungen von Palästinensern und Palästinenserinnen durch die israelische Armee kommen wird. Die Neuregelungen betreffen

z.B. auch Ausländer, die legal ins Westjordanland gekommen sind und dort geheiratet haben. Weiterhin berührt es Palästinenser, die für ein Studium ins Ausland gegangen sind und denen Israel in der Folge ihre Aufenthaltserlaubnis entzogen hat. Oder es tangiert diejenigen, die in den 1970er und 1980er Jahren ausgewiesen wurden und später im Zuge der Familienzusammenführung legal zurück gekommen sind. Von den neuen Regelungen könnten nach Angaben von Elad Cahana, Anwalt einer israelisch-palästinensischen Menschenrechtsorganisation, zehntausende Palästinenser betroffen sein. Die IPPNW appelliert an Sie, Frau Merkel, sich gegenüber der israelischen Regierung für die Rücknahme der Verordnungen einzusetzen. Laut internationalem Recht sind israelische Gesetze im Westjordanland nicht anzuwenden, da es sich um besetztes Gebiet handelt.

Als engstem Verbündeten Israels fällt Deutschland die besondere Verantwortung zu, die israelische Regierung auf mögliche Völkerrechtsverletzungen hinzuweisen und vor Handlungen zu bewahren, die den Friedensprozess im Nahen Osten gefährden könnten.

Wir bitten darum, uns mitzuteilen, was Sie in dieser Angelegenheit unternehmen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Angelika Claußen
Für den Vorstand der IPPNW


Den Offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel finden Sie unter:
http://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/briefmerkel_150410.pdf


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Quelle:
Pressemitteilung und Offener Brief vom 15. April 2010
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2010