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STANDPUNKT/039: "Schwarzer Freitag" (Hans Fricke)


"Schwarzer Freitag"

Von Hans Fricke, 28. November 2010


Freitag, der 26. November 2010, wird als der Tag in die Geschichte eingehen, an dem die schwarz-gelbe Bundestagsmehrheit nach ihrem jahrelangen Sozialraub unter massivem Polizeischutz die größte soziale Kürzungsorgie in der bundesdeutschen Geschichte beschloss und damit die Prekarisierung, Verarmung und Ausgrenzung von Millionen Bundesbürger weiter vorantrieb. Unter Missbrauch ihrer Regierungsverantwortung und ihres Amtseides hat sie die Folgen der vom Finanzkapital verursachten Krise den ärmsten Teilen der Bevölkerung aufgebürdet, während sie gleichzeitig ihre Klientel, die Großverdiener, Banken und Konzerne in Fortsetzung ihrer bisherigen Politik schont. Über die Hälfte aller geplanten Einsparungen bis 2014 (zirka 80 Milliarden Euro) entfallen auf den Sozialbereich (über 30 Milliarden Euro) und die Verwaltung (über 13 Milliarden Euro). Damit hat sie eine weitere Verschärfung der Teilung unserer Gesellschaft mit allen sich daraus ergebenden Folgen für die Zukunft unseres Landes zu verantworten.

Aber das allein kennzeichnet den 26.11.2010 nicht als "Schwarzen Freitag". Am gleichen Tag gelang es der Merkel-Regierung in Fortsetzung ihrer bewährten Methode "Geld gegen Zustimmung", dass der Bundesrat das Gesetz über die Verlängerung der Laufzeiten der 17 deutschen Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre - einige werden somit noch Jahrzehnte laufen - passieren ließ. Damit ist die Abkehr vom Atomausstieg bis etwa 2021, wie ihn Rot-Grün im sogenannten Atomkonsens mit den Betreibern der AKW ausgehandelt hatte, beschlossene Sache. Aufschlussreich, wie auch hierbei die Bevölkerung getäuscht wird. Erinnern wir uns: Zur Begründung und Rechtfertigung ihres Deals mit der Atomindustrie erklärt die Regierung, sie will von den zusätzlichen Gewinnen, die die Betreiber durch die Laufzeitverlängerung erlangen, bis zu 30 Milliarden Euro abschöpfen und in den Ausbau erneuerbarer Energien stecken, weil sonst die Umstellung auf Ökoenergie bis 2050 nicht bezahlbar sei. Die neu eingeführte Brennelemente-Steuer soll bis 2016 jährlich 2,3 Milliarden Euro bringen, die jedoch nur dem Bund zugute kommen. Dass und warum sowohl Unions- als auch SPD-geführte Länder eine angemessene Beteiligung an diesen Einnahmen des Bundes forderten und mehrere CDU-geführte Länder sogar damit drohten, in der Frage der Brennelemente-Steuer den Vermittlungsausschuss anzurufen, da sie sich von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) über den Tisch gezogen fühlten, wurde "Otto Normalverbraucher" weitestgehend verschwiegen. Erst Veröffentlichungen über den Hickhack vor der Bundesratssitzung machten den Grund für die Forderung der Länder deutlich: Weil die Energiekonzerne die zusätzlichen Aufwendungen für die neue Atomsteuer als Betriebsausgaben absetzen können, fürchteten die Länder und Kommunen Ausfälle von 500 bis 600 Millionen Euro bei der Körperschafts- und Gewerbesteuer und verlangten dafür vom Bund Kompensation. Erst nachdem Angela Merkel, um einem Debakel im Bundesrat zu entgehen, den widerspenstigen Unions-Ministerpräsidenten in nächtlichen Verhandlungen, die noch am Freitag fortgesetzt wurden, Ausgleichszahlungen zugesagt hatte, bliesen diese ihren Atomaufstand ab und stimmten der Atomsteuer zu.

Schlimm genug für die Demokratie in unserem Land, dass mit der Laufzeitverlängerung "eine Frage von elementarster Bedeutung für die Sicherheit der Menschen und die Energiepolitik in Deutschland", so der Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), ohne Zustimmung der Länder entschieden wurde, brachte es Angela Merkel außerdem fertig, dass die ohnehin mit heißer Nadel gestrickten Atomgesetze in einem solchen Tempo durch den Bundestag geprügelt wurden, dass selbst Bundestagspräsident Norbert Lammert, ein CDU-Mann, den "Verdacht mangelnder Sorgfalt" äußerte. Das Parlament sei bei der Beratung des Laufzeit-Gesetzes "den eignen Ansprüchen nicht gerecht geworden." Starker Toback! Die Vorstellung im Bundesrat geriet keinen Deut besser, was Arnold Petersen veranlasste, in der "Ostsee-Zeitung" vom 28./29.11.2010 die Bundesregierung als "Husch-Husch-Regierung" zu bezeichnen.

Geht man davon aus, dass der Energiewirtschaftsexperte Felix Matthes vom Berliner Öko-Institut bereits am 16. September 2008 "Frontal 21" gegenüber erklärt hatte, nach seinen Berechnungen würden allein schon acht Jahre mehr Laufzeit bei den Energiekonzernen zu Zusatzprofiten von etwa 80 Milliarden Euro führen - die Grünen rechnen mit insgesamt rund 100 Milliarden Euro - dann machen die Konzerne mit den vom Bund geplanten Abschöpfungen der Atomsteuer in Höhe von zirka 30 Milliarden Euro, die sie zudem als Betriebsausgaben absetzen und so ihre Körperschafts- und Gewerbesteuer mindern können, auf Kosten von Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung ein lukratives Geschäft.

Wie unverantwortlich die von der Regierung seit Jahren gehätschelte und mit viele Milliarden Subventionen bedachte Atomindustrie mit der Gesundheit der Menschen umgeht, zeigt nach der starken Häufung von Leukämiefällen bei Kindern im Einzugsbereich des schleswig-holsteinischen Atomkraftwerkes Krümmel in den 1980er und 1990er Jahren die alarmierende Meldung am Vorabend des "Schwarzen Freitags", wonach das niedersächsische Krebsregister für das Gebiet um das Atommüll-Lager Asse in den Jahren 2002 bis 2009 einen dramatischen Anstieg von Leukämiefällen und von Schilddrüsenkrebs ausweist. Es gab dort doppelt so viele Blutkrebserkrankungen wie im Bundesdurchschnitt und eine gleich dreimal höhere Häufigkeit von Schilddrüsenkrebs als üblich bei Frauen. Inzwischen ist der Begriff Asse zum Synonym geworden für verantwortungslosen Umgang mit 126.000 Fässern mit schwach- und mittelradioaktiven Atommüll. Über Jahre wurden die gefährlichen Wassereinbrüche verschwiegen und erst im September stellte sich dann heraus, dass die Menge des hier eingelagerten mittelradioaktiven Mülls zehnmal größer war, als das bis dahin auch die Behörden angenommen hatten. Die gleichen Behörden, die jetzt einen Zusammenhang der Häufung von Krebserkrankungen mit dem Atommüll-Lager Asse gemeinsam mit Konzernmedien leugnen (SPIEGEL-Online: "Fragwürdige Warnung vor Krebsgefahr an der Asse").

Den Beteuerungen der Bundeskanzlerin und von Mitgliedern ihres Kabinetts von angeblicher sozialer Ausgewogenheit des "Sparpakets", wobei sich die FDP-Minister Guido Westerwelle, Rainer Brüderle und Philipp Rösler erwartungsgemäß besonders hervortun, hält Michael Klundt, Professor für Kinderpolitik am Fachbereich für Angewandte Humanwissenschaften der Hochschule Magdeburg-Stendal, Fakten entgegen, die ihrem schon peinlichen Gerede der Lächerlichkeit preisgeben:

"Mit ihren Haushalts-, Gesundheits- und Hartz-IV-Beschlüssen", so der Professor in seinem Beitrag "Merkels Raubzug" ("junge Welt" vom 26.11.2010), "beschleunigt die Bundesregierung die Verarmungstendenzen und sagt dem im Grundgesetz verankerten Sozialstaatsgebot den Kampf an. Die Kosten der Wirtschafts- und Finanzkrise sollen vor allem die 'kleinen Leute' übernehmen, die Produzenten und Profiteure der Krise bleiben unbelastet. An einer Anhebung des Spitzensteuersatzes, eine Vermögenssteuer, eine wirksame Erbschafts- und Finanzmarktsteuer denkt die Regierung gar nicht erst. Durch den Wegfall der Zuschläge beim Übergang von Arbeitslosengeld (ALG) I und II fallen Erwerbslose nun direkt auf Hartz-IV-Niveau. Die Kürzung (um 800 Millionen Euro) macht Beschäftigte und Erwerbslose noch erpressbarer für Leiharbeit und Niedriglohn. Die Abschaffung jeglicher rentenrechtlichen Absicherung für Langzeitarbeitslose ist ein Programm für noch mehr Altersarmut. Bis 2014 werden dadurch 7,2 Milliarden Euro in der Rentenkasse fehlen. Das Sparen bei Wiedereingliederungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit ("Effizenzverbesserungen bei der Arbeitsmarktvermittlung bei SGB II") in Höhe von 4,5 Milliarden Euro bedeutet, dass es für ältere oder gesundheitlich beeinträchtigte Erwerbslose noch schwerer wird, einen neuen Job zu finden als bisher. Zudem führen die geplanten 16 Milliarden an Kürzungen im Sozialbereich (SGB) II und III durch Ersatz von Pflicht- durch Ermessensleistungen zu einer weiteren Einschränkung von Rechtsansprüchen im demokratischen Sozialstaat zugunsten eines verschärften Willkürregimes nach Spardiktat im neoliberalen Wettbewerbsstaat. Mit der Streichung des Heizkostenzuschusses bei Wohngeldbeziehern um 400 Millionen Euro trifft die Regierung außerdem vor allem einkommensschwache Familien und ältere Menschen mit geringen Renten. Schließlich beinhaltet das Sparpaket die vollständige Anrechnung des Elterngeldes auf Leistungen nach dem SGB II und damit dessen faktische Streichung für Familien in Hartz IV. Gemeinsam mit der gesenkten Nettolohnersatzrate von 67 auf 65 Prozent macht das etwa 2,4 Milliarden Euro bis 2014. Der symbolische Betrag 3,8 Millionen Euro durch die Elterngeldstreichung bei ein paar Reichensteuer zahlenden Spitzenverdienern erscheint dagegen lächerlich und ist auch nicht als Indiz für irgendwelche 'Ausgewogenheit' zu werten." Wer angesichts dieses Zahlenmaterials von "sozialer Ausgewogenheit' faselt, beleidigt den Intellekt der Bundesbürger.

Merkels sozialer Raubzug beiden "kleinen Leuten" und die fortgesetzte großzügige Subventionierung ihrer Klientel bei Banken und Konzernen aus Steuermitteln sind gewollte und gezielte Maßnahmen nicht nach Kassen- sondern eindeutig nach Klassenlage. Die Bundeskanzlerin unterstreicht mit dem "Sparpaket" erneut, dass sie den Namen "Kanzlerin der Monopole" in der Tat verdient. Laut Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sind in Deutschland etwa 14 Prozent der Bevölkerung oder 11,5 Millionen Menschen von relativer Einkommensarmut bedroht. Vor allem Haushalte mit Kindern und jungen Erwachsenen sind davon betroffen, während Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern bei über 40 Prozent weit überdurchschnittliche Armutsrisiken aufweisen (DIW-Wochenbericht Nr. 7/2010). Mehr als ein Viertel aller Erwachsenen (27 Prozent) verfügen über keinerlei persönliches Vermögen oder waren sogar verschuldet. "Die unteren 70 Prozent besitzen nur neun Prozent des Gesamtvermögens, dagegen verfügt das reichste Zehntel der Bevölkerung über mehr als 60 Prozent des Gesamtvermögens von 6,6 Billionen Euro. Die Kluft hat sich seit 2002 deutlich vergrößert." ("Frankfurter Rundschau" vom 21.1.2009)

Die soziale Herkunft legt heute mehr fest als vor 30 Jahren. Die Zugehörigkeit zum untersten Fünftel der Gesellschaft wird heute vererbt wie die zum obersten Fünftel. Wenn neuerdings Millionäre sich bei der Regierung darüber beschweren müssen, dass sie zu wenig Steuern zahlen, und auch Führungskräfte des CDU-Wirtschaftsrates finden, dass die Gewichte zu ihren Lasten verschoben werden müssen, dann ist dank der Politik der Bundesregierung ein Zustand an Ungleichheit erreicht, wie er größer nicht sein kann. Das "Sparpaket" verstärkt die Ungleichheits-Effekte erheblich. Es ist nach Meinung des "Tagesspiegel" vom 10.06.2010 "geradezu ein Geständnis: Die schwarz-gelbe Bundesregierung hält diese gesellschaftliche Entwicklung, die doch das wichtigste Projekt jeder (christlich-sozialen-frei-) demokratischen Regierung sein müsste, für zweitrangig. Erstrangig ist für sie nicht der verlorene Zusammenhalt in Deutschland, sondern der in der Koalition. Die großen Vermögen dürfen nicht herangezogen werden, weil die FDP damit droht, Christian Wulff nicht zum nächsten Bundespräsidenten zu wählen. Selten haben die Eigeninteressen des politischen Betriebes so durchsichtig das Handeln einer Regierung geleitet. Selten war die Empathie für das Land und seine Menschen so gering." Es war kein Linksradikaler, sondern Augustinus, der vor hunderten Jahren fand, dass Staaten nichts als große Räuberbanden seien, wenn sie Gerechtigkeit preisgeben.

Kein Wunder also, wenn vier von fünf (79 Prozent) Bundesbürgern das "Sparpaket" für sozial nicht ausgewogen halten. Selbst aus der Union sind relativ viele kritische Stimmen zu hören: "Wenn man die höheren Einkommen einbezogen hätte, wäre die soziale Balance deutlich geworden", sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende im nordrhein-westfälischen Landtag, Karl-Josef Laumann, der "Hannoverschen Allgmeinen Zeitung".

Auch der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß, bezeichnete das "Sparpaket" als "sozial unausgewogen". Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler wandte sich in einem Beitrag für den "Münchner Merkur" dagegen, hierzulande den armen Leuten das Heizungsgeld zu streichen und für Griechenland und seine sozialpolitischen Exzesse 23 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen". Damit befindet er sich in Übereinstimmung mit einem der rund 5000 Demonstranten gegen das "Sparpaket", der erklärte: "Es darf nicht so weit kommen, dass sich eine Familie zwischen einer warmen Wohnung und Nachhilfeunterricht entscheiden muss." Rund 1000 Aktivisten zogen vom offiziellen Schlusspunkt der Demonstration an der Siegessäule spontan vor die CDU-Zentrale, wo sie trotz Eisregen und Polizeiaufgebot mit Parolen wie: "Sie sagen kürzen, wir sagen stürzen" und "Was will ich, was willst du? - Das Verbot der CDU" ihren Protest fortsetzten. Der Bund der Steuerzahler bezeichnet das Sparpaket kurz und bündig als "Etikettenschwindel".

Schließlich wurde am "Schwarzen Freitag" des Jahres 2010 auch noch der Bundeshaushalt 2011 vom Bundestag verabschiedet, der die zweithöchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik aufweist.

Um die Ausgaben zu finanzieren muss der Bund voraussichtlich 48,4 Milliarden Euro Schulden aufnehmen. Hinzu kommt, dass die Euro-Krise weiter schwelt. Erst Griechenland und jetzt Irland mussten von den Steuerzahlern "gerettet" werden; Portugal, Spanien und Italien gelten als nächste Pleitekandidaten und niemand weiß, wohin die Entwicklung noch geht. Von den zahlreichen Antworten sind die wenigsten seriös, weil sie je nach Interessenlage konstruiert wurden. "Wir haben den Iren nicht das Geld aufgezwungen, weil wir die Währungsunion schützen wollen, sondern um Deutschland vor dem Bankrott eines Teils seines Bankensektors zu bewahren", erklärte Wolfgang Münchau in "Financial Times Deutschland" vom 25.11.2010. "Die Irland aufgezwungene Hilfe ist auch ökonomisch unsinnig, sie ist wie ein Rettungsring aus Blei", erklärt DIE LINKE im Bundestag. So werde das Land erst richtig nach unten gezogen. Das Beispiel Griechenland zeige, wohin solche Rettungsringe führen: Dieses Jahr werde die Wirtschaft dort mit fast fünf Prozent einbrechen. In ihrem Positionspapier "Profiteure zur Kasse" vom 24.11.2010 heißt es unter anderem: "Es geht in Irland nicht um die Sanierung des irischen Staates, sondern es geht um eine massive Bankenkrise, die Resultat einer gigantischen, seit 2006 geplatzten Immobilienkrise ist. Für die Bewältigung der Bankenkrise müssen diejenigen herangezogen werden, die von diesen spekulativen Exzessen profitiert haben. Es ist vor allem eine sehr reich gewordene Oberschicht in Irland selbst. Ihr Wohlstand basiert nicht nur auf Erträgnissen aus dem Immobilienboom. Vielmehr wurden seit langem mit einem Steuerdumping Hauptsitze von Unternehmen aus anderen Ländern ins Land gelockt. Diese Unternehmen haben dann für Gewinne, die in vielen anderen Ländern - auch in Deutschland - gemacht bzw. erarbeitet wurden, in Irland sehr niedrige Steuern gezahlt. Dies war für diese Unternehmen profitabel, aber auch für Irland selbst. So war es dann auch möglich, die irischen Unternehmen mit sehr niedrigen Steuersätzen zu begünstigen.

Von diesen Exzessen der Vergangenheit haben aber auch viele ausländische Investoren profitiert, für die der Boom des keltischen Tigers fast wie ein Goldrausch wirkte. Vor allem deutsche und britische Banken haben massiv investiert und sich am Immobilienboom und sonstigen Geschäften jahrelang eine goldene Nase verdient. Auch die inzwischen vollverstaatlichte HRE-Bank hat die irische Krise mit verursacht und davon profitiert. Vor allem deutsche und britische Banken haben an der Stabilisierung der irischen Banken größtes Interesse. Sie müssen zur Verantwortung gezogen werden und offenlegen, in welchem Umfang sie Forderungen gegenüber irischen Banken haben. Wie die Beteiligung der Banken im Einzelnen aussehen kann, muss geprüft werden- Der einfachste Weg ist, dass die ausländischen Banken beiden laufenden Umschuldungen der irischen Banken teilweise auf ihre Forderungen verzichten. Von herausragender Bedeutung bleibt allerdings die längst überfällige Notwendigkeit der Regulierung der Finanzmärkte und Umverteilung von oben nach unten sowie Schritte zur europäischen Koordinierung der Wirtschaftspolitik..." Alles ursächliche Sachverhalte von denen man weder in Erklärungen der Bundesregierung noch in den Konzernmedien ein Wort hört. DIE LINKE bezieht aber gleichzeitig noch eine andere nicht minder wichtige Position, indem sie hinzufügt:

"Die irische Bevölkerung durch Kürzungsauflagen in Haftung für die Bankenkrise zu nehmen, ist ein Skandal. Jetzt soll bei den Kindern, beim Arbeitslosengeld, bei den Renten zusätzlich 'gespart' werden. Die Gehälter im öffentlichen Dienst wurden bereits um 15 Prozent gekürzt. Hingegen soll das irische Steuerdumping weiterhin bestehen bleiben. DIE LINKE steht solidarisch an der Seite derjenigen, die sich gegen diese Verschlechterungen wehren." "Die europäische Finanzkrise erinnert mich immer mehr an die Komiker Stan Laurel und Oliver Hardy", meint Wolfgang Münchau, "denen es in der Rolle von Dick und Doof immer wieder gelang, dieselben Fehler mit wachsender Begeisterung zu wiederholen... Die Verantwortlichen verhalten sich wie eine Schar kopfloser Hühner, ein Zeichen dafür, dass sie mit der Situation überfordert sind - wie Stan und Olli. Diese europäische Schmierenkomödie um den Euro ist in ihrem Kern sehr ernst, denn es geht hier nicht allein um unser Geld, sondern um die Zukunft der Europäischen Union und den europäischen Einfluss in der Weltpolitik. Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, wo die Tragödie kurzzeitig als Farce wieder entsteht, bevor sie in absehbarer Zeit erneut zur Tragödie mutiert... Die europäische Staatsschuldenkrise ist mittlerweile fast ein Jahr alt, und noch immer gelingt es uns nicht, den Eindruck einer gemeinsamen Politik zu vermitteln. Was auch immer getan wird, geschieht aus nationalem Interesse. Hier spielt jeder gegen jeden."

So äußerte, um ein jüngstes Beispiel dafür zu nennen, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy starke Zweifel am Sinn von Angela Merkels Plan. "Ein Sparpaket nach dem anderen führt in die Rezension", sagte er nach einem Bericht der Zeitung "Le Figaro" während einer Kabinettssitzung.

Entschlossener Widerstand gegen diese Politik zum Nachteil der Mehrheit unseres Volkes ist also das Gebot der Stunde. Immer dringender wird ein Generalstreik, der den Regierenden die Grenzen ihrer Macht sowie der Geduld unseres Volkes zeigt und das alte Arbeiterwort "Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will!" verwirklicht. Leider handelt die Opposition in unserem Land nicht geschlossen. Ideologische Vorbehalte verhindern ein gemeinsames machtvolles Vorgehen. Der DGB unter Mathias Sommer weigert sich nach wie vor hartnäckig, von den französischen Gewerkschaften zu lernen, und den Generalstreik als das wichtigste Kampfmittel der Lohnabhängigen einzusetzen. Offenbar vertraut er darauf, dass unser Land nach der nächsten Bundestagswahl wieder von einer gewerkschaftsfreundlichen rotgrünen Koalition regiert wird. Er sollte dabei aber keinesfalls die bittere Lehre verdrängen, dass der beispiellose soziale Raubzug, den wir derzeit unter schwarz-gelb erleben, von der rotgrünen Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eingeleitet worden ist.


Hans Fricke ist Autor des zur diesjährigen Leipziger Buchmesse im GNN-Verlag Schkeutitz erschienenen Buches "Eine feine Gesellschaft - Jubiläumsjahre und ihre Tücken", 250 Seiten, Preis 15.00 Euro, ISBN 978-3-8981 9-341-2


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Quelle:
© 2010 Hans Fricke
mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2010