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DILJA/1251: Georgiens "Rosenrevolutionär" Saakaschwili diskreditiert sich selbst (SB)


Georgischer Privatsender meldete russischen Einmarsch

Rosenrevolutionspräsident Saakaschwili rechtfertigt Falschmeldung


Ein schlechter Scherz oder eine nach journalistischen Kriterien mangelhafte Reportage war das, was der georgische Privatsender Imedi TV am vergangenen Samstag gesendet hat, allem Anschein nach nicht. In einem dreißigminütigen, als "Livereportage" ausgewiesenen Beitrag wurde unter Verwendung von Originalaufnahmen von der Intervention der russischen Streitkräfte, die den von Georgien gegen die ehemalige Provinz Südossetien, die sich von Georgien losgesagt und ihre Unabhängigkeit erklärt hat, im August 2008 begonnenen Krieg beendete, behauptet, russische Truppen seien abermals auf georgisches Territorium vorgerückt. Zu Beginn der vermeintlichen "Livereportage" war zwar angemerkt worden, daß es sich um erfundene Vorgänge handele, doch genügte dieser Hinweis bei weitem nicht, um in der georgischen Bevölkerung panikartige Reaktionen zu verhindern.

Das Szenario enthielt folgende, vollkommen realitätsferne Darstellung: Die Opposition zu Staatspräsident Michail Saakaschwili, zu der mittlerweile längst Weggefährten der sogenannten Rosenrevolution vom November 2003 gehören wie beispielsweise die Oppositionsführerin Nino Burdschanadse, die sich mit Saakaschwili überwarf und fünf Jahre nach dem erfolgreich vom Westen beförderten Sturz des früheren georgischen Staatspräsidenten Eduard Schewardnadse ihre eigene Partei, die "Demokratische Bewegung - Einiges Georgien" gründete, erkennt bei den Regional- und Bürgermeisterwahlen, die im Mai stattfinden werden, ihre Niederlage nicht an. Auf den Straßen kommt es daraufhin zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, woraufhin Rußland seine nahe der georgischen Grenze stationierten Panzer in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und einzugreifen droht.

Als nächsten Eskalationspunkt enthält das Machwerk die Meldung von einem Anschlag auf den südossetischen Präsidenten, Eduard Kokoity, für den georgische Oppositionspolitiker, nämlich die bereits erwähnte Nino Burdschanadse wie auch Surab Nogaideli, von der südossetischen Hauptstadt Tschinwali aus den georgischen Präsidenten Saakaschwili verantwortlich machen. Nun rollen die russischen Panzer wieder. Dem in der Nachrichtensendung Kronica gesendeten Fake zufolge bewegen sich die russischen Panzertruppen auf die georgische Hauptstadt Tbilissi zu, woraufhin US-Präsident Barack Obama Rußland lediglich auffordert, "seine Militäroperationen einzustellen". Russische Flugzeuge bombardieren Häfen und Flughäfen, der georgische Präsident Saakaschwili ist evakuiert, vermutlich jedoch erschossen worden. Seine Widersacherin Burdschanadse hat die Streitkräfte zur Meuterei aufgerufen.

Soviel zur Filmgeschichte. In Georgien löste die vermeintliche Nachrichtensendung, wie offensichtlich von dem Saakaschwili nahestehenden Sender beabsichtigt, eine Panik aus. Nach Angaben von Rettungsdiensten erlitten zahlreiche Menschen Herzinfarkte und Ohnmachtsanfälle. In der Stadt Gori, die vom Krieg im Jahre 2008 am stärksten betroffen war, rannten viele Menschen in Panik aus ihren Häusern. Es bildeten sich lange Schlangen vor den Tankstellen, Hamsterkäufe wurden getätigt. Doch auch in vielen anderen Städten wie auch der Hauptstadt fielen viele Menschen auf das mediale Täuschungswerk herein. Vorübergehend brachen Handy-Netze zusammen. Unmittelbar nach der vermeintlichen "Livereportage" versammelten sich rund fünfhundert Menschen vor dem Gebäude des Senders, um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen.

Ein Präsidentensprecher erklärte zunächst, der Beitrag hätte besser als Simulation gekennzeichnet werden müssen. Ein weiterer Oppositionspolitiker, Lewan Gatschetschiwadse, erkannte in diesem medialen Schachzug einen "geheimen Krieg gegen die Gesellschaft" und äußerte die Befürchtung, daß eine solche, im Film gezeigte Entwicklung im Interesse einiger Machthaber liegen könnte. Präsident Saakaschwili stellte am darauffolgenden Tag klar, daß die Vermutung, dieser Beitrag könne mit seinem Wissen und Wollen produziert und gesendet worden sein, keineswegs abwegig ist. Da Georgi Arweladsche, der Leiter des Senders, ein früheres Mitglied der Regierung sowie ein Freund Saakaschwilis ist, lag diese Schlußfolgerung ohnehin auf der Hand. Imedi ist einer von zwei Privatsendern, die beide von langjährigen Saakaschwili-Vertrauten betrieben werden und von denen es in dem vom US-Außenministerium am 11. März veröffentlichten Menschenrechtsbericht heißt, sie betrieben eine "regierungsfreundliche Redaktionspolitik".

Am Sonntag haben Arweladsche wie auch Präsident Saakaschwili selbst, so als hätte er, wie ihm vorgeworfen wird, die Politik des Senders zu bestimmen und zu verantworten, die gesendete Kriegshetze gerechtfertigt. Die vermeintliche Nachrichtensendung wurde von Saakaschwili als "äußerst wirklichkeitsnah" bezeichnet und verteidigt. Sie habe gezeigt, so der Präsident, "was wirklich passieren könnte oder was Georgiens Feinde planen". Die darin angegriffenen Oppositionspolitiker nahm Saakaschwili erneut aufs Korn. "Wer die Hand geschüttelt hat, an der georgisches Blut klebt, kann keinerlei Würde haben", bekundete er gemünzt auf die ehemalige Parlamentspräsidentin Burdschanadse und den Regierungschef von 2005 bis 2007, Nogaideli, die beide mit dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin gesprochen haben.

In Georgien droht der Rückhalt Saakaschwilis in der Bevölkerung nicht erst seit seinen jüngsten Eskapaden zu bröckeln. Immer breitere Kreise scheinen eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen zu Rußland zu bevorzugen, was jedoch nie und nimmer in der Amtszeit des derzeitigen, aus den rosenrevolutionären Umtrieben der Jahre 2003/2004 hervorgegangenen Präsidenten Saakaschwili zu realisieren sein dürfte. Auch aus dessen Sicht und mehr noch aus dem Blickwinkel jener ausländischen Kräfte, die den angeblich zivilgesellschaftlichen Umsturz initiiert und finanziell unterstützt haben, steht jedoch sehr viel auf dem Spiel, müssen sie doch nach der überaus kläglichen Wahlniederlage ihres ukrainischen Kampfgefährten Viktor Juschtschenko, der durch die "Orangene Revolution" Ende 2004 an die Macht, mit nur noch 5,45 Prozent der Stimmen bei den Wahlen im Februar jedoch nicht einmal mehr in die Stichwahl gekommen war, fürchten, daß auch ihre bunte Revolution später oder früher in sich zusammenfallen könnte.

17. März 2010