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AFRIKA/1828: Jatropha und kein Ende ... (SB)


Fluch und Segen von Jatropha sollten nicht verwechselt werden


Über die vermeintliche Wunderpflanze Jatropha curcas (Purgiernuß) wird inzwischen eine ideologisch anmutende Debatte geführt. Regelmäßig vernimmt der Autor dieser Zeilen Erklärungen wie, daß den Entwicklungsländern nicht die Chance abgesprochen werden sollte, durch den Jatropha-Anbau unabhängiger von Erdölimporten zu werden und ihre wirtschaftliche Entwicklung zu fördern. Bei diesem Argument werden zwei Dinge miteinander vermischt, der kommunale Jatropha-Anbau und der großmaßstäbliche Plantagenanbau von Jatropha als "cash crop", der Geld in die Kasse der Regierung oder der ohnehin wohlhabenden Oberschicht spülen soll.

Die "Jatropha-Apologeten" begründen nun unzulässigerweise den äußerst kritisch zu betrachtenden Monokulturanbau mit Jatropha für die Exportwirtschaft mit den unstrittigen Vorteilen dieser Pflanze, wenn sie im Rahmen von selbstverwalteten Dorfgemeinschaften abgeerntet wird.

Die Samen bzw. Nüsse der Jatropha-Pflanze enthalten 30 Prozent Öl, das mit einer einfachen mechanischen Presse herausgequetscht werden kann. Mit dem Öl können Herde, Lampen und Generatoren betrieben werden. Auch läßt sich aus ihm Seife herstellen, und der Presskuchen wird als Dünger oder, nach entsprechender Bearbeitung, um die ungenießbaren Inhaltsstoffe herauszulösen, als Viehfutter verwendet. Dorfgemeinschaften können sich mit dem Jatropha-Verkauf ein Zubrot verdienen.

Problematisch wird es jedoch, wenn sich Investoren unter Schützenhilfe der Regierungen oder einzelner Beamter riesige Ländereien unter den Nagel reißen, diese roden, um auf ihnen anschließend Jatropha anbauen zu lassen. Ghana und Tansania sind zwei Beispiele dafür, daß es dabei entweder zu massiven Vertreibungen kommt oder die örtliche Bevölkerung davon abgehalten wird, das vermeintliche Brachland, das dem Investor überlassen wurde, zum Weiden ihrer Tiere oder Sammeln von Feuerholz, Nüssen und ähnlichem zu nutzen. Vergleichbares wird aus Indien berichtet.

Ein weiteres Argument der Jatropha-Anhänger: Nicht die Pflanze an sich ist das Problem, sondern nur das Wirtschaftssystem, das den destruktiven Umgang mit Jatropha fördert. Deshalb sollte man die Pflanze nicht verteufeln, damit hintertreibe man nur die nachhaltige Nutzung von Biomasse in Entwicklungsländern.

Dazu ist zu sagen: War es nicht eben diese kritische Beurteilung des "Jatropha-Goldrauschs" und des Booms bei anderen sogenannten Energiepflanzen, die den Zug, den die USA und die Europäische Union vor wenigen Jahren auf Fahrt gebracht haben, indem sie Zielvorgaben für den Biospritanteil verkündeten, ein klein wenig ausgebremst hat? Ist nicht die Europäische Union zurückgerudert, und sprechen sich nicht plötzlich Politiker, von denen man es nicht für möglich gehalten hat, dafür aus, daß Energiepflanzen auf keinen Fall in Konkurrenz zu Nahrungspflanzen angebaut werden dürfen und daß die Produktion nur unter Einhaltung sozialer Standards erfolgen soll?

Roß und Reiter müssen beim Namen genannt werden. Wer das zu verhindern trachtet, setzt sich dem Verdacht aus, am keineswegs gestoppten Raubzug kapitalstarker Investoren in Südamerika, Afrika und Asien in welcher Form auch immer partizipieren zu wollen.

14. Mai 2009