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AFRIKA/1885: Somalische Islamisten wollen Krieg außer Landes tragen (SB)


Al-Shabab kündigt Angriffe auf Uganda und Burundi an


Der Bürgerkrieg am Horn von Afrika ist im Begriff, sich auf die Nachbarländer auszuweiten. Die islamistische Jugendorganisation al-Shabab hat als Reaktion auf den kürzlichen Mörserangriff, der angeblich von Friedenssoldaten der Amisom (African Mission on Somalia), die zu jeweils 2500 Mann von Uganda und Burundi gestellt wird, angekündigt, den Kampf in die Hauptstädte beider Länder tragen zu wollen. Diese Reaktion lag nahe, da es aus der Sicht der al-Shabab keine Rolle spielt, welche Motive ausländische Truppen innerhalb Somalias vorschützen - beispielsweise Friedenssicherung -, sie haben dort nichts zu suchen. Das gilt um so mehr, wenn sie dann auch noch offensiv vorgehen.

Berichten zufolge ist Amisom für einen Granatenangriff am Donnerstag, den 22. Oktober, auf einen Markt in Mogadischu verantwortlich. Dabei waren mindestens 30 Personen ums Leben gekommen. Noch am Abend erklärte der hochrangige al-Shabab-Kommandant Sheikh Ali Mohamed Hussein laut Al Jazeera: "Wir werden ihre Leute zum Weinen bringen. Wir werden Bujumbura und Kampala angreifen ... wir werden unsere Kämpfe in diese beiden Städte tragen, und wir werden sie zerstören." [1]

Angeblich haben die burundischen und ugandischen Soldaten mindestens 35 Raketen auf den Bakara-Markt in Mogadischu gefeuert, nachdem von dort aus al-Shabab-Kämpfer mit Mörsern auf das Flugzeug des Interimspräsidenten Sharif Sheikh Ahmed gefeuert hatten, als dieser zu einem Treffen nach Uganda aufbrechen wollte. Dabei waren mindestens 15 Personen ums Leben gekommen, sehr viele mehr wurden verletzt. [2]

Amisom-Sprecher Major Barigye Ba-hoku leugnete gegenüber Reuters die Verantwortung für die Raketenangriffe und behauptete, daß die toten Zivilisten auf das Konto der Rebellen gingen. Diese versuchten, Amisom in ihren Krieg hineinzuziehen. Sie hätten erst uns, dann Bakara beschossen und den Leuten gesagt, daß Amisom die Zivilisten getötet hat, erklärte er. [1] Einwohner Mogadischus wollen allerdings gehört haben, daß der schwere Beschuß von den Stützpunkten der Amisom ausgegangen war. [3]

Die 5000 Amisom-Truppen bewachen im wesentlichen nur den internationalen Flughafen, den Seehafen und den Präsidentenpalast - einen Frieden im ganzen Land oder auch nur eine Waffenruhe in der Hauptstadt können sie nicht erzwingen. Die relative Zurückgezogenheit der Amisom-Truppen, die ihre Stellungen hauptsächlich zu Patrouillenfahrten verlassen, hat sie nicht davor bewahrt, als Feinde ins Visier genommen zu werden. Abgesehen von häufig am Straßenrand platzierten Bomben und dem Beschuß durch Artillerie wurde das Amisom-Hauptquartier im vergangenen Monat von zwei Selbstmordattentätern in einem Auto angriffen. Dabei kamen 17 AU-Friedenssoldaten ums Leben, unter ihnen der aus Burundi stammende stellvertretende Kommandant.

Es dürfte den somalischen Islamisten nicht leicht fallen, einen größeren Krieg in Uganda und Burundi zu entfachen, da sie dort nicht über die geeignete Logistik verfügen. Im Gegensatz zu Somalia handelt es sich nicht um "ihr" Gebiet. Das schließt jedoch keineswegs aus, daß die Aufständischen Sprengstoffanschläge verüben und damit eine Atmosphäre der Spannung erzeugen - zusätzlich zu den vorhandenen inneren Spannungen beider Länder.

In Somalia bekämpfen sich zwei islamistische Rebellenorganisationen, und beide zusammen kämpfen gegen die Übergangsregierung, die 2006 gemeinsam mit den Rebellen die Macht der damaligen Übergangsregierung, die sich im kenianischen Exil gebildet hatte und teils ehemalige Warlords, teils im Westen ausgebildete Exilanten in ihren Reihen hatte, gebrochen hat.

Heute herrscht in Somalia eine Gemengelage vor, in der sich noch immer die unterschiedlichen Interessen der in Klanen strukturierten Gesellschaft widerspiegelt, aber auch der Einflußversuch der USA, Großbritanniens und anderer westlicher Staaten sowie die Machenschaften Äthiopiens und Eritreas, die ihrerseits Erzfeinde sind und in Somalia eine Art Stellvertreterkrieg führen. Zu all dem kommt anscheinend noch hinzu, daß hier Organisationen wie al-Qaida oder ihre nahestehende islamistische, nicht-somalische Gruppen Fuß zu fassen versuchen.

Äthiopien, das von Ende 2006 bis Anfang 2009 Soldaten nach Somalia geschickt hatte, war es nicht gelungen, das Land militärisch zu unterwerfen. Diese vom Westen unterstützte Intervention hat die Bemühungen um Frieden nachhaltig beschädigt.


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Anmerkungen:

[1] "Somalia: Al Shabab threatens Uganda and Burundi", Al Jazeera, 23. Oktober 2009
http://www.geopoliticalmonitor.com/somalia-al-shabab-threatens- uganda-and-burundi-1/

[2] "Somalia: Scores Killed as Somali President Leaves for Kampala", The Nation (Nairobi), 22. Oktober 2009
http://allafrica.com/stories/200910221019.html

[3] "Somalia: Amisom Spokesman Denies Shelling Targeted to Bakara Market in Mogadishu", Shabelle Media Network (Mogadishu), 22. Oktober 2009
http://allafrica.com/stories/200910221016.html

25. Oktober 2009