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AFRIKA/1916: Wohlstands-Giftmüll in Abidjan - Schaden ohne Ende (SB)


Giftmüll in Abidjan noch immer nicht beseitigt

Opfer werden um Entschädigungssumme betrogen


Die Opfer der illegalen Giftmüllentsorgung im August 2006 in der ivoirischen Hafenmetropole Abidjan werden möglicherweise jetzt auch noch um die ausgehandelte Entschädigung betrogen.

Damals hatte die Besatzung des von dem Handelsunternehmen Trafigura angeheuerten Schiffs "Probo Koala" an zahlreichen Stellen im Wasser und an Land des Hafens giftige Schlämme aus der Erdölförderung abgeladen. Es entstanden toxische Dämpfe, durch die 15 Menschen starben und 69 schwer erkrankten. Über 100.000 Einwohner ließen sich wegen Übelkeit, Erbrechen, Augen- und Hautreizungen medizinisch behandeln. Bis heute sind die Umweltschäden nicht behoben. [1]

Wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International vergangene Woche berichtete [2], besteht die große Gefahr, daß eine zwischen Trafigura und nahezu 30.000 Einwohnern vereinbarte und vom High Court in England und Wales im September 2009 abgesegnete, außergerichtliche Vereinbarung zur Zahlung einer Entschädigungssumme in Höhe von 45 Mio. Dollar an eine Organisation geht, die fälschlicherweise behauptet, sie vertrete sämtliche Giftmüllopfer.

Im Herbst vergangenen Jahres war es der Gruppe Nationale Koordination der Giftmüllopfer der Elfenbeinküste (CNVDT-CI) gelungen, sich mit der Behauptung, es vertrete einige der 30.000 Opfer, entscheidend in die Vorgänge einzumischen. Tatsächlich werden jedoch die Kläger ausschließlich durch die britische Anwaltskanzlei Leigh Day & Co vertreten.

CNVDT-CI hatte am 22. Oktober 2009 gerichtlich erwirkt, das die gesamte Entschädigungssumme eingefroren wird. Am 7. November 2009 entschied ein Gericht in Abidjan, daß das Geld nicht auf das Konto dieser zwielichtigen Gruppe überwiesen wird. Auch dagegen hatte CNVDT-CI geklagt. [3] Am 22. Januar 2010 ordnete ein Appellationsgericht der Elfenbeinküste die Freigabe der bislang eingefrorenen Gelder an die zwielichtige Gruppe an.

Amnesty erklärte, daß der Leiter von CNVDT-CI lediglich die Anwohner des Vridi-Kanals vertritt und daß die britische Anwaltskanzlei mit insgesamt 23 solcher örtlichen Vertreter zusammengearbeitet hat. [4] Die Menschenrechtsorganisation fordert einen sofortigen Stopp der gerichtlich sanktionierten Freigabe der Gelder, damit die Opfer eine Chance erhalten, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

Die Schlämme aus der Erdölförderung, die in einem Dritte-Welt-Land abgeladen wurden, symbolisieren treffend das Raubverhältnis der Staaten untereinander in der gegenwärtigen Weltordnung. Es handelt sich um den giftigen Abfall einer erdölgestützten Industrie, von deren Errungenschaften die meisten Einwohner Abidjans wie der Elfenbeinküste allgemein keinen Nutzen haben.


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Anmerkungen:

[1] Näheres unter:
AFRIKA/1877: Gutachten zur Giftmüll-Verklappung in Abidjan (SB)

[2] "Côte d'Ivoire: Travesty of Justice for Toxic Waste Victims", Presseerklärung von Amnesty International, 22. Januar 2010
http://allafrica.com/stories/201001220855.html

[3] "Probo Koala saga continues",Quelle: Maritime Global Net, 13. November 2009
http://www.maritime-connector.com/NewsDetails/5604/lang/English/Probo-Koala-saga-continues.wshtml

[4] http://www.amnesty.org/en/library/asset/AFR31/003/2009/en/befb8cfb-3c05-458b-9a41-c67712cf7652/afr310032009en.pdf

25. Januar 2010