Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

AFRIKA/2024: REDD-Projekt Kasigau - Klimaschutz durch Aufforstung in Kenia anerkannt (SB)


US-Organisation Wildlife Works hat in Kenia eines der ersten REDD-Projekte initiiert


Eine neue Ära des Waldsschutzes erhoffen sich Regierung und Klimaschützer in Kenia von der REDD-Initiative. Mit dem Kasigau-Korridorprojekt in Rukinga hat die von den Vereinten Nationen unterstützte Initiative REDD (Reduced Emissions from Deforestation and Degradation) in der vergangenen Woche erstmals 145 Millionen offiziell bestätigte Klimaschutzzertifikate für einen Zeitraum von zunächst sechs Jahren ausgegeben. [1]

REDD und die erweiterte Fassung REDD+ (Waldbewahrung, nachhaltiges Management, Kohlenstoffanreicherung) umfaßt viele Varianten. Die ihnen gemeinsame Grundidee, mit dem Schutz von Wäldern einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, beruht auf der Annahme, daß Bäume durch ihr Wachstum der Atmosphäre das Treibhausgas Kohlendioxid entziehen und es in ihrer Struktur binden.

Die in den USA ansässige Nichtregierungsorganisation Wildlife Works hat nun im Südosten Kenias gut 202.000 Hektar semiarides, tropisches Waldgebiet ausgesucht, das aufgeforstet werden soll. Dadurch sollen über einen Gesamtzeitraum von 30 Jahren mehr als sechs Millionen Tonnen Kohlendioxidemissionen gebunden werden. Laut dem Zertifizierer Voluntary Carbon Standard (VCS) ist dies das "erste" Projekt, dem nach dem REDD-Plan VCU (voluntary carbon units), also freiwillige Kohlenstoffeinheiten, zugeteilt wurden. Diese Behauptung trifft nicht zu, korrigierte die Website forestcarbonportal.com. [2], derzufolge es wenige ältere Projekte gibt. Eine frühzeitige Unterstützung in Höhe von mehreren Millionen Dollar erfuhr das Projekt durch die südafrikanische Nedbank Group, die Afrikas erste klimaneutrale Bank werden möchte.

Die VCU-Zertifikate werden nicht von dem durch das Klimaschutzprotokoll von Kyoto geschaffenen CDM (Clean Development Mechanism) abgedeckt, sondern vom Voluntary Market, der auf den freiwilligen Erwerb von Klimaschutzzertifikaten setzt. Wer an diesem Vermarktungssystem teilnimmt, kann darauf hoffen, daß REDD eines Tages von der internationalen Staatengemeinschaft ebenso gefördert wird wie CDM; das Klimaabkommen von Cancun hat die dazu erforderlichen Weichen bereits gestellt. Um die entsprechende Anerkennung zu gewinnen, erfüllen die Teilnehmer dieses Markts Auflagen, durch die unter anderem sichergestellt werden soll, daß die Aufforstung tatsächlich zu einer CO2-Minderung führt. So hat eine dritte Partei, in diesem Fall das norwegische Risikomanagement-Unternehmen DNV, das kenianische Projekt begutachtet und bestätigt.

Aufforstungsprogamme, wie sie von Anhängern der REDD-Idee propagiert werden, weisen zahllose Fallstricke auf, im Detail wie auch grundsätzlicher Art. Die Nutzung von Wald, der bislang keiner oder einer von privaten Formen abweichenden Eigentumsordnung unterworfen war - beispielsweise in Form eines Gemeinguts -, wird durch REDD-Programme "verrechtlicht", was zur Folge haben könnte, daß angestammte Waldbewohner, die nie einen Eigentumsnachweis für das von ihnen genutzte Gebiet gebraucht haben, womöglich verdrängt oder vertrieben werden.

Als weiterer Einwand wäre zu bedenken, daß Bäume Kohlendioxid binden, wenn sie wachsen. Doch wenn sie zerfallen, werden sie zu Kohlendioxidquellen. Somit besteht die Gefahr, daß ausgerechnet REDD-Projekte in fünfzig bis hundert Jahren zum Fluch geraten. Zwar wissen das die Beteiligten, und es gibt auch Konzepte, eine solche Entwicklung zu kompensieren, aber der Grundkonflikt, daß Wälder eben nicht auf ewig Kohlendioxid speichern, bleibt bestehen.

Damit soll nicht den Betreibern des kenianischen REDD-Projekts mißgönnt werden, daß sie durch die Aufforstung Einnahmen erwirtschaften und eine zuvor übernutzte Landschaft renaturieren können, was der örtlichen Bevölkerung zugute kommt. [3] Bei der Beurteilung von REDD als globaler Klimaschutzmechanismus sollten allerdings auch Probleme von globaler Bedeutung angesprochen werden. Prinzipiell ist zu bedenken, daß damit einer wachstumsbasierten Wirtschaftsweise zu der Möglichkeit verholfen wird, sich von Klimaschutzmaßnahmen freizukaufen. REDD stellt bestenfalls ein Korrektiv der bestehenden Verwertungsordnung dar, nicht jedoch einen Gegenentwurf.


*


Anmerkungen:

[1] "Kenyan project issues world's first REDD forest credits", BusinessGreen, 18. Februar 2011
http://www.businessgreen.com/bg/news/2027153/kenyan-project-issues -worlds-redd-forest-credits

[2] "Kenyan Carbon Project Earns First-Ever VCS REDD Credits", 8. Februar 2011
http://www.forestcarbonportal.com/content/kenyan-carbon-project-earns-first-ever-voluntary-redd-credits

[3] http://www.wildlifeworks.com/WWCarbon/WWCarbon/Welcome.html

18. Februar 2011