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ASIEN/575: Nordkorea erklärt seine Atomwaffen für unverhandelbar (SB)


Nordkorea erklärt seine Atomwaffen für unverhandelbar

Pjöngjang feiert den Abgang George W. Bushs mit Säbelrasseln


Nach acht Jahren Provokationen und Kriegsdrohungen seitens der USA kann man es den Nordkoreanern nicht verübeln, wenn sie das Ende der für sie sehr strapazierenden acht Jahre George W. Bushs im Weißen Haus feiern. Angesichts einer schweren Wirtschaftskrise und extrem teuerer Kriege in Afghanistan und im Irak, die seit mehr als sieben respektive fünf Jahren andauern und immer noch kein Ende zu nehmen scheinen, gilt Bush als der erfolgloseste Präsident in der Geschichte der USA. Mit einer Zustimmungsrate von derzeit gerade einmal 22 Prozent ist er auf jedem Fall der unpopulärste. Zu guter Letzt lassen es die Nordkoreaner nicht nehmen, Salz in die Wunden des gebeutelten und verspotteten Bush zu reiben. Das kommunistische Land, das der Republikaner aus Texas durch diplomatische und wirtschaftliche Sanktionen in die Knie zwingen wollte, hat am 13. Januar erklärt, es werde nicht auf seine Atomwaffen verzichten, solange nicht Washington seine feindselige Haltung gegenüber Pjöngjang aufgibt und die in Südkorea stationierten US-Nuklearwaffen abzieht.

Die verhärtete Position Pjöngjangs unterstreicht das vollständige Scheitern der selbstgerechten und konfrontativen Politik der Bush-Regierung, die mit ihren Dauerprovokationen die Nordkoreaner erst recht dazu veranlaßte, sich ein nukleares Verteidigungspotential zu beschaffen und 2006 einen ersten Atomtest durchzuführen. Wie ernst es die Regierung in Pjöngjang mit dem erklärten Festhalten an ihrem Atomwaffenarsenal meint, durfte Selig Harrison, Leiter des Asien-Programms beim Center for International Policy in Washington, bei seinem jüngsten Besuch in Nordkorea erleben. Über seine Gespräche mit der nordkoreanischen Führung berichtete Harrison, der seit 1972 Nordkorea insgesamt elfmal besuchte und vermutlich der beste amerikanische Kenner des von der Außenwelt weitestgehend abgeschotteten Landes ist, am 17. Januar auf einer Pressekonferenz auf dem internationalen Flughafen der chinesischen Hauptstadt Peking.

Zu den Führungsmitgliedern, mit denen Harrison während seines fünftägigen Aufenthaltes in Nordkorea sprach, gehörten Außenminister Pak Ui-son, Li Gun, Pjöngjangs Vertreter bei den Sechsparteiengesprächen mit China, Japan, Rußland, Südkorea und den USA, Kim Yong-tae, Präsident der Obersten Volksversammlung, und Ri Chan-bok, Sprecher der nationalen Verteidigungskommission. Laut Harrison haben "alle", mit denen er sprach, behauptet, daß Nordkorea jene 30,8 Kilogramm Plutonium, deren Besitz Pjöngjang in der letztjährigen formellen Erklärung zur Geschichte und zum Ausmaß seines Atomprogramms angegeben hat, "bereits waffenfähig gemacht" habe und daß "die Waffen nicht inspiziert werden" dürften. Auf die Frage, was man unter "waffenfähig" zu verstehen habe, hätte er die Antwort "Das bedeutet Sprengköpfe", erhalten, so Harrison. Nach dessen Berechnungen befindet sich Nordkorea damit eventuell im Besitz von vier bis fünf Atomsprengköpfen. Ob das Land darüber hinaus in der Lage ist, ihre ballistischen Raketen mit solchen Sprengköpfen zu bestücken, ist eine andere Frage.

Nach Ansicht Harrisons lautet Nordkoreas neue Position wie folgt: "Wir sind jetzt eine Atommacht. Verhandelt nun mit uns auf dieser Basis." Interessanterweise gab der Autor des 2002 erschienenen Buchs "Korean Endgame: A Strategy for Reunification and U.S. Disengagement", zu deutsch "Endspiel Korea: Eine Strategie zur Wiedervereinigung und zum Abzug der USA" bekannt, daß Pjöngjang weiterhin darauf poche, daß im Gegenzug für die Stillegung und Demontage des nordkoreanischen Forschungsreaktors Yongbyon die beiden Leichtwasserreaktoren, mit deren Bau seitens eines westlichen Konsortiums bereits während der neunziger Jahre begonnen aber nicht zu Ende geführt wurde, endlich fertiggestellt werden. Derzeit stocken die Sechsergespräche wegen eines Streits zwischen Pjöngjang und Tokio über die versprochenen Rohöllieferungen Japans.

Laut Harrison, der sich hier auf sein Gespräch mit Li bezog, wollen die Nordkoreaner erst auf ihre Atomwaffen verzichten, wenn für sie keine Bedrohung durch das US-Nukleararsenal mehr besteht. Auch wenn diese Position die künftigen Verhandlungen erschwert, so gibt es dennoch Anlaß zur Hoffnung. Harrison zitierte Außenminister Pak wie folgt: "Wenn die Obama-Administration die ersten Schritte richtig nimmt und eine politische Entscheidung trifft, die Position gegenüber der Demokratischen Volksrepublik Korea zu ändern, dann könnten die Demokratische Volksrepublik Korea und die Vereinigten Staaten enge Freunde werden." Man darf gespannt sein, wie die neue Obama-Regierung auf die selbstbewußte Haltung der Nordkoreaner reagieren wird. Sinnvoll wäre es, auf die vorsichtigen Annäherungsansätze der Zeit vor George W. Bush zurückzugreifen. Keine Person wäre besser geeignet, den damaligen Versöhnungskurs Bill Clintons fortzusetzen und für eine endgültige Beilegung des seit 1953 lediglich in Waffenruhe befindlichen Koreakriegs zu sorgen als die ehemalige First Lady, Noch-Senatorin und künftige US-Außenministerin Hillary Clinton.

19. Januar 2009