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ASIEN/672: Imran Khan klagt gegen Drohnenangriffe in Pakistan (SB)


Imran Khan klagt gegen Drohnenangriffe in Pakistan

Ex-Cricket-Star kämpft um das Recht der Pakistaner auf Leben


Seit Jahren sorgen bei der pakistanischen Bevölkerung die Drohnenangriffe der USA auf mutmaßliche Verstecke der Taliban oder Al Kaida im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan für Empörung - und dies um so mehr, seit unter Präsident Barack Obama die Zahl solcher Raketenschläge drastisch zugenommen hat. Für die breite Ablehnung, auf die in Pakistan diese Maßnahme der Amerikaner im Antiterrorkrieg stößt, gibt es mehrere Gründe. Bei den Angriffen kommen viele unschuldige Zivilisten ums Leben. Viele Pakistaner vermuten, daß ihre eigene Regierung trotz ihrer wiederholten Proteste dagegen die Angriffe billigt. Es gibt sogar deutliche Hinweise, daß die Predator- und Reaper-Drohnen zum Teil auf mehreren Stützpunkten der pakistanischen Streitkräfte von Mitgliedern der US-Streitkräfte oder Mitarbeitern der amerikanischen Söldnerfirma Xe Services, die früher Blackwater hieß, heimlich mit Bomben und Hellfire-Raketen bestückt werden. Wegen des Versagens Islamabads, die Angriffe zu unterbinden, hat nun der pakistanische Oppositionspolitiker Imran Khan Klage beim Obersten Gerichtshof Pakistans eingereicht.

Wie Mumtaz Alvi am 1. Juli in der pakistanischen Zeitung The News International (Jang) unter der Überschrift "Imran moves SC against drone attacks" berichtete, richtet sich die Klage des Anführers der von ihm 1996 gegründeten Bewegung für Gerechtigkeit (Tehrik-e-Insaf), gegen die Ämter des Präsidenten und des Premierministers der Bundesregierung, die Ämter der Verwaltungschefs der vier grenznahen Provinzen sowie die Ministerien für Äußeres, Inneres und Verteidigung in Islamabad. Zur Begründung der Entscheidung, die Klage einzureichen, wie auch unter Anspielung auf die Demokratiekampagne der pakistanischen Juristen, die 2009 mit den Rücktritt des damaligen Präsidenten General Pervez Musharraf ihren bisherigen Höhepunkt fand, erklärte Khan auf der anschließenden Pressekonferenz: "Es ist die Aufgabe des Obersten Gerichtshofs, die Grundrechte der Bürger Pakistans zu schützen, und ich glaube, daß ein Urteil des höchsten Gerichts gegen die Drohnenangriffe dessen Popularität weiter erhöhen wird."

Vor der Presse gab das ehemalige Cricket-Idol, das 1992 als Kapitän die pakistanische Nationalmannschaft zu ihrem bisher einzigen Sieg bei der Weltmeisterschaft führte, die Ansicht vieler angesehenen internationalen Rechtsgelehrten wieder, wonach die US-Drohenangriffe auf Ziele in der Nordwestfrontierprovinz (NWFP) und den Federally Administered Tribal Areas (FATA) Pakistans gegen die Charta der Vereinten Nationen, das Völkerrecht und die Genfer Konventionen verstießen. Er führte Zahlen an, wonach bei den bisherigen 107 Drohnenangriffen 1153 Personen getötet worden wären. Laut Khan waren lediglich zehn Prozent der Getöteten mutmaßliche Militante, die im Dienste der Taliban oder Al Kaida standen. Er erinnerte auch an die Hunderten von Todesopfern, die bei den Vergeltungsanschlägen militanter Gruppierungen wie der pakistanischen Taliban ums Leben gekommen sind. Für Khan sind alle Getöteten, ob nun Militante, Mitglieder von Armee und Polizei oder einfache Zivilisten, alle Opfer einer illegalen Vorgehensweise des US-Militärs in Pakistan, die von der pakistanischen Regierung um Präsident Ali Asif Zardari und Premierminister Yusuf Raza Gilani sowie der größten Oppositionspartei, der Moslemliga um Ex- Premierminister Nawaz Sharif, mitgetragen wird. "Die Amerikaner wissen sehr wohl, daß es sich bei der Verurteilung der pakistanischen Regierung bezüglich der Angriffe lediglich um Rhetorik handelt", erklärte er.

Khan machte darauf aufmerksam, daß auch in den USA die Drohnenangriffe nicht unumstritten sind und daß sich dort einige Politiker, Medienkommentatoren, Anwälte und Vertreter von Menschenrechtsorganisationen gegen die Praxis ausgesprochen hätten. Sollte der Oberste Gerichtshof Pakistans seiner Klage stattgeben und ein Urteil gegen die US-Drohnenangriffe fällen, hätte das "internationale Auswirkungen", so Khan. Damit hat er auf jeden Fall Recht, weswegen vermutlich die Richter des höchsten Gerichts Pakistans jetzt unter enormen Druck geraten werden, die Klage Imran Khans aus irgendwelchen formellen Gründen gar nicht erst zuzulassen.

3. Juli 2010