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ASIEN/783: Nordkorea setzt erfolgreich Satellit im All aus (SB)


Nordkorea setzt erfolgreich Satellit im All aus

Versteckter Test einer Interkontinentalrakete bringt die USA in Rage



Nach den mißlungenen Starts von zwei Taepodong-2-Raketen in den Jahren 2006 und 2009 sowie einer Unha-3-Rakete am 13. April hat Nordkorea am 12. Dezember erstmals erfolgreich einen Satelliten ins All befördert. Es handelte sich um einen Wettersatelliten vom Typ Kwangmyongsong-3, welche von einer mehrstufigen Unha-3-Rakete in eine polare Erdumlaufbahn gebracht wurde. Während man im armen Nordkorea nicht zu Unrecht die vollbrachte technologische Leistung feiert, reagieren die USA, Japan und Südkorea erbost auf den Raketenstart. Sie werfen der kommunistischen Regierung in Pjöngjang vor, die bindende Resolution 1874 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen von 2009 mißachtet und damit Frieden und Stabilität international gefährdet zu haben.

Der Streit um die Bedeutung des Ereignisses stellt die jüngste Episode des absurden Dauertheaters um irgendwelche nordkoreanische "Provokationen", das die Weltöffentlichkeit seit nunmehr 20 Jahren ertragen muß, dar. Der fundamentale Grund für die anhaltende Konfrontation zwischen Nordkorea und den USA ist die Weigerung Washingtons, den Waffenstillstand, der den Koreakrieg 1953 unterbrach, durch ein dauerhaftes Friedensabkommen zu ersetzen. Dafür müßten die Amerikaner jedoch die kommunistische Volksrepublik Korea endlich diplomatisch anerkennen, doch das ist etwas, das ihnen der alte Kalte-Kriegsreflex offenbar nicht erlaubt. Dazu kommen übergeordnete geostrategische Überlegungen seitens der USA. Käme es zur Entspannung und Demobilisierung entlang des 38. Breitengrades - und eventuell zu einer Wiedervereinigung zwischen den beiden Koreas - hätte das Pentagon keine Begründung mehr für eine US-Militärpräsenz auf dem ostasiatischen Festland in der Nähe der chinesischen Hauptstadt Peking - von der Sicherheitsgarantie für Japan und Taiwan ganz zu schweigen.

Die USA drohten 1994, damals unter dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton, Nordkorea wegen seines Kernenergieprogramms mit einem Atomangriff. Der Streit wurde in letzter Minute durch das amerikanisch-japanische Angebot des Baus zweier Leichtwasserreaktoren - ein Vorhaben, das über Jahre verschleppt und schließlich niemals verwirklicht wurde - beigelegt. Nachdem der republikanische US-Präsident George W. Bush im Januar 2002 Nordkorea zusammen mit dem Irak Saddam Husseins und dem Iran der Ajatollahs zu einer "Achse des Bösen" erklärte und im Oktober desselben Jahres Pjöngjang des illegalen Betriebs eines geheimen Uranreicherungsprogramms bezichtigte, trat Nordkorea wegen der offensichtlichen Bedrohung seiner nationalen Sicherheit aus dem Atomwaffensperrvertrag aus und verwies die Inspekteure der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) des Landes.

Danach kam es zu den sogenannten Sechsergesprächen unter Beteiligung von Vertretern aus Nord- und Südkorea, Rußland, der USA, China und Japan. Als sich die Vertreter Pjöngjangs bei Verhandlungen in Peking im September 2005 endlich zu einer "Entnuklearisierung" der koreanischen Halbinsel bereit erklärten, haben neokonservative Kräfte im US-Finanzministerium den diplomatischen Durchbruch durch die Verhängung schwerer Sanktionen gegen die Banco Delta Asia im chinesischen Makau, worüber Nordkorea einen Großteil seines Außenhandels abwickelte, vorsätzlich torpediert. Später stellte sich bei einer Untersuchung durch das renommierte Wirtschaftsprüfunternehmen Ernst & Young die gegen die Bank erhobenen Vorwürfe der Geldwäsche und der Einspeisung aus Nordkorea stammender gefälschter Dollarnoten in den internationalen Geldverkehr als Gegenstandslos heraus. Nicht umsonst hat Asia Times Online Stuart Levey, jenen Staatssekretär im US-Finanzministerium, der die Aktion gegen die Banco Delta Asia initiiert hatte, spöttisch zum "Vater der nordkoreanischen Atombombe" gekürt, die Pjöngjang erstmals 2006 und ein weiteres Mal 2009, aufgrund der fortgesetzten feindlichen Haltung Washingtons, testete. Die Eingangs erwähnte Resolution 1874, gegen die Nordkorea nun mit dem jüngsten Flug der Unha-3-Rakete und der Aussetzung eines Satelliten verstoßen haben soll, wurde vor drei Jahren vom UN-Sicherheitsrat auf Drängen der USA als Reaktion auf die erste Zündung einer nordkoreanischen Atombombe verabschiedet.

Während die internationale Presse nun pflichtgemäß der Verurteilung des nordkoreanischen Vorstoßes in den erdnahen Weltraum durch westliche Politprominenz breiten Platz in der Berichterstattung einräumt, erschien der Atomtest, den das US-Energieministerium am 6. Dezember in der Wüste des Bundesstaates Nevada durchführte, in den meisten Medien nur als eine Randnotiz. Dabei handelte es sich hier bereits um den vierten "subkritischen" Atomtest der USA seit der Demokrat Barack Obama im Januar 2009 Präsident wurde.

Zur Erinnerung: Noch vor Ende desselben Jahres war Obama wegen seines Bekenntnisses zu einer Welt ohne Atomwaffen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Nicht nur aus Sicht der Nordkoreaner dürften Obamas Bemühungen auf dem Feld der nuklearen Abrüstung jedoch äußerst mangelhaft und absolut unehrlich erscheinen. Leider ist zu befürchten, daß vor allem rechtsgerichtete Kreise in Japan, wo am 16. Dezember Parlamentswahlen stattfinden, den Test der nordkoreanischen Unha-3, die als Interkontinentalrakete theoretisch auch einen Atomsprengkopf befördern könnte, dazu benutzen werden, um die Aufrüstung der japanischen "Selbstverteidigungskräfte" voranzutreiben. Über eine Auswirkung auf die Präsidentenwahl am 19. Dezember in Südkorea läßt sich nichts mit Bestimmtheit prognostizieren.

12. Dezember 2012