Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → REDAKTION


ASIEN/853: Peking läßt sich vom Team Trump nicht einschüchtern (SB)


Peking läßt sich vom Team Trump nicht einschüchtern

Volksarmee bringt ihre modernsten Interkontinentalraketen in Stellung


Die Übernahme des Amts des US-Präsidenten durch Donald Trump zeichnet sich durch eine rapide Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Volksrepublik China aus. Im Wahlkampf hatte Trump über Monate die neue Supermacht China zum Sündenbock für den Niedergang der verarbeitenden Industrien der USA gemacht, Peking der Währungsmanipulation zugunsten des Yuans und zuungunsten des Dollars bezichtigt und mit saftigen Tarifzöllen für chinesische Produkte gedroht. Auf den Sieg des Republikaners über seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton bei der Präsidentenwahl am 8. November folgte eine überaus schwere diplomatische Provokation, als am 2. Dezember der Baulöwe vom eigenen Trump Tower in New York aus ein von langer Hand geplantes Telefonat mit der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen führte. Seitdem macht Trump keinen Hehl daraus, daß er nicht gewillt ist, die Ein-China-Politik - Grundlage der Beziehungen zwischen Washington und Peking seit dem Besuch Richard Nixons bei Mao Zedong im Jahre 1972 - anzuerkennen, sondern Taiwan als Verhandlungsmasse im Ringen mit der Volksrepublik einzusetzen gedenkt.

Trumps Infragestellung der Ein-China-Politik, derzufolge die Volksrepublik und Taiwan völkerrechtlich zusammengehören, Hauptsache die eventuelle Wiedervereinigung erfolgt ausschließlich auf dem friedlichen Weg, zusammen mit dem gleichzeitig vielfach geäußerten Wunsch, die Spannungen zwischen den USA und Rußland abzubauen, läßt die strategische Vision der neuen republikanischen Administration in Washington erkennen. The Donald, der bekanntlich außenpolitischen Rat von Henry Kissinger bekommt, will in umgekehrter Richtung das machen, was Nixon, damals mit Kissinger als Nationaler Sicherheitsberater an seiner Seite, vollbrachte: China und Rußland auseinanderdividieren, indem man dem schwächeren der beiden Staaten den Hof macht und den Stärkeren in die Isolation drängt. Nicht umsonst ist bereits in der englischsprachigen Presse der Begriff "Reverse Nixon" als Bezeichnung für die neue China- und Rußland-Politik des Weißen Hauses im Umlauf.

Das Prinzip der Zugehörigkeit Taiwans zu China berührt jedoch für die kommunistische Führung in Peking die staatliche Souveränität. Die Ein-China-Politik in Frage zu stellen kommt daher für sie dem Überschreiten einer roten Linie gleich. In der Vergangenheit hat die Volksrepublik immer wieder bei entsprechenden Vorstößen der Sinophoben im US-Kongreß gewarnt, daß eine Aufwertung Taiwans bzw. die Anerkennung der von Taipeh beanspruchten Unabhängigkeit für die Insel durch die USA ein Kriegsgrund wäre. Diesen Standpunkt haben in den letzten Wochen ranghohe chinesische Politiker und Militärs wiederholt betont. In Washington scheint die Ermahnung nicht richtig anzukommen. Ansonsten kann man nicht erklären, wie zum Beispiel am 16. Januar im einem Gastkommentar für das Wall Street Journal George W. Bushs einstiger UN-Botschafter John Bolton der Trump-Regierung empfehlen konnte, nicht nur die Rüstungshilfe des Pentagons für die Streitkräfte Taiwans erheblich zu erhöhen, sondern auch US-Kampftruppen auf der Insel zu stationieren.

Daß Team Trump auf Streit mit China aus ist, zeigen diverse Äußerungen der letzten Wochen. Bei der Anhörung des Senats am 12. Januar zu seiner Nominierung als neuer US-Verteidigungsminister hat General a. D. James Mattis Rußland, "terroristische Gruppen" sowie "das, was China im Südchinesischen Meer tut" als die schwersten aktuellen Bedrohungen der "Weltordnung" bezeichnet. Am Tag davor bei der Senatsanhörung zur Nominierung Rex Tillersons zum neuen US-Außenminister gab sich der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Ölkonzerns Exxon "besorgt" über die Aktivitäten der Volksmarine im Südchinesischen Meer und erklärte: "Wir werden an China ein klares Signal senden müssen, erstens, daß der Inselausbau beendet wird und zweitens, daß wir denen den Zugang zu diesen Insel nicht gestatten werden." Dieselbe Drohung, die im Falle ihrer Umsetzung zwangsläufig einen Krieg zwischen den USA und China auslöste, hat nur drei Tage nach der Amtseinführung Trumps am 20. Januar dessen Pressesprecher Sean Spicer wiederholt.

Am Wochenende der Machtübergabe von Barack Obama an Donald Trump hat die Volksrepublik ihrerseits an die USA ebenfalls eine eindeutige Botschaft gesendet, und zwar durch die Stationierung einer mit mehreren Exemplaren der hochmodernen Interkontinentalrakete Dongfeng-41 ausgerüsteten Einheit der strategischen Streitkräfte in der nordöstlichsten chinesischen Provinz Heilongjiang. Durch den erstmaligen Einsatz der DF-41, die jeweils mit zehn bis zwölf nuklearen Mehrfach-Sprengköpfe bestückt ist, eine Reichweite von 15.000 Kilometer hat und somit von Heilongjiang aus jeden Ort auf dem amerikanischen Festland erreichen kann, hat die chinesische Führung um Präsident Xi Jinping der Trump-Mannschaft wissen lassen, daß mit ihr nicht zu spaßen ist.

Am 24. Januar warnte Hua Chunying, der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, die neue US-Regierung davor, "Frieden und Stabilität im Südchinesischen Meer zu gefährden". Jeder Versuch Washingtons, den Zugang der Volksmarine zu den chinesischen Insel und Atollen innerhalb der von Peking beanspruchten "Neun-Strich-Linie" zu verwehren, wie von Tillerson vorgeschlagen, oder dort à la Spicer "internationale Gewässer zu verteidigen", würde zu einem "großangelegten Krieg führen", so Hua. Am 31. Januar zitierte die World Socialist Web Site Konteradmiral Luo Yuan von der Militärakademie der Volksarmee in Peking dahingehend, daß die in den letzten Jahren von China ausgebauten Inseln im Südchinesischen Meer mit ihren Start- und Landebahnen "unsinkbare Flugzeugträger" darstellten. Auf ihnen hätten die chinesischen Streitkräfte "Raketen vom Typ DF-21D und DF-26" stationiert, mit denen man "große Schiffe zerstören" könne. Man kann nur hoffen, daß sich irgendwann das Säbelrasseln der neuen US-Regierung gegenüber China als Bluff entpuppt und daß sich Trump und Xi für einen Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen ihrer Länder anstelle eines potentiellen Atomkrieges entscheiden.

1. Februar 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang