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LATEINAMERIKA/2239: US-Regierung faßt das Regime in Honduras mit Samthandschuhen an (SB)


Clinton droht den Putschisten lediglich mit langfristigen Konsequenzen


Nach dem erneuten Scheitern der Vermittlungsbemühungen des Präsidenten von Costa Rica, Oscar Arias, im honduranischen Konflikt hat die Europäische Union den Druck auf die Putschisten in Tegucigalpa erhöht. Wie Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner in Brüssel bekanntgab, setze die EU-Kommission ihre Finanzhilfen in Höhe von 65,6 Millionen Euro für das mittelamerikanische Land vorübergehend aus, die für den Zeitraum 2007 bis 2010 eingeplant waren. Dieser Schritt sei notwendig geworden, da in der politischen Krise keine einvernehmliche Lösung während der Gespräche in Costa Rica gefunden wurde. Zugleich forderte Ferrero-Waldner beide Seiten auf, an einer Lösung der politischen Krise mitzuarbeiten, und bezeichnete es als ermutigend, daß der costaricanische Staatschef Oscar Arias weiter als Vermittler zwischen den Konfliktparteien tätig bleibe.

Hingegen beläßt es die US-Regierung nach wie vor dabei, der sogenannten Übergangsregierung in Honduras demonstrativ auf die Finger zu klopfen, aber von schärferen Sanktionen abzusehen. Amtlichen Angaben aus Washington zufolge hat Außenministerin Hillary Clinton dem illegitimen Interimspräsidenten Roberto Micheletti zu verstehen gegeben, daß ein Scheitern der Vermittlungsgespräche langfristige Auswirkungen auf die Beziehungen der beiden Länder haben könne. Der Sprecher des Außenamts, Philip Crowley, hob dabei hervor, daß Clinton dies in einem "harten" Tonfall klargemacht habe. [1]

Bislang haben die USA lediglich 16,5 Millionen Dollar an Militärhilfe für Honduras eingefroren, was kurzfristig keine nennenswerten Konsequenzen für das Putschregime hat. Hingegen unterläßt es die Regierung in Washington weiterhin, Zuwendungen für die honduranische Wirtschaft im Umfang von 180 Millionen Dollar zu streichen. Indem sie nur langfristige Auswirkungen für die beiderseitigen Beziehungen androht, signalisiert Clinton den Putschisten Rückendeckung bei der offensichtlichen Strategie, die Verhandlungen zu verzögern und die Rückkehr Zelayas so lange wie möglich zu verhindern. Je später der Präsident in sein Amt zurückkehrt, um so geringer sind seine Aussichten, in den wenigen verbleibenden Monaten etwas zu bewirken.

Im November finden in Honduras Präsidentschaftswahlen statt, bei denen Zelaya gemäß der Verfassung kein zweites Mal kandidieren darf. Längst ist davon die Rede, daß mit der Wahl eines Nachfolgers der Konflikt ohnehin gelöst sei. Soll das begonnene Werk damit nicht begraben werden, müßte Zelaya vor allem dafür Sorge tragen, den Reformprozeß von seiner Person zu entkoppeln und auf breitere Füße zu stellen. Er hat jedoch den jüngsten Vermittlungsvorschlag von Oscar Arias akzeptiert, der ihm lediglich eine Rückkehr mit deutlich eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten gewähren würde, eine Generalamnestie vorsieht und auf die Abstimmung über die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung verzichtet. Damit fällt Zelaya deutlich hinter die Positionen der Bewegung gegen die Putschisten in Honduras zurück und hebelt das noch nicht einmal geschmiedete Bündnis bereits auf dem Vorweg aus.

Die Machthaber in Tegucigalpa bleiben unterdessen ihrer brachialen Vorgehensweise treu, ohne Rücksicht auf internationale Schelte vollendete Tatsachen zu schaffen. Ihre Delegation in San José hat den Sieben-Punkte-Plan von Arias als Einmischung in die inneren Angelegenheiten ihres Landes abgelehnt, obgleich der Vorschlag ihren Interessen schon sehr weit entgegenkam. Seine Position sei unveränderbar, bekräftigte Micheletti in einer Rede vor Anhängern im Präsidentenpalast. Schon zuvor hatte er erklärt, er werde sich auch dem stärksten internationalen Druck nicht beugen. Eine Rückkehr Zelayas an die Macht komme nicht in Frage: "Wir machen alle Anstrengungen, um den Dialog zu einem positiven Ergebnis zu führen, aber die Rückkehr jener Person, die die Verfassung nicht nur einmal gebrochen hat, ist ausgeschlossen." Unterstützung erhält er vom obersten Gericht des Landes, das den Sturz Zelayas durch das Militär am 28. Juni als "verfassungsgemäß" eingestuft hat. [2]

Während die Verbündeten Zelayas unter der Führung des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez und des Staatschefs von Nicaragua, Daniel Ortega, darauf drängen, Zelaya die Rückkehr ins Präsidentenamt sofort zu ermöglichen, setzen andere Regierungen der Region dem Beispiel Washingtons folgend auf einen längeren Dialog, der darauf hinausläuft, den eingeleiteten Reformprozeß in Honduras zu Grabe zu tragen. Oscar Arias ist als von der US-Regierung eingesetzter Vermittler die Idealbesetzung für den Part, die dafür erforderlichen Verhandlungen zu inszenieren. Er warnte erneut vor einem Bürgerkrieg in Honduras und setzte den Streitparteien eine weitere Frist, ihre Positionen noch einmal zu überdenken.

Zelaya will den Gesprächen noch eine Chance geben, am Freitag jedoch in seine Heimat zurückkehren. Er rief seine Anhänger zu zivilem Ungehorsam auf, um ihm den Weg zur Rückkehr an die Macht zu ebnen. In Honduras blieb die Lage zunächst ruhig, da die Unterstützer Zelayas friedlich vor dem Kongreß in Tegucigalpa demonstrierten. Sie kündigten jedoch die erneute Errichtung von Straßensperren an und riefen zu Streiks an den letzten beiden Arbeitstagen der Woche auf. [3]

Manuel Zelaya hat mit seinen Sozialreformen und insbesondere dem Beitritt seines Landes zum Bolivarianischen Bündnis für die Völker Amerikas (ALBA) eine Kurskorrektur in Angriff genommen, die seine Gegner wieder rückgängig machen wollen. Dabei geht es nicht nur um die Interessen der nationalen Eliten und der Administration in Washington in Hinblick auf Honduras, das als militärischer Außenposten der USA in Mittelamerika fungiert. Man ist darüber hinaus bestrebt, dem Vormarsch des Bolivarianischen Bündnisses Einhalt zu gebieten, das in dieser Region bislang nur in Nicaragua Fuß gefaßt hat. Sollte es den Putschisten gelingen, den Reformprozeß in Honduras abzuwürgen, wäre dies der erste greifbare Erfolg der Hegemonialmacht USA seit Jahren, das Rad der Emanzipation von ihrer Dominanz in Lateinamerika zurückzudrehen.

Anmerkungen:

[1] http://www.tagesspiegel.de/politik/international/Honduras;art123,2853556

[2] ebenda

[3] http://www.focus.de/politik/weitere-meldungen/honduras- internationaler-druck-auf-regierung-steigt_aid_418659.html

22. Juli 2009